Ruhm

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Der Mief der großen, weiten Welt

Manchmal kommt der Ruhm über Nacht. Wer wüsste das besser als der Bestseller-Autor Daniel Kehlmann. Seine ersten Bücher wollte kaum jemand lesen. Und dann gelang ihm mit Die Vermessung der Welt ein Durchbruch, mit dem wohl niemand rechnete, handelt der Millionenerfolg doch von zwei Naturforschern aus dem 18. Jahrhundert. Wohl nicht zufällig hieß Kehlmanns nächster Roman Ruhm, eine kunstvoll angelegte Reflexion über das Leben im Scheinwerferlicht – und das im Schatten. Regisseurin Isabel Kleefeld hat die komplexe Romanstruktur nun auf kongeniale Weise verfilmt, ein ebenso mutiges wie gelungenes Unterfangen.
Es geht in Buch und Film nicht nur um gelangweilte Stars und verblödete Fans, es geht um eine ganze Reihe von Themen. Der ironisch-süffisante Blick auf den Handy- und Internet-Hype spielt eine Rolle, ebenso die Vermischung von Wirklichkeit und Fiktion, die Vor- und Nachteile des Drangs, sich fiktive Welten zu erschaffen, in denen man es besser aushält als in der Realität. Denn die Menschen, um die es geht, haben sich allesamt verlaufen. Sie sind in Sackgassen geraten, aus denen jedoch manche am Ende herausfinden – schließlich handelt es sich nicht um todernste Geschichten, sondern um eine Tragikomödie mit einer schönen Portion Gesellschaftssatire. Insbesondere der Literaturbetrieb bekommt sein Fett ab, wozu sogar Daniel Kehlmann persönlich in einem Gastauftritt sein Scherflein beiträgt.

Der Film erzählt von acht Hauptfiguren – im Roman sind es noch ein paar mehr – deren Wege sich manchmal kreuzen und manchmal nicht. Der Elektroingenieur Joachim Ebling (Justus von Dohnányi) zum Beispiel lässt sich von seiner Frau überreden, ein Handy zu kaufen. Prompt spielt das ungeliebte Ding verrückt. Es klingelt ständig und die Anrufe gelten offensichtlich dem berühmten Schauspieler Ralf Tanner (Heino Ferch). Dessen Handy steht allerdings seit Tagen still. Und so liegt ein Identitätswechsel in der Luft: Der ganz normale Angestellte schnuppert den Duft des Jetsets, während der genervte Filmstar endlich in die Normalität abtauchen kann. So geht es weiter. Immer wieder ergeben sich Anknüpfungspunkte zu neuen Figuren, sodass sich nach und nach viele etablierte sowie aufstrebende Namen der deutschen Film- und Fernsehbranche ein Stelldichein geben: Senta Berger, Stefan Kurt, Matthias Brandt, Gabriela Maria Schmeide und Julia Koschitz.

Regisseurin und Drehbuchautorin Isabel Kleefeld hat mit ihrer Cutterin Andrea Mertens ganze Arbeit geleistet, um die komplexe Erzählstruktur des Romans in ein filmgerechtes Geflecht zu übertragen. Mühelos gleiten die Episoden ineinander, springt der Schnitt von einem Taxi in ein anderes, vom drohenden Autounfall ins Aufschrecken aus einem Albtraum. Natürlich darf man sich davon keine „normale“ Filmhandlung mit Entwicklungs- und Wendepunkten erwarten, sondern eher ein Sittenbild à la Robert Altman. Aber die vielfältigen Anknüpfungspunkte erlauben eine schöne Balance von lustigen und tragischen Momenten sowie einen Reichtum an Anspielungen, über die nachzudenken auch lange nach dem Kinobesuch noch lohnt. Darunter auch die banale, aber nicht oft genug zu wiederholende Einsicht: Ruhm macht nicht glücklich. Und ist auch nicht das, was im Leben wirklich zählt.

Ruhm

Manchmal kommt der Ruhm über Nacht. Wer wüsste das besser als der Bestseller-Autor Daniel Kehlmann. Seine ersten Bücher wollte kaum jemand lesen. Und dann gelang ihm mit „Die Vermessung der Welt“ ein Durchbruch, mit dem wohl niemand rechnete, handelt der Millionenerfolg doch von zwei Naturforschern aus dem 18. Jahrhundert.
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