Private

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Absurdistan Nahost

Mohammed (Mohammed Bakri) und seine Familie wohnen in einem Haus mitten im Niemandsland zwischen Israel und den Palästinenser-Gebieten. Da das Haus von enormer strategischer Bedeutung ist, besetzen eines Nachts israelische Soldaten das Anwesen und fordern die Bewohner zum Verlassen auf. Doch Mohammed weigert sich standhaft, seinen Besitz zu verlassen, so dass sich die beiden Parteien schließlich mittels eines seltsamen Kompromisses arrangieren: Während die Soldaten die obere Etage des Hauses in Beschlag nehmen, bewohnt Mohammed mit seiner Familie das Erdgeschoss; nachts wird die Familie sogar eingesperrt. Es beginnt eine zermürbende Zeit des Wartens und des Stillstandes, mit der die einzelnen Familienmitglieder auf ganz unterschiedliche Weise umgehen. Während Mohammed allein durch seine bloße Anwesenheit seinen Widerstand gegen die Besetzung Ausdruck verleihen will, gehen seine Kinder weiter. Ein gefährlicher Balance-Akt nimmt seinen Lauf. Doch selbst als die Soldaten schließlich abziehen, nimmt der Schrecken noch kein Ende…

Auf den ersten Blick wirkt Saverio Costanzos Debütlangfilm Private wie eine Dokumentation, und das liegt durchaus in der Absicht des Filmemachers. Die Ängste und die Hoffnungen, die Schizophrenie des Krieges und die tiefe Perversion, in der er alle Beteiligten befördert, all das macht Costanzo, der niemals nur eine Seite des Konfliktes zeigt oder gar Partei ergreift, auf erschreckende, weil rein psycholgische Weise als Kammerspiel deutlich. Der Krieg, den er zeigt, ist kein offensichtlich gewalttätiger Zustand, sondern ein Krieg ohne Kugeln, ein Krieg des Schweigens, der Missverständnisse und des Misstrauens. Der wahre Krieg, so könnte man seine Botschaft umschreiben, beginnt nicht mit dem ersten Schuss und endet auch nicht, wenn der letzte gefallen ist. Ein Film, der einen ungewöhnlichen Einblick in den Nahost-Konflikt wagt und der die Zuschauer mit ebenso bemerkenswerten Einsichten belohnt. Der Lohn für das ungewöhnliche Werk war 2004 der Goldene Leopard beim Filmfestival von Locarno, wo der Hauptdarsteller Mohammed Bakri auch als bester Hauptdarsteller ausgezeichnet wurde. Außerdem erhielt Private den Fipresci Preis beim Festival von San Francisco 2005 und erhielt zahlreiche weitere Preise auf internationalen Festivals.
 

Private

Mohammed (Mohammed Bakri) und seine Familie wohnen in einem Haus mitten im Niemandsland zwischen Israel und den Palästinenser-Gebieten.

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