Point Break (2015)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Große Bilder, aber keine Spannung

Mit Remakes ist es so eine Sache. Bleibt man zu nah am Original, wird schnell der Sinn der Auffrischung hinterfragt. Setzt man viele neue Akzente, läuft man Gefahr, den Reiz der Ursprungsidee zu verwässern und Fans der alten Version zu verprellen. Ein Dilemma, mit dem sich auch der bislang vor allem als Kameramann in Erscheinung getretene Ericson Core (The Fast and the Furious, Daredevil) bei seiner Neuauflage von Kathryn Bigelows 1990er-Jahre-Actionthriller Gefährliche Brandung befassen musste, der in den USA unter dem Titel Point Break in die Kinos kam. Der englische Begriff stammt aus der Surfer-Sprache und verweist auf das Milieu, in dem ein verdeckter FBI-Ermittler – gespielt von Keanu Reeves – eine Gruppe von Serienbankräubern enttarnen will. Nach dem Motto „Größer, schneller, weiter“ dehnt Core in seinem Remake nun den Rahmen deutlich aus und tauscht die verschworene Surfer-Gemeinschaft gegen eine Clique wagemutiger Extremsportler ein, die der Philosophie eines verstorbenen Umweltaktivisten nacheifern. Tolle Bilder und atemberaubende Stunts sind dabei allenthalben zu bestaunen. Erzählerisch bleibt der neue Point Break allerdings so flach wie das Wasser in einer kleinen Regenpfütze.

Ungünstig ist schon die hastige Zeichnung des Protagonisten, der zunächst als Vollblut-Motorradartist eingeführt wird. Nach dem Tod eines Freundes bei einem halsbrecherischen Manöver wendet sich Johnny Utah (Luke Bracey) allerdings von seiner großen Leidenschaft ab und beginnt eine Ausbildung beim FBI, wo man den früheren Gefahrensucher skeptisch beäugt. Eine Chance, sich endlich zu beweisen, erhält der junge Mann, als er hinter einigen aufsehenerregenden Raubüberfallen in Robin-Hood-Manier ein Muster erkennen und seinen Vorgesetzten (Delroy Lindo) überzeugen kann, dass die Täter aus der Welt des Extremsports stammen müssen. Und nicht nur das: Offensichtlich wollen sie die berühmt-berüchtigten Ozaki Eight, eine Reihe todesmutiger Prüfungen, absolvieren, die den Menschen wieder mit der Natur und Mutter Erde versöhnen sollen. Unterstützt von dem erfahrenen Ermittler Pappas (Ray Winstone), begibt sich Utah nach Südfrankreich und trifft dort auf eine Gruppe von Adrenalinjunkies, die sich beim Surfen gigantischen Wellen ausliefern. Der selbstbewusste Bodhi (Édgar Ramírez) und seine Freunde geraten schnell ins Visier des Undercover-Agenten, der fortan ihre Nähe sucht. Nebenbei macht Utah auch mit der hübschen Samsara (Teresa Palmer) Bekanntschaft, die ebenfalls zum Kreis der furchtlosen Extremsportler gehört.

Bigelows Testosteron-Thriller lebte neben seinen aufregenden Actioneinlagen auch und vor allem von der ambivalenten Beziehung zwischen dem jungen Polizisten und dem von Patrick Swayze charismatisch verkörperten Surfer-Guru. Anziehung und Abneigung gingen dort Hand in Hand, was den verdeckt ermittelnden Utah in einen Gewissenskonflikt schlittern ließ. Unverständlicherweise arbeiten Ericson Core und Drehbuchautor Kurt Wimmer diese reizvolle Ebene des Originals in ihrem Remake lediglich in Ansätzen aus und rauben dem Film damit an entscheidenden Stellen seine innere Spannung. Die Hauptfigur erliegt binnen weniger Szenen der Faszination der Extremsportgruppe, obwohl Anführer Bodhi keine besonders faszinierende Ausstrahlung hat. Die innere Zerrissenheit Utahs wirkt in vielen Momenten behauptet, auch wenn Core und Wimmer bemüht sind, ein inniges Band zwischen dem FBI-Ermittler und der geheimnisvollen Samsara zu knüpfen. Bei Licht betrachtet ist die junge Frau aber bloß eine aufreizend inszenierte Lückenfüllerin ohne eigenständige Entwicklung.

Einen kuriosen und unbedarften Eindruck hinterlässt auch die verquaste Motivation, die der neue Point Break den Kriminellen um Bodhi auf den Leib schreibt. Während die Extremsportler fortlaufend den (fiktiven) Öko-Krieger Ozaki zitieren und seinen (für den Film erdachten) Erleuchtungsweg – gemeint sind die acht Prüfungen – beschreiten wollen, legen sie in vielen Szenen eine bemerkenswerte Rücksichtslosigkeit an den Tag. Ausufernde Partyorgien und Kollateralschäden bei Überfällen und Sabotageaktionen stehen ihrem pazifistischen Weltrettungsgeschwätz diametral entgegen. Im Grunde trifft Utahs Partner Pappas den Nagel auf den Kopf, wenn er nüchtern anmerkt, dass Gangster immer nach Rechtfertigungen für ihre Taten suchen. Bodhi und Co. erscheinen mit zunehmender Dauer wie ein Rudel größenwahnsinniger Esoteriker und verlieren so jegliche Anziehung.

In den Bann schlagen dürften den Zuschauer die teilweise atemberaubenden Bilder, die Core in schöner Regelmäßigkeit präsentiert. Exotisch-majestätische Schauplätze auf vier Kontinenten und mitreißende Stunteinlagen bieten stets etwas fürs Auge und zehren manchmal an den Nerven. Spektakulär ist schon die Auftaktsequenz, in der Utah und ein Motorradkumpel durch eine amerikanische Kraterlandschaft brettern. Schöne Ansichten liefert auch die irrwitzige Surfpassage, die allerdings wie eine Pflichtverneigung vor dem Original anmutet. Ins Schwitzen dürfte das Publikum vor allem bei einer Freeclimbing-Szene in Venezuela geraten, die wie die meisten Actionmomente teilweise mit echten Extremsportlern gedreht wurde. Mag die Stunt-Schlagzahl zum Ende hin ein wenig ermüdend sein, darf man doch den Aufwand loben, den die Macher insgesamt betrieben haben. Unter dem Strich stellt sich folgende Erkenntnis ein: Als Werbefilm für diverse Extremsportarten könnte Point Break sicher durchgehen. Als fesselnde Undercover-Geschichte taugt der Neuaufguss von Bigelows Kultstreifen jedoch nicht.
 

Point Break (2015)

Mit Remakes ist es so eine Sache. Bleibt man zu nah am Original, wird schnell der Sinn der Auffrischung hinterfragt. Setzt man viele neue Akzente, läuft man Gefahr, den Reiz der Ursprungsidee zu verwässern und Fans der alten Version zu verprellen.

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