RoboCop (2014)

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Mit einem weinenden Auge

Paul Verhoevens pechschwarzer Science-Fiction-Film RoboCop aus dem Jahre 1987 ist ein Klassiker. Auch heute, fast 30 Jahre nach seinem Erscheinen, hat er noch immer nichts von seiner Kraft eingebüßt. Was kann das Remake? Für das konnte immerhin der brasilianische Nachwuchsregisseur José Padilha gewonnen werden, der 2008 bei den Berliner Filmfestspielen mit Tropa de Elite den Goldenen Bären gewann. Und tatsächlich ist Padilhas RoboCop zumindest die elegantere Maschine. Der klobige Silbermann ist einem schwarzen, modernen Design gewichen. Inhaltlich reicht der optisch starke, sehr kurzweilige Film dennoch nicht an den Klassiker von Verhoeven heran.
Das Jahr 2028. Mit dem Verkauf von Robot-Technologie erwirtschaftet der multinationale Konzern OmniCorp gigantische Gewinne – nur den heimischen Markt hat OmniCorp-Boss Raymond Sellars (Michael Keaton) noch nicht erschlossen. Die Amerikaner sind skeptisch, was den Einsatz von Robotern betrifft. Eine Chance wittert Sellars allerdings, als er die Chance erhält, den schwer verletzten Polizisten Alex Murphy (Joel Kinnaman) durch seinen Chefwissenschaftler Dr. Dennett Norton (Gary Oldman) in einen Cyborg-Polizisten umbauen zu lassen. Durch das menschliche Gesicht der Maschine hofft Sellars die Bevölkerung auf seine Seite zu bekommen. Doch im Innern der Maschine steckt ein Mensch, der sich an sein früheres Leben erinnert und dessen Ideal von Recht und Ordnung nicht mit dem von OmniCorps übereinstimmt.

Auf den ersten Blick könnte man Verhoevens RoboCop für eine bissige Satire auf den zügellosen Wall-Street-Kapitalismus der 1980er Jahre halten, doch er ist mehr als das: RoboCop ist ein den Zuschauer verschlingendes Ungetüm von Film und eine gallige Grundsatzkritik an der zunehmenden Macht der Wirtschaft, der Technikgläubigkeit und den menschlichen Allmachtsfantasien – Themen die mehr als je zuvor aktuell sind. Doch die Welt hat sich in den letzten Jahren doch (weiter?) entwickelt. Ein inhaltliche Überarbeitung und optische Frischzellenkur des Film-Stoffs lag insofern nahe. Und rein visuell gibt es tatsächlich wenig zu beanstanden. Regisseur Padilha sind sogar ein paar grandiose Momente gelungen, beispielsweise, wenn der Zuschauer RoboCop zum ersten Mal in seinem schwarzen „Kostüm“ sieht und denken könnte: Ach so schlimm ist es ja gar nicht! Dann aber alle Körperteile der Maschine abgenommen werden, bis nur noch der Kopf, die zuckende Wirbelsäule und die wild pumpenden Lungen übrig bleiben. Oder auch die Szene, in der nur das menschliche Auge des Cyborgs weint, das Maschinen-Auge aber trocken bleibt. Und auch manche Action-Sequenz sowie die Inszenierung des Finales, das angenehm dem Understatement frönt, wissen zu gefallen. In auffälligem Kontrast dazu steht das annehmbare, aber niemals wirklich die Tiefen des Stoffs auslotende Debüt-Drehbuch von Joshua Zetumer, das leider mit einigen weniger plausiblen Ideen aufwartet. Als Beispiel sei hier nur die Sequenz genannt, in der RoboCop eine Gruppe Waffenhändler hochnimmt und die Szenen allein deswegen im Dunkeln zu spielen hat, damit man das Blut nicht spritzen sieht und keine Gefahr für die angestrebte Altersangabe besteht.

