Nur eine Stunde Ruhe

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ein Samstag voller Störungen

Dieser Samstag beginnt für den Pariser Zahnarzt Michel (Christian Clavier) mit einer freudigen Überraschung: Er findet auf dem Flohmarkt die alte Schallplatte seines Lieblings-Jazzmusikers. Zuhause will er nichts sehnlicher, als im Wohnzimmer allein zu sein und das Lied zu genießen, das passend zu seiner Gesinnung Me, Myself and I heißt. Erstens aber ist Egoismus moralisch angreifbar, und zweitens hat der moderne Mensch auch am Wochenende nicht ohne weiteres die Muße, den Lärm der Welt auszusperren. So kommt es, dass Michel mit seinem musikalischen Schatz ungefähr das gleiche Drama erlebt wie das Nagetier Scrat mit seiner Eichel in den Ice Age-Filmen. Zu viel Glück macht das Schicksal neidisch.
Der gestresste Mann in der französischen Komödie von Regisseur Patrice Leconte wird von Christian Clavier gespielt, der bereits in Monsieur Claude und seine Töchter den irritierten Hausherrn mimte. Diesmal aber steht er im Mittelpunkt einer überdrehten Posse, in der sein hilflos-genervter Charakter stark an die Rollen von Louis de Funès erinnert. Die Geschichte bürdet dem armen Michel lustvoll mehr Ärger auf, als in einen einzigen Samstag zu passen scheint. So speist sich die Komik auch nicht aus Authentizität, sondern im Gegenteil, aus der Nähe zum Albtraum. Dieser hat einen hohen Wiedererkennungswert, aber weil Michel so lange und hartnäckig darum kämpft, sein Lied anhören zu dürfen, erschöpft sich der Witz der Handlung auch irgendwann.

Michel ahnte ja nicht, was ausgerechnet an diesem Samstag alles dazwischen kommen könnte: Es überrascht ihn völlig, dass Handwerker gerade eine Wand in seiner Wohnung einreißen müssen und dass die Haushaltshilfe Maria (Rossy de Palma) staubsaugen will. Mit depressiver Leidensmiene will Ehefrau Nathalie (Carole Bouquet) mit ihm über den arbeitsscheuen Sohn Sébastien (Sébastien Castro) sprechen und dann auch noch einen Jahrzehnte zurückliegenden Seitensprung beichten. Der Sohn hat in dem Dienstmädchenzimmer im Obergeschoss eine philippinische Flüchtlingsfamilie einquartiert, die Handwerker verursachen einen Wasserrohrbruch, die Geliebte (Valérie Bonneton) kommt in der Absicht, sich Nathalie anzuvertrauen. Schließlich belagern die Nachbarn des Mehrfamilienhauses mit ihren Kindern das Wohnzimmer, weil das Hoffest spontan hierher verlegt wurde.

Der arme Michel aber ist kein besonders sympathischer Mensch. Nur weil er das Lied genießen will, wimmelt er die beichtende Ehefrau ab, als würde sie ihm seine Zeit mit Belanglosigkeiten stehlen. Eine Ahnung schleicht sich ein, dass dieser Michel generell nicht viel Interesse für seine Nächsten aufbringt. Allerdings kann er sich zugute halten lassen, dass er tüchtig ist und Geld verdient, während der Sohn und auch der beste Freund auf seine finanzielle Unterstützung zählen. Wie das aufgepfropfte Ende wirkt dieser Reigen grotesker Verwicklungen insgesamt plump und bemüht. Die Glaubwürdigkeit wird immer wieder aufgrund von Szenen strapaziert, in denen die Figuren wie Marionetten ohne viel Sinn und Verstand herumgeschoben werden. Der polnische Nachbar Pavel (Stéphane De Groodt) zum Beispiel, der das Hoffest organisiert, oder auch die Handwerker treten nur als minderbemittelte Störfaktoren auf. So beschränkt sich Nur eine Stunde Ruhe darauf, als Klamaukfilm mit Schmunzelhumor zu unterhalten.

Nur eine Stunde Ruhe

Dieser Samstag beginnt für den Pariser Zahnarzt Michel (Christian Clavier) mit einer freudigen Überraschung: Er findet auf dem Flohmarkt die alte Schallplatte seines Lieblings-Jazzmusikers. Zuhause will er nichts sehnlicher, als im Wohnzimmer allein zu sein und das Lied zu genießen, das passend zu seiner Gesinnung „Me, Myself and I“ heißt.
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Meinungen

Hartmut T. · 22.04.2015

Die Rezension von Bianka Piringer trifft den Nagel ziemlich genau auf den Kopf, ganz besonders der letzte Satz. Bekannte, vorhersehbare Gags, Missgeschicke ohne Folgen. Da kann auch der Schluss des Films nichts mehr rausreißen.