Straßen in Flammen (Blu-ray)

Eine Filmkritik von Martin Beck

Eine Rock’n Roll Fabel

1984 war Walter Hill endlich soweit, die toughe-Jungs-Schublade etwas weiter zu öffnen und seinem etablierten Männer-Kino ein paar verspielte Schnörkel zu verpassen. Nur 48 Stunden, Die Warriors, Long Riders, Die letzten Amerikaner – all diese Filme waren für Produzent Joel Silver wohl genug Absicherung, um dem zuständigen Regisseur einen von Rockmusik dominierten Neon-Western zu genehmigen. Straßen in Flammen wird gleich zu Beginn als „Rock’n Roll Fabel“ bezeichnet…und stürzte an den Kinokassen ganz fürchterlich ab.
Das damalige Publikum fand einfach keinen Zugang zu Hills Vorstellung eines Märchens, und auch heute noch bleibt der Film ein seltsam lebloses, wenngleich ziemlich lautes Kuriosum. Ob es wirklich eine gute Idee war, am Anfang erstmal mehrere Minuten Rockkonzert zu zeigen, bzw. eine typische Jim Steinman-Nummer, zu der dann bunte Lichter flackern und Diane Lane ihre Lippen bewegt? Straßen in Flammen erzeugt sofort eine künstliche Atmosphäre, die nach der letzten Note mit nächtlichen Neon-Sets bestätigt wird und dazu eine kuriose Mischung aus fünfziger-Jahre-Dramatik und comichaften Science-Fiction-Elementen beimengt. Immer begleitet natürlich von weiteren Rockklängen.

Im Grunde ist Straßen in Flammen ein Western, wie so vieles von Walter Hill, nur ist hier der einsame Held halt ein ehemaliger Soldat (Michael Paré), die „damsel in distress“ verdingt sich als Sängerin (Diane Lane) und der Bösewicht, der die Sängerin entführt, kleidet sich in Leder, steht einer Bikergang vor und nennt sich Raven (Willem Dafoe). Die Geschichte des Films beschränkt sich auf diese wesentlichen Eckpunkte, noch inklusive zweier Sidekicks (Rick Moranis und Amy Madigan), und hangelt sich bis zum Ende daran entlang – um dann zum Abschluss nochmal einen Konzertauftritt vor die Linse zu packen. Wieder komponiert von Jim Steinman.

Straßen in Flammen als „dünn“ zu bezeichnen, ist kurz vor Understatement. Das Drehbuch besteht aus einer Aneinanderreihung banaler Klischees, die keinerlei Überraschungen bieten und den Hauch einer Handlung endlos zerdehnen. Als Ausgleich gibt es dann schick glänzende Sets, deren nächtliche Umrahmung alles noch viel mehr blinken lässt, pulpiges Comic-Posing und generell eine stilistische Agenda, die dem alten „style over substance“-Gaul ordentlich Futter in den Neon-Trog schmeißt. Hauptsache eine coole Posterfigur abgeben, den Rest erledigt dann ein formaler Sog, dessen Wirkung ganz sicher mit der damals aufkeimenden Begeisterung für MTV begründet wurde.

Was bei Straßen in Flammen tatsächlich am Ende herauskommt, ist eine weitgehend leblose Stilübung, die am Anfang noch irgendwie Spaß macht, doch sich schon bald abnutzt und irgendwann einfach langweilt. Walter Hill, der ja bewiesenermaßen ein ausgeprägtes Händchen für starke Charaktere hat, verliert sich in hübschen Kulissen, findet kaum Zeit für Action und reduziert seine Darsteller auf kantige Posen und pausenlose „one liner“. Die auch gerne ganze „Diskussionen“ ausfüllen können und dabei in ihrer gestelzten Art ganz wunderbar zu den hölzernen Schauspielern passen.

Eigentlich ein Wunder, dass Michael „stocksteif“ Paré nach diesem Film nochmal eine Rolle bekommen hat. Und auch Willem Dafoe und Diane Lane sollten auf ewig dankbar sein, dass Straßen in Flammen keine bleibenden Karriereschäden verursacht hat – beziehungsweise ja heutzutage vielleicht sogar auf eine nachträgliche Lobpreisung hoffen darf. Die die Blu-Ray von Koch-Media (eine weltweite Premiere übrigens!) auf solide Bild- und Tonfüße stellt, dazu noch ein Making Of und neue Dokus aufbietet…und somit immerhin schuldfrei bleibt, wenn man auch heute noch zu der Feststellung kommt, dass es hier leider keinen falsch verstandenen Klassiker zu entdecken gibt.

Straßen in Flammen (Blu-ray)

1984 war Walter Hill endlich soweit, die toughe-Jungs-Schublade etwas weiter zu öffnen und seinem etablierten Männer-Kino ein paar verspielte Schnörkel zu verpassen.“ Nur 48 Stunden“, „Die Warriors“, „Long Riders“, „Die letzten Amerikaner“ – all diese Filme waren für Produzent Joel Silver wohl genug Absicherung, um dem zuständigen Regisseur einen von Rockmusik dominierten Neon-Western zu genehmigen.
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