Sascha

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Allein unter Machos

Viele tun es: der Bundesaußenminister, der Regierende Bürgermeister von Berlin oder das ehemalige Hamburger Stadtoberhaupt. Aber sich als schwul zu outen, ist gar nicht so einfach. Besonders wenn die Eltern aus einem Kulturkreis kommen, wo man Homosexuelle am liebsten an der nächsten Straßenlaterne aufknüpfen würde. Wie zum Beispiel in Serbien und Montenegro. Für die betroffenen jungen Männer mit „Migrationshintergrund“ ist das sicher keine lustige Angelegenheit. Wohl aber für uns Zuschauer, wie Dennis Todorovic in seinem beschwingten Langfilmdebüt Sascha beweist.
Titelheld Sascha (Sascha Kekez) ist 19 und bereitet sich auf die Aufnahmeprüfung an der Musikhochschule vor. Er spielt nicht schlecht Klavier, aber eigentlich hat er ganz andere Sorgen. Nämlich die, wie er dem Pianolehrer (Tim Bergmann) seine Liebe gestehen soll, bevor der von Köln nach Wien abdüst, um dort eine Professur anzutreten. Überhaupt steckt Sascha an allen Ecken und Enden im Beziehungsschlamassel. Seine beste Freundin Jiao macht sich amouröse Hoffnungen. Seine Mutter hofft, dass der Junge ausschließlich an sein Piano denkt und an sonst gar nichts, egal ob Frauen oder Männer. Und sein Macho-Vater erwartet nichts sehnlicher, als dass der zarte Sohnemann endlich mal eine ordentliche Schlägerei vom Zaun bricht. Alles wäre einfacher, wenn das bunte Multikulti-Völkchen im Kölner Stadtteil Eigelstein wüsste, wie es um Sascha wirklich bestellt ist. Könnte man denken. Aber als die Wahrheit stückchenweise ans Licht kommt, wird es erst recht kompliziert.

Nichts ist also normal – und dennoch inszeniert Dennis Todorovic die Irrungen und Wirrungen der Liebe wie eine ganz normale romantische Komödie unter Heterosexuellen. Das ergibt einen reizvollen Kontrast: hier die Verklemmtheiten auf der Handlungsebene, dort die filmische Umsetzung, die ganz selbstverständlich das männliche Liebespaar so behandelt als wäre es ein heterosexuelles. Ob romantisch-dezente Bettszene, ob Enttäuschung am Morgen danach oder Eifersuchtsdrama im Nightclub – über allem liegt der leichte Ton einer Liebe, die eben auch so manches Leid mit sich bringt.

Schade nur, dass Dennis Todorovic das vom ihm geschriebene Drehbuch mit ziemlich vielen Handlungssträngen vollgepackt hat. So überlädt der Konflikt zwischen Sascha und seinem jüngeren Bruder zuweilen das Geschehen. Und auch die running gags in der von Saschas Eltern mehr schlecht als recht betriebenen Kneipe nutzen sich spätestens beim dritten Mal ab. Dadurch besteht die Gefahr, dass die erfrischende Leichtigkeit dieser Milieustudie verloren geht.

Dass Sascha / Sasha trotzdem die Kurve kriegt, verdankt der Film unter anderem dem launigen Balkanpop und insgesamt der Musik und dem Ton, für die Sounddesigner Peter Aufderhaar bei den Hofer Filmtagen mit dem „Förderpreis deutscher Film“ ausgezeichnet wurde. Die folkloristisch angehauchten Arrangements halten den dramaturgischen Mix aus Multikulti-Komödie, Familiendrama und Entwicklungsroman zusammen. Und verleihen ihm eine Lebensfreude, die sich aus südländischem Temperament speist. Es kommen eben nicht nur Homosexuellen-Hasser aus Montenegro, sondern auch lebenslustige Menschen.

Sascha

Viele tun es: der Bundesaußenminister, der Regierende Bürgermeister von Berlin oder das ehemalige Hamburger Stadtoberhaupt. Aber sich als schwul zu outen, ist gar nicht so einfach. Besonders wenn die Eltern aus einem Kulturkreis kommen, wo man Homosexuelle am liebsten an der nächsten Straßenlaterne aufknüpfen würde.
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