Sing Street

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

"Wir müssen 'ne Band gründen!"

Liebe und Musik – diesen beiden Themen widmete sich der irische Indie-Filmemacher John Carney bereits in seinen Werken Once (2007) und Can a Song Save Your Life? (2013). Auch in seiner neusten Arbeit Sing Street dreht sich alles um Klang und Gefühl, diesmal jedoch in einer vergangenen Zeit und mit juvenilen Hauptfiguren. Vor dem Hintergrund einer rückläufigen Konjunktur im Jahre 1985 in Dublin erzählt Carney von Identitätssuche und -findung.
Im Zentrum steht der Teenager Conor (Ferdia Walsh-Peelo), der unter den Streitigkeiten seiner Eltern (Aidan Gillen und Maria Doyle Kennedy) leidet und aufgrund der finanziellen Notlage seiner Familie die Schule wechseln muss. Er landet in einer christlichen Bildungsstätte und gerät rasch mit dem strengen Leiter Baxter (Don Wycherley) aneinander, da er sich weigert, die „black shoes policy“ der Einrichtung zu befolgen. Als Conor vor dem Schulgebäude der exzentrischen Raphina (Lucy Boynton) begegnet, will er die 16-Jährige beeindrucken und behauptet, Sänger einer Band zu sein, die ein Model für ihr Musikvideo benötigt. Kurzerhand gründet er mit seinem neuen Freund Darren (Ben Carolan) und einigen begabten Jungs aus der Nachbarschaft besagte Band – und sucht Rat bei seinem älteren Slacker-Bruder Brendan (Jack Reynor). Dieser kramt daraufhin erst einmal die Rock ‚n‘ Roll-Platten hervor, um Conor etwas ‚beizubringen‘.

Zugegeben, im Bereich ‚kreatives Erzählen‘ drängt sich Sing Street nicht gerade als Klassenprimus unter den zahlreichen Vertretern des Adoleszenzkinos auf. Die boy-meets-girl-Story geht mit der klassisch geschilderten Entwicklung eines rebellischen Außenseiters einher; die antagonistischen Autoritätspersonen bleiben blass und die nerdigen Nebenfiguren fungieren überwiegend als Staffage. Dennoch ist die irisch-britisch-US-amerikanische Co-Produktion äußerst einnehmend. Das liegt zum einen natürlich an den Songs, die Conor (der sich bald ‚Cosmo‘ nennt) mit seinen Kumpels performt. Die Texte, mit denen der Protagonist seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen versucht, wirken tatsächlich so, als könnten sie von einem liebeskranken, mal melancholischen, mal renitenten Heranwachsenden stammen; die Melodien sind eingängig und ganz den wechselnden Trends der 1980er Jahre verpflichtet – von Duran Duran bis Depeche Mode. Zum anderen gelingt es Carney, durch die ständige Image-Veränderung, die die Band vornimmt, mit visuellem Humor aufzuzeigen, dass Jugendjahre stets ‚Werdejahre‘ sind. Dass die aufstrebende Gruppe mit diversen Styles experimentiert, ist aber nicht nur amüsant, sondern führt auch zu einer der härtesten, intensivsten Passagen des Films: Als Conor mit Make-up in der Schule erscheint, reagiert der Schulleiter erschreckend rabiat auf den von der Norm abweichenden Look des jungen Mannes.

Der Kinodebütant Ferdia Walsh-Peelo überzeugt in der Hauptrolle sowohl schauspielerisch als auch mit seinem Gesang. Es fällt leicht, sich in Conor einzufühlen und dessen familiäre sowie schulische Frustration nachzuvollziehen. Da die Chemie zwischen Walsh-Peelo und seiner Leinwandpartnerin Lucy Boynton stimmt, funktioniert auch die Liebesgeschichte, wenngleich sich kaum übersehen lässt, dass der attraktiven Raphina darin in erster Linie die Aufgabe zufällt, als Katalysator für die Entfaltung von Conors Singer-Songwriter-Talent zu dienen. Mit Unbeholfenheit und vergeigten Kussmomenten wird der Kitsch weitgehend vermieden – bis man im Finale längst bereit ist, dem Paar ein überbordendes Happy End zu gönnen. Sing Street ist ein Film zum Mitleiden und -lieben, überaus witzig und charmant.

Sing Street

Liebe und Musik – diesen beiden Themen widmete sich der irische Indie-Filmemacher John Carney bereits in seinen Werken „Once“ (2007) und „Can a Song Save Your Life?“ (2013). Auch in seiner neusten Arbeit „Sing Street“ dreht sich alles um Klang und Gefühl, diesmal jedoch in einer vergangenen Zeit und mit juvenilen Hauptfiguren. Vor dem Hintergrund einer rückläufigen Konjunktur im Jahre 1985 in Dublin erzählt Carney von Identitätssuche und -findung.
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