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„Salyut-7“ schlägt ein wenig bekanntes Kapitel aus der sowjetischen Raumfahrt auf. Der aus Andrey Zvyagintsevs „Leviathan“ bekannte Vladimir Vdovichenkov gibt den Heißsporn, Pavel Derevyanko den kühlen Kopf. Regisseur Klim Shipenko schießt beide mit einem Spezialauftrag ins All.

Salyut-7 - Tödlicher Wettlauf im All (2017)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Der Kosmonaut, ein Kerl und Kumpel

Eine aussichtslose Rettungsmission mitten im Weltraum: „Salyut-7“ ist das „Apollo 13“ des russischen Kinos, dabei aber erfrischend unpathetisch. In puncto Nostalgie steht der osteuropäische Blockbuster seinem Pendant aus Hollywood in nichts nach. Hier sind die Familienverhältnisse noch geordnet. Während die Frauen zu Hause um das Wohlergehen ihrer Männer bangen, dürfen die Kosmonauten noch echte Kerle sein.

Vladimir (Vladimir Vdovichenkov) ist ein Himmelhund, dem es an Bodenhaftung mangelt. Gut aussehend und mit kesser Lippe rettet er seiner Kollegin (Oksana Fandera) das Leben. Angehimmelt hatte ihn diese schon zuvor. Doch es bleibt beim zarten Flirt. Vladimir ist verheiratet. Zurück auf der Erde lässt der Kosmonaut schon mal ein Glas vom Balkon fallen, weil er sich noch nicht wieder an die Schwerkraft gewöhnt hat. So liebevoll sein Umgang mit Ehefrau Nina (Mariya Mironova) und Töchterchen Olya (Polina Rudenko) sein mag, so sehr wünscht sich Vladimir zurück ins All. Bis auf Weiteres ist er aber von allen Flugmissionen freigestellt.

Den fehlenden Adrenalinkick holt sich der Freigeist auf der Straße. Wenn er seinen Wagen in einer Parallelmontage über Herbstlaub schleudert und dabei stets die Kontrolle bewahrt, während seinen Kollegen im Simulator die Nerven versagen, ist klar: Gesundheitliche Bedenken hin oder her, es gibt keinen Besseren für diesen Job. Für einen weiteren Einsatz hebt er 1985 mit seinem alten Kumpel, dem Ingenieur Viktor (Pavel Derevyanko), ab, um die Raumstation „Salyut 7“ wieder flott zu machen. Seit einem Ausfall treibt sie unbemannt durchs All und droht den Amerikanern in die Hände zu fallen. Die Zeit ist knapp, das Vorhaben aussichtslos und damit wie gemacht für einen spannenden Mix aus Weltraumaction und Buddy Movie. Dass die Handlung auf wahren Begebenheiten beruht, kann im Authentizitätshype unserer Tage natürlich auch nicht schaden.

Von der ersten Einstellung an macht Regisseur Kim Shipenko klar, wohin die Reise geht. Flackerndes Licht fällt auf einen Globus, den Hammer und Sichel überspannen. Es ist das Emblem auf der Brust eines Raumanzugs. Die Kamera fährt daran entlang und gibt nach einigen kunstvollen Drehungen den atemberaubenden Blick auf den echten Erdball, Tausende Kilometer unter den Kosmonauten, frei.

Auch die Handlung wird solche Wendungen vollführen. Wann immer die Spannung abflaut, stellt sich den Protagonisten ein neues Problem. Auch künftige Einstellungen sind ähnlich spektakulär, etwa wenn die Rakete, mit der Vladimir und Viktor auf ihre Mission starten, die Wolkendecke in einem strahlenden Rot durchbricht. Und so sehr der Film auch versucht, seine Geschichte ironisch zu brechen, so sehr sich die Wissenschaftler um ihren Einsatzleiter (gewohnt körperbetont: Aleksandr Samoylenko) von den grobschlächtigen Militärs distanzieren, bleibt Shipenkos Aufbereitung der Vergangenheit eine nostalgisch verklärte. Es ist ein beinahe verträumter Entwurf einer Zeit, als Hammer und Sichel noch große Teile des Erdballs überspannten.

