Pippa Lee

Eine Filmkritik von Festivalkritik zur Berlinale 2009 von Joachim Kurz

Vom Partygirl zur Mustergattin

Was hat diese Frau nicht alles erlebt: Früher war Pippa Lee (in frühen Jahren gespielt von Blake Lively) ein wildes Party-Girl, das kaum einem Experiment abgeneigt war und das alles ausprobieren wollte. Was unter anderem auch lesbische Beziehungen, Drogen und etliche Beziehungsformen sowie nahezu sämtliche Dramen des menschlichen Lebens umfasste. Kein Wunder, denn schon ihre Kindheit bei ihrer medikamentenanhängigen Mutter war nicht gerade dazu angetan, der Tochter eine stabile und verlässliche Erziehung angedeihen zu lassen. Mittlerweile aber scheint sich all das zum Besseren gewendet zu haben. Pippa ist in der Zwischenzeit um die 50 Jahre alt (gespielt wird sie nun von Robin Wright Penn), sieht nach wie vor blendend aus und ist durch ihre Ehe mit dem 30 Jahre älteren Verleger Herb Lee (Alan Arkin) in ruhigere Fahrwasser gekommen. Als ebenso strahlender wie eloquenter Mittelpunkt des Freundeskreises um ihren erfolgreichen Gatten ist sie das makellose Idealbild einer liebenden Ehefrau voller Esprit, Witz und Charme.
Nach dem dritten Herzinfarkt ihres Mannes ziehen sich die beiden aus dem hektischen Manhattan in ein beschauliches Rentnerstädtchen (das von Herb despektierlich „Wrinklebury“ genannt wird) zurück, wo die Uhren langsamer zu gehen scheinen. Doch auch hier lässt sich Herbs fortgeschrittenes Alter nicht aufhalten. Während sich langsam Anzeichen des beginnenden Verfalls zu zeigen beginnen, er schlafwandelt und erkrankt anschließend an Demenz, erinnert sich Pippa an ihr bisheriges Leben. Denn es wird immer deutlicher, dass bald schon ein Lebensabschnitt zu Ende gehen wird, dass nichts bleibt, wie es war. Und dann ist da noch der irritierende und offensichtlich sehr labile Sohn (Keeanu Reeves) der Nachbarin, dem Pippa langsam näher kommt.

Das bewegte Leben der Pippa Lee ist anfangs nicht allzu einfach zu durchschauen. Nahezu übergangslos und fließend wechselt die Regisseurin Rebecca Miller, die auch die Romanvorlage zu dem Film schrieb, zwischen der wilden Jugend ihrer Heldin und deren um einiges ruhigeres Leben in der Gegenwart, das aber trotz der perfekten Fassade bei genauerem Hinsehen ähnliche Macken aufweist wie das der „Desperate Housewives“. Dennoch ist der Film weitaus mehr als ein bloßes Abziehbild und eine Zuspitzung auf das Erfolgsmodell der erfolgreichen US-Fernsehserie. Ganz langsam und behutsam, voller Komik und Sinn fürs Bizarre, zugleich aber voller Respekt für alle Beteiligten entblättert der Film eine Biographie, die nur auf den ersten Blick stark übertrieben zu sein erscheint. In Wahrheit geht es bei allen geschilderten Exzessen und der später mühsam aufgebauten gefestigten Existenz um etwas zutiefst Menschliches: Um das Hinterfragen von Lebensmodellen, um die Unmöglichkeit, die Flüchtigkeit des Glücks zu konservieren und um die Notwendigkeit, sich der eigenen Vergangenheit zu stellen und deren Einfluss auf das eigene Leben anzuerkennen.

Perfekt inszeniert und mit einem mehr als sehenswerten Cast gesegnet (neben den Genannten sind es vor allem Julianne Moore und Monica Bellucci, an die man sich erinnert), entpuppt sich Rebecca Millers Pippa Lee als widerborstiges Familiendrama und Emanzipationsgeschichte mit einigen Widerhaken, deren manchmal etwas sehr sprunghafte Struktur den Zugang nicht einfach macht. Dass man trotzdem voller Sympathie und gefesselt sitzen bleibt, liegt vor allem an der Herzenswärme der Geschichte und an Robin Wright Penn, die in jeder Minute diese Films verzaubert und entzückt.

(Paul Collmar)

Früher war Pippa Sarkassian (Robin Wright Penn) ein wildes Mädchen, das keine Party ausließ und sich nahezu alles an Drogen einverleibte, was sie finden konnte, doch seitdem sie den dreißig Jahre älteren Verleger Herbert Lee (Alan Arkin) kennen und lieben gelernt hat, gibt sie die brave Gattin des erfolgreichen Machers und bringt zwei Kinder auf die Welt.

Als die beiden nach Herbs drittem Herzinfarkt sich mehr oder weniger aus ihrem aufregenden Leben in der Großstadt verabschieden und sich aufs Altenteil zurückziehen  — dabei ist Pippa gerade mal 50 -, ist es für sie an der Zeit, ihr bisheriges Leben Revue passieren zu lassen. Und in der Rückschau wird klar, warum diese Frau zu dem wurde, was sie heute ist. Schonungslos deckt sie ihre Schattenseiten und Schwächen auf und muss schließlich erkennen, dass ihr geliebter Mann sie seit Jahren betrügt. Doch nicht nur jedem Anfang, auch jedem Ende wohnt ein Zauber inne – zumal mit 50 das Leben noch längst nicht vorbei ist…

Die Welt der Literaten und Künstler, sie ist für Rebecca Miller, Tochter des Schriftstellers Arthur Miller und Ehefrau von Daniel Day-Lewis ein vertrautes Metier. Ihr streckenweise bizarr-komisches Drama mit großen Namen wie Robin Wright Penn, Alan Arkin und Keanu Reeves wirkt aber insgesamt zu banal, um wirklich zu berühren. Und angesichts der Probleme, mit denen sich Pippa Lee herumschlagen muss, kommt man nicht umhin, dem Film als Beschreibung seines Inhaltes vor allem das Etikett „Desperate Housewives – The Next Generation“ zu verpassen.

(Festivalkritik zur Berlinale 2009 von Joachim Kurz)

Pippa Lee

Was hat diese Frau nicht alles erlebt: Früher war Pippa Lee (in frühen Jahren gespielt von Blake Lively) ein wildes Party-Girl, das kaum einem Experiment abgeneigt war und das alles ausprobieren wollte. Was unter anderem auch lesbische Beziehungen, Drogen und etliche Beziehungsformen sowie nahezu sämtliche Dramen des menschlichen Lebens umfasste.
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