Deus Ex Maschina, der Geist aus der Maschine, ist ein komplexes, facettenreiches Thema. Aus der toten Technik entsteht ein lebendes Bewusstsein. In Verhoevens RoboCop ist es umgekehrt: Hier wird ein Mensch nach seinem Tod zur geistlosen Maschine gemacht. Doch das menschliche Bewusstsein ist derart stark, dass selbst in dem klobigen Roboterkörper ein Rest Persönlichkeit überlebt bzw. wiedergeboren wird. Man kann sogar soweit gehen und RoboCop als Variation des christlichen Auferstehungsmythos deuten. Padilhas Remake hat keinen Sinn für die Erforschung solcher Ideen. Hier ist der Mensch sein Gehirn und selbiges ist beim Helden Alex Murphy noch intakt. In seinem schwarzen Stahlkostüm erinnert der agile RoboCop deswegen auch eher an Superheldenkino à la Iron Man als an das tragisch plumpe Mensch-Monster des Klassikers. Doch nicht nur in dieser Hinsicht bleibt das RoboCop-Remake hinter seinen Möglichkeiten. Eine Gesellschaftskritik, die sich mit einem Schlag in die Magengrube Gehör verschafft, entwickelt es leider zu keinem Zeitpunkt. Die etwas einfach gestrickte Medienschelte und unterentwickelte Kritik an einem allumfassenden Überwachungssystem darf als gut gemeinter Versuch gewertet werden – doch letzten Endes bewegt sich der Film immer im alten Denksystem, das zu den Problemen, die thematisiert werden, erst geführt hat. Probleme – so der Tenor – lassen sich mit Technik und einem rechtschaffenden Helden respektive Familienvater stets lösen.

Trotz seines in schwarzen Stahl gehüllten Helden und aller angerissenen Probleme, ist Padilhas Film beinahe so etwas, wie die helle, optimistische Version des Original-Stoffs. Und ein flott inszenierter Sci-Fi-Actioner obendrein. Das ist ja auch schon mal etwas. Viele Zuschauer werden das Kino daher vermutlich mit einem lachenden und einem weinenden Auge verlassen.

RoboCop (2014)

Paul Verhoevens pechschwarzer Science-Fiction-Film „RoboCop“ aus dem Jahre 1987 ist ein Klassiker. Auch heute, fast 30 Jahre nach seinem Erscheinen, hat er noch immer nichts von seiner Kraft eingebüßt. Was kann das Remake? Für das konnte immerhin der brasilianische Nachwuchsregisseur José Padilha gewonnen werden, der 2008 bei den Berliner Filmfestspielen mit „Tropa de Elite“ den Goldenen Bären gewann.
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Meinungen

Dunkelziffer · 06.02.2014

Ich bin kein Regisseur oder Produzent, aber mir fallen keine Argumente für ein Remake eines erstklassig-produzierten Streifens ein. Keins! Warum auch? Okay, ich gehe da eher künstlerisch ran, was vielleicht falsch ist in Hollywood. Aber stop! Paul Verhoeven konnte seinen Film ja auch in Hollywood produzieren und viele andere Regisseure auch, die nur eines im Sinn hatten: ihren Film - unabhängig von Dollars.

Das einzig gute an dem Remake ist, dass jetzt wieder über das Original gesprochen wird. Auf twitter überschlagen sich die Meinungen. Und das finde ich gut.

Natürlich habe ich eine "richtige" DVD-Kopie in meinem Regal. Da fehlt nichts. Und selbst Verhoeven würde jetzt lächeln.

Bernd Dötzer · 06.02.2014

Die Welt braucht solche Remakes nicht... sie greifen unsere nostalgischen Erinnerungen und Gefühle an, welche wir an unsere "alten" Filme in uns tragen und zerstören sie... macht echte Fortsetzungen, die den selben Hauptcharakter benutzen, auf die etablierte Art und Weise erzählt sind, getreu im eigenen Genre spielen, wie von den Originalen kreiert und vorgegeben - oder laßt es sein! Das hier ist der gleiche Remake-Nonsens wie "Total Recall", "Dredd", "Conan" und zahllose andere neue "Re"-Produktionen der letzten Jahre, die einzig und allein zeigen, wie wenig Herz & Gefühl für Filme und Filmemachen ihr habt, liebe Recycle-Film-Produzenten! Das Weltpublikum und Fans können so etwas nur aufhalten, indem sie solch Zeug niemals anschauen! Ich werde es zumindest nie mehr tun... Schau und kauf nur das Original! Ein Slogan der Filmindustrie, die diesen selbst ernst nehmen sollte.