Rigor Mortis

Eine Filmkritik von Janosch Leuffen

Wer ist hier der Geist?

Die filmischen Arbeiten aus Fernost hatten seit jeher etwas Eigenes, etwas oft schwer zu Erklärendes. Oft nimmt die asiatische Kultur eine zentrale Rolle ein, in Horrorwerken wie etwa Ringu oder Ju-on – Der Fluch lassen sich vor allem unheimliche Geister wiederfinden. Auch dem Neu-Regisseur Juno Mak, sonst bisher als Schauspieler in chinesischen Produktionen zu sehen, scheinen Mythologien und Sturzfluten von Blut zuzusagen. Für sein Debüt hinter der Kamera greift er auf teils drastische Bilder zurück.
Der ehemals erfolgreiche Filmstar Chin (Siu-hou Chin) bezieht ein Apartment in einem riesigen Wohnkomplex. Diesen Ort wählt er, um sich das Leben zu nehmen und vor all seinen Problemen endlich Ruhe zu haben. Die anderen Mieter scheinen da jedoch etwas dagegen zu haben. Denn Chin wird gerettet und muss sich fortan mit den seltsamsten Gestalten herumschlagen. Von einem ruhigen Ableben ist der junge Mann nun weit entfernt.

In Zurückhaltung übt sich Mak bei seiner ersten Regiearbeit wahrlich nicht. Der verheißungsvolle Beginn ebnet den Weg für eine undurchdringliche Geschichte, die mit hohen Schauwerten aufwartet. Kameramann Man-Ching Ng, der seine Karriere mit dem weltweit gefeierten Internal Affairs begann und zuletzt bei Jackie Chans Chinese Zodiac für die richtigen Bilder sorgte, zeichnet hier verantwortlich für die sowohl wunderschöne als auch heftige visuelle Sprache. Die kreative Vielfalt des Gezeigten lässt die Augen des Betrachters leuchten – sofern man auch an blutigen Messerattacken, schmerzhaften Treppenstürzen und herumwirbelnden Untoten mit ekligen Klauen Freude findet.

Auf der optischen Ebene ist Rigor Mortis trotz seiner Brutalität sehr ästhetisch. Zweifellos laden die Impressionen ein, in die Leinwand hineinzutauchen, wenn – ja wenn da nicht die konfuse und nur schwer zu verfolgende Handlung wäre. Irgendwann wabern so viele unterschiedliche Geister, reale Menschen und Kinder durch die Gemäuer, dass es fast unmöglich ist, all diese Gestalten und ihre Herkunft zu späterer Zeit richtig zuzuordnen.

Wer lebt hier eigentlich noch und wer ist schon längst abgetreten? Und wer hat die beiden Mädchen aus Kubricks Shining in den Hausflur gelassen? In dem etagenreichen Gebäude herrscht Hokuspokus an jeder Ecke und absolutes Hexen-Wirrwarr. Wer den Durchblick behält, wird dem Ganzen vermutlich mehr abgewinnen können. Denn durch das Nichtbegreifen des Tohuwabohus wirkt Rigor Mortis wie ein aus einzelnen, großartigen Versatzstücken zusammengeschustertes Gemälde.

Durch dieses „nicht eindringen können“ in die erzählerische Struktur gibt es auch wenige Bezugsmöglichkeiten zum Hauptdarsteller. Seine Erlebnisse in den verschiedenen Stockwerken und Zimmern erscheinen tragisch und mystisch, aber sie bewegen nicht. Das Schicksal des Mannes bleibt dem Zuschauer egal, denn immerhin wollte er sich gleich zu Beginn schon selbst das Leben nehmen.

Mak stellt mit seinem ersten Ausflug hinter die Kamera ein abgefahrenes, aber sperriges Werk auf die Beine, das allerhand übernatürliche Action mit den unterschiedlichsten Kreaturen, dabei jedoch zu wenig plausiblen Tiefgang bietet. Oft gerät der Spuk dadurch langwierig und undurchsichtig, die fantastische Optik hilft allerdings über die eine oder andere Länge hinweg.

Rigor Mortis

Die filmischen Arbeiten aus Fernost hatten seit jeher etwas Eigenes, etwas oft schwer zu Erklärendes. Oft nimmt die asiatische Kultur eine zentrale Rolle ein, in Horrorwerken wie etwa „Ringu“ oder „Ju-on – Der Fluch“ lassen sich vor allem unheimliche Geister wiederfinden. Auch dem Neu-Regisseur Juno Mak, sonst bisher als Schauspieler in chinesischen Produktionen zu sehen, scheinen Mythologien und Sturzfluten von Blut zuzusagen.
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