Nur ein Sommer

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ja ja, die Liebe in der Schweiz...

In der Schweiz ist anscheinend alles besser. Im Land der Eidgenossen herrscht immerwährender Wohlstand — das ist so sicher wie das berühmte Schweizer Bankgeheimnis. Und so ist es kein Wunder, wenn immer mehr Menschen im berufsfähigen Alter der deutschen Heimat den Rücken kehren und in der Schweiz ihr Glück suchen. Auch die 35-jährige Eva (Anna Loos) ist so ein Fall. Die Frau aus Ostdeutschland, die zuhause in Eberswalde einige Jobs und etliche ABM-Stellen hinter sich gebracht hat, erhält vom Jobcenter das unverhoffte Angebot, einen Sommer lang als Melkerin auf einer Schweizer Alp zu verbringen. Weil sie damals in einer LPG das Melken gelernt hat, ist der Job in der Schweiz ideal für sie. Und nachdem auch ihr 16-jähriger Sohn Jens (Robert Höller) eine Lehrstelle gefunden hat, kann sie auch ihr jüngerer Liebhaber Marco (Steve Windolf) nicht mehr halten. Denn Eva ist eine spontane Frau, die gerne ihren Impulsen nachgibt und Chancen ergreift, wenn sie sich bieten. Angesichts der desolaten wirtschaftlichen Lage in Ostdeutschland ist Fatalismus in Kombination mit Spontanität wahrscheinlich nicht die schlechteste Eigenschaft, um den Unbilden des Lebens lächelnd gegenüberzutreten.
Bereits die Anfahrt zum neuen Arbeitsplatz hoch oben in den Bergen des Berner Oberlandes erweist sich als schwere Prüfung. Liegend in eine vorsintflutliche Seilbahn mit dem mürrischen Senner Daniel (Stefan Gubser) gepresst, schwebt sie gen Himmel – und freut sich doch offensichtlich auf das, was sie dort erwartet. Daniel ist ihr neuer Chef und ein schwieriger Zeitgenosse, der allem Anschein nach auch deswegen so grimmig dreinschaut, da er von seiner Frau verlassen wurde. Wobei man nun trefflich spekulieren kann, ob die nicht vielleicht genau deshalb das Weite gesucht hat, weil ihr Mann so ein ungehobelter und maulfauler Klotz ist. Doch weil Eva so ein zupackender und lebensbejahender Mensch ist, erwacht langsam Daniels Interesse an seiner neuen Mitarbeiterin. Womit er allerdings nicht allein ist. Denn auch der junge mazedonische Hilfsarbeiter Mehmed (Oliver Zgorelec) von der benachbarten Alp hat ein Auge auf Eva geworfen. Auch wenn Daniel das nie zugeben würde – das Techtelmechtel der beiden stört ihn gewaltig. Doch wie soll er sich der selbstbewussten Frau nähern? Und als auch noch Marco aus Eberswalde als Überraschungsbesuch auf der Alp auftaucht, ist das Beziehungswirrwarr perfekt.

So bizarr die Arbeitsstelle Evas auch anmuten mag: Die Regisseurin Tamara Staudt weiß genau, wovon sie in ihrem Film Nur ein Sommer erzählt. Schließlich hat die Filmemacherin selbst zwei Sommer lang als Sennerin gearbeitet und es während ihrer Saisonarbeiter sogar zum Titel der Käsekaiserin von Lenk gebracht. Man merkt dem Film diese Erfahrungen an, das karge Leben der Bergbauern, die Zubereitung des Käses, das Melken der Kühe, die harten Arbeitsbedingungen auf den Hütten und am Ende des Sommers der Almabtrieb – dies sind auch die wesentlichen Stationen von Evas Geschichte, die der Film mit viel Liebe zum Detail und beeindruckenden Aufnahmen zeigt.

So liebevoll diese Szenerien und der Arbeitsalltag auch eingefangen sind, die zwischenmenschlichen Irrungen und Wirrungen des Plots kommen ab und zu doch etwas holprig daher. Auch wenn sich Tamara Staudt bemüht, die Geschichte in einem bewusst knapp gehaltenen und immer wieder recht lakonischen Tonfall zu erzählen, geschehen wesentliche Wendungen recht schnell und erscheinen dem Zuschauer mitunter ein wenig unmotiviert. Dass Eva beispielsweise zuhause in Eberswalde beim Anblick rauchender Jugendlicher genervt mit der Hand wedelt und später in der Schweiz während eines nächtlichen Bades im Käsekessel genüsslich selbst am Glimmstängel zieht, ist nur ein Beispiel für zahlreiche kleine Ungereimtheiten, die vor allem auf die Kappe des Drehbuchs gehen. Hinzu kommt, dass Evas Faible für den mürrischen Daniel bei Lichte betrachtet unverständlich bleibt und man das Gefühl hat, dass diese Frau eigentlich prima alleine zurechtkommen würde.

Wenn man über solche Fehler hinwegsehen kann, erfreut Nur ein Sommer vor allem durch teilweise gelungene atmosphärische Aufnahmen der Schweizer Bergwelt und durch eine überzeugende Anna Loos, die diesen Film beinahe im Alleingang trägt.

Nur ein Sommer

In der Schweiz ist anscheinend alles besser. Im Land der Eidgenossen herrscht immerwährender Wohlstand — das ist so sicher wie das berühmte Schweizer Bankgeheimnis. Und so ist es kein Wunder, wenn immer mehr Menschen im berufsfähigen Alter der deutschen Heimat den Rücken kehren und in der Schweiz ihr Glück suchen.
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Meinungen

Manfred Fuchs · 26.08.2018

Von wem ist denn die Musik im Abspann?

Stephanie Groh · 20.08.2009

Ein Film der genau in diesen Sommer passt und für Kurzweiligkeit sorgt. Zum anhimmeln schön! Eine bezaubernde Anna Loos und erst die Kulisse, fabelhaft, muss man gesehen haben.

heikerifo · 06.07.2009

Ich war und bin immer noch begeistert von diesem kleinen, feinen - sehr subtilen und humorvollen Film, Anna Loos war für mich umwerfend - hatte sie bisher noch nie so erlebt, sehr authentisch und offen, wunderschöne Bilder, das Chaos in dem man wirklich manchmal steckt, was sind die wirklichen Gefühle, ein schöner Film - nicht nur für einen Sommer, also gern ansehen!!!

Eva · 28.03.2009

warmherzig + witzig. und anna loos ist (gegen meine erwartungen) wirklich glaubwürdig und spielt klasse!

Irene · 10.03.2009

Gestern war Premiere in Berlin und ich hatte einen extrem unterhaltsamen Abend. Anna Loos spielt klasse, die Männer sind eben Männer und die Berge waren hübsch anzusehen. Was will man mehr ;)

Irene · 10.03.2009

Gestern war Premiere in Berlin und ich hatte einen extrem unterhaltsamen Abend. Anna Loos spielt klasse, die Männer sind eben Männer und die Berge waren hübsch anzusehen. Was will man mehr ;)