In dieser Welt kreisen Frauen weit entfernt im Orbit. Selbst Vladimirs Kollegin, als Kosmonautin nicht nur ebenfalls eine Heldin, sondern emanzipierter als manche moderne Geschlechtsgenossin, ist aufs bloße Ausharren beschränkt. Das ist selbstredend den historischen Fakten der Mission geschuldet. Doch die interpretiert das Drehbuch eh schon ziemlich frei. Die Frage, warum sich Shipenko 30 Jahre nach den Ereignissen gerade dieses Stoffes annimmt, sollte man also zumindest stellen. Ein Grund dafür dürfte der Stand der Technik sein, der ein solches Spektakel erst jetzt ermöglicht. Shipenkos Blick zurück bietet allerdings keinerlei neue Perspektive. Seine zaghaften Versuche, das Weltraumprogramm samt seines fragwürdigen Heldentums infrage zu stellen, bleiben reine Makulatur. Salyut-7 hat aber noch ganz andere Schwächen.

Letztlich halten weder Spannung noch Schauspiel mit den Schauwerten mit. Die Chemie zwischen den beiden Hauptdarstellern stimmt nie so richtig, um die angespannte Atmosphäre aufzulockern. Viele der angedachten Gags verpuffen in den Weiten des Alls. Insgesamt läuft alles ein wenig zu glatt, hat man nie das Gefühl, dass diese Mission scheitern könnte. Mehr als den Durchschnitt der üblichen Featurettes bieten auch die Extras nicht. Im Gegensatz zu anderen russischen Blockbustern, die es in die deutschen Kinos schaffen, ist Salyut-7 damit auf Blu-ray ganz gut aufgehoben.

Salyut-7 - Tödlicher Wettlauf im All (2017)

Juni 1985: Als der Kontakt zur sowjetischen Raumstation Salyut-7 verloren geht, sollen die Kosmonauten Vladimir Dzhanibekov (Vladimir Vdovichenkov) und Viktor Savinykh (Pavel Derevyanko) die Lage dort überprüfen und versuchen, die Station wieder zum Laufen zu bekommen.

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Meinungen

Martin Zopick · 26.05.2022

Zwei Kosmonauten Fedorov (Wladimir Wladimirowitsch) und Viktor (Pawel Jurjewitsch Derewjanko) sollen die 1985 in Schwierigkeiten geratene russische Raumstation Salyut 7 wieder flott machen. Beeindruckende Bilder aus dem Orbit werden mit spannungsmäßig angereicherter Handlung kombiniert. Beide lassen zwei Ehefrauen auf der Erde zurück. Viktors Frau ist schwanger, Nina, die Frau von Fedorov (Maria Mironowa) ist gegen den Flug ihres Mannes. Als es weitere Probleme gibt, erwägt die Bodenstation die Raumstation im Ozean zu versenken. Ein Feuer an Bord vergrößert die Schwierigkeiten, Viktor erleidet Verbrennungen. Als der Sauerstoff knapp wird, ist klar, dass nur ein Kosmonaut zur Erde zurückkehren kann.
Ein amerikanisches Shuttle könnte Hilfe bringen. Alle Beteiligten lehnen das aber ab. In letzter Minute gelingt es den Kosmonauten das Raumschiff für den Rückflug zu reparieren. Die Besatzung des Space-Shuttles grüßt im Vorbeiflug mit militärischem Gruß.
Freudentränen, Bilder von sowjetischen Kosmonauten (u.a. Gagarin) sowie die Landung eines Raumschiffs bilden den Schluss, ohne dass die Mädels eingreifen müssen. Eines der besten Weltraumabenteuer.
Von ganz oben (Putin!) abgesegnet.