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Der Weihnachtsmann landet in Paris und braucht dringend Vitamine für seine Wichtel – Alain Chabat gelingt eine emotional gar nicht flache Komödie zum Fest.

Santa & Co. (2017)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Noch 3 Türchen und 92.000 Vitamine bis zum Fest!

Die Film-Weihnachtsmänner der Gegenwart stehen, so scheint es, unter dem Druck, zeigen zu müssen, wie das denn bitte gehen soll mit den ganzen Geschenken. Immerhin machen Kinder ja etwa ein Viertel der Weltbevölkerung aus – 2 Milliarden Wunschzettel, ob geschrieben oder im Herzen getragen, wären also zu beantworten. Arthur Weihnachtsmann hatte deshalb vor einigen Jahren die Elfen am Nordpol in militärisch strukturierte Ordnung gebracht; das erscheint den friedlichen Gedanken des Festes zwar doch sehr entgegengesetzt, aber dafür müsste ein Film seine eigenen ideologischen Voraussetzungen hinterfragen – während er völlig unironisch von einem durch Coca-Cola rot eingefärbten Weihnachtsmann erzählt.

Santa & Co. gibt sich etwas mehr ironische Distanz – Santa (Regisseur Alain Chabat) läuft ganz in grün herum und weiß überhaupt nicht, was dieses „Coca-Cola“ sein soll, und sein Schlitten schiebt später, knapp über die Champs-Elysées fliegend, unfreundlich einen roten Lieferwagen der Marke zur Seite. Da mag sich ein französischer Film von so einem komisch-amerikanischen Getränkeladen nichts vorschreiben lassen. 

Ganz unironisch hingegen ist, wie in diesem Film 92.000 Wichtel unter der Leitung von Oberwichtel Magnus Geschenke vorbereiten: mit einer Kombination von Arbeit, Quatsch und Magie. Da wird eine mit einer Raupe bemalte Pappe an einer Plüschrolle vorbeigeschoben und auf der anderen Seite kommt die Raupe als fertiges Plüschtier heraus. Und mit Begeisterung machen die Wichtel mit ihren Händen in Schleim Pupsgeräusche – oder pupsen einfach so. Geschenke, erklärt Magnus seinem Chef, sind dann schön, wenn sie mit Liebe gemacht sind.

Dann aber packt Magnus ein Fieber, und mit ihm alle anderen Wichtel auch. Santa muss dringend 92.000 Päckchen Vitamin C besorgen, doch die gibt es nur draußen in der Welt. Da mag er aber nicht hin, denn er interagiert ja eigentlich nie mit Menschen. Überhaupt ist dieser Weihnachtsmann eigentlich ein rechter Stubenhocker, seiner Wanda versucht er die geplante Weltreise auszureden: Paris, das sei besonders schlimm, und die Menschen dort!

Natürlich verschlägt es ihn dann genau dorthin, und beim Versuch, in einer Apotheke Vitamine einfach mitzunehmen, wird der Weihnachtsmann dann als Ladendieb der Polizei übergeben. Der zufällig in der Dienststelle anwesende Anwalt Thomas (Pio Marmaï) nimmt sich des alten Mannes an – und muss sich plötzlich mitsamt seiner Frau Amélie (Golshifteh Farahani) und den kleinen Zwillingen Maëlle und Mathis (Tara Lugassy und Simon Aouizerate) um Santa kümmern, während ihnen dämmert, mit wem sie es da zu tun haben.

Alain Chabat hat in den vergangenen 16 Jahren nur zwei Filme als Regisseur gemacht und beides waren sehr, sehr schlimme Klamauknummern, die aus großartigen Comicvorlagen die flachstmöglichen Scherze herauspressten: Auf den Spuren des Marsupilami lief 2012 an, zehn Jahre zuvor der unsägliche Asterix & Obelix: Mission Kleopatra. Umso größer ist die Überraschung, dass Santa & Co. (bei dem Chabat auch das Drehbuch geschrieben hat) nicht nur völlig auf plumpen Klamauk verzichtet, sondern an vielen Stellen emotional sehr ernsthaft und zugleich wirklich witzig ist – und sich zur Entwicklung seiner Scherze auch mal richtig Zeit lässt. (Achten Sie auf das Barbie-Haus.) Schmalz gehört natürlich dennoch dazu – es ist ja ein Weihnachtsfilm.

Der zentrale Gag des Films ist, dass Santa Claus die Welt einfach überhaupt nicht kennt und versteht. Als ihm bewusst wird, wie anstrengend Kinder zu allen Momenten des Jahres sein können, die nicht gerade Weihnachten sind, ist er entsetzt und sehr, sehr genervt. Und wenn Thomas und Amélie versuchen, ihm zu erklären, wie das mit dem Geldverdienen und dem Einkaufen eigentlich funktioniert, dann legt das ganz nebenher offen, wie weit eine kapitalistische Ordnung (so sinnvoll sie sein mag) von einfachen, ehrlichen mitmenschlichen Interaktionen entfernt ist.

Dazwischen gibt es fliegende Rentiere (ihr Anblick macht aus allen Zweiflern überzeugte Helfer), mit denen Santa zur Not auch per FaceTime kommuniziert, Verzweiflung und Verfolgungsjagden sowie eine erstaunlich realistische Darstellung des elterlichen Erschöpfungszustandes, wenn man zwei kleine Kinder zu versorgen hat.

Wem das noch nicht reicht: Natürlich ist auch das vorweihnachtliche Paris ein Traum in Licht und Farben. Wie sollte es anders sein? Es ist schließlich ein französischer Film.

Santa & Co. (2017)

Als alle Elfen plötzlich krank werden, muss Santa auf die Erde, um das Heilmittel für alle seine 92.000 Helferlein zu besorgen. Doch auf der Erde glaubt ihm niemand, dass er der Weihnachtsmann ist und so landet dieser erstmal schnurstracks im Gefängnis. Wenn er es nicht bald schafft die Medizin zu beschaffen, wird Weihnachten ausfallen müssen…

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