Predestination

Eine Filmkritik von Falk Straub

Henne oder Ei?

Dass sie auch abseits der großen Studios und Budgets ambitioniertes Genrekino machen können, haben die Australier Michael und Peter Spierig mit Daybreakers bewiesen. Nun legen sie mit Predestination einen Zeitreisefilm nach und zeigen: Mit den Brüdern ist weiterhin zu rechnen.
John (Ethan Hawke) ist Agent. Nicht irgendeiner. Im Auftrag einer streng geheimen Organisation reist er in die Vergangenheit, um Katastrophen zu verhindern. Kurz vor seinem Ruhestand muss er ein letztes Mal zurück ins New York der 1970er, um einen Terroristen aufzuhalten. Das Vorhaben scheiterte bereits mehrfach. Denn irgendwie scheint der Attentäter John immer einen Schritt voraus. In einer Bar trifft John auf einen jungen Mann, der ihn bei seinem nächsten Sprung durch die Zeit begleitet. Wird John mit der Hilfe des Fremden die Geschichte endlich ändern?

Das Problem mit Zeitreisen war, ist und bleibt deren Kausalität. Beispiel gefällig? Das Großvaterparadoxon: Jemand begibt sich in die Vergangenheit, um vor der Zeugung seines Vaters seinen Großvater zu töten. Gelingt ihm dies, werden weder sein Vater noch er geboren. Doch wie hätte er dann am Ausgangspunkt seiner Reise in seine eigene Vergangenheit eingreifen können? Ein Paradoxon, an dem Klassiker des Genres wie etwa James Camerons Terminator (1984) auf der logischen Ebene scheitern. Doch meist kommt es auf die emotionale Ebene an. Je faszinierender der Film, desto schneller verzeiht ein Publikum solche Ungereimtheiten.

Bei Predestination ist der Fall noch ein wenig anders gelagert. Die Brüder Spierig zeigen nicht nur ein weiteres Mal, dass sie mit ihrem ausgeprägten Stilwillen, was Kamera, Schnitt und Setdesign betrifft, auch kleine Budgets nach großem Kino aussehen lassen können. Predestination dreht auch erzählerisch an allen Stellschrauben. In einer Erzählung in der Erzählung wirft der Thriller vermittels Rückblenden zunächst selbst einen Blick in die Vergangenheit. Das beschriebene Zeitparadoxon steigert er dann so sehr ins Extrem, dass alles ins Wanken gerät. In diesem (Gedanken-)Spiel ist nichts sicher – weder Kausalitäten noch Identitäten.

In einer entscheidenden Szene des Films versucht sich John an einem Witz. „Was kommt zuerst, das Huhn oder das Ei?“, will er von seinem Gegenüber wissen. Doch noch bevor John den Witz zu Ende erzählen kann, stiehlt ihm sein Gegenüber die Pointe: „Der Hahn.“ Diese kurze Unterhaltung ist der Schlüssel zu Predestination. Im neuen Film der Spierig Brüder, der auf einer Kurzgeschichte von Robert A. Heinlein basiert, geht es genau darum. Wer ist die Henne, wer das Ei und wer der Hahn? Wer war zuerst da? Aber vor allem: Spielt das überhaupt eine Rolle? Denn vielleicht ist das Schicksal ja unausweichlich.

Predestination

Dass sie auch abseits der großen Studios und Budgets ambitioniertes Genrekino machen können, haben die Australier Michael und Peter Spierig mit „Daybreakers“ bewiesen. Nun legen sie mit „Predestination“ einen Zeitreisefilm nach und zeigen: Mit den Brüdern ist weiterhin zu rechnen.
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