Nicht ohne uns!

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Viele Wege führen in die Schule

So ungewöhnlich die Grundidee zu Sigrid Klausmanns episodisch-kaleidoskopartigem Dokumentarfilm Nicht ohne uns! auch sein mag, so seltsam vertraut erscheint einem die Prämisse des Films zu sein, der Schüler von überall auf der Welt auf ihrem Weg in die Schule begleitet. Und wenn man ein wenig darüber nachdenkt, woher dieses Gefühl kommt (und auch ein wenig nachforscht), stößt man unwillkürlich auf den französischen Filmemacher Pascal Plisson, der 2013 mit Auf dem Weg zur Schule und 2015 mit Der große Tag zwei ganz ähnliche Filme vorlegte.
Allerdings gibt es bei aller Ähnlichkeit einen wesentlichen Unterschied zwischen Klausmanns Ansatz und den Werken von Plisson: Während das Figurenensemble bei Plisson stets recht stark begrenzt ist, so dass der Zuschauer nur eine geringe Anzahl von Protagonisten kennenlernt, folgt Sigrid Klausmann mehr Kindern auf ihrem Weg zur Schule: Insgesamt 16 Kinder aus 15 Ländern von fünf Kontinenten versammelt sie zu einem vielstimmigen Chor – allein schon das ist eine gewaltige logistische Leistung, die sich auch darin widerspiegelt, dass für die Regie der einzelnen Episoden verschiedene Mitstreiter der Filmemacherin verantwortlich zeichnen. Das Umfassende und wahrlich Weltumspannende an Nicht ohne uns! hat eine ganz einfache Ursache: Der Film ist ein Teilaspekt eines viel größeren Projekts mit dem Titel 199 kleine Helden – auf dem Weg in ihre Zukunft, das die Regisseurin gemeinsam mit ihrem Mann, dem bekannten Schauspieler Walter Sittler, ins Leben gerufen hat: Vor etlichen Jahren hatten die beiden die Grundidee, es folgten mehrere Pilotfilme mit Kindern in einzelnen Ländern, dann ein begleitendes Webprojekt und nun eben dieser Film, der wie die anderen Ergebnisse des Engagements von Klausmann und Sittler die Aufmerksamkeit auf die Wichtigkeit von Bildung legen, den Kindern überall auf der Welt eine Stimme geben und den Blick auf das weltumspannend Verbindende lenken soll.

Die manchmal etwas verwirrende Vielfalt von Kindern und Lebensumständen, Landschaften und spezifischen Gegebenheiten verdeutlicht, welch ungeheure Mühe, Organisation und wieviel Fleiß sich hinter der Realisierung verbergen – und wie sehr Sigrid Klausmann nicht nur für ihren Film, sondern für das gesamte Projekt brennt. Die schiere Fülle birgt aber auch Gefahren in sich: Der schnelle Wechsel der kleinen Protagonist_innen sorgt dafür, dass die Lebensumstände manchmal nur kurz angerissen werden, bevor sich der Fokus des Films zu dem nächsten Kind verschiebt. Trotz der ruhigen Hand, mit der die einzelnen Episoden eingefangen sind, entsteht dabei der Eindruck einer dicht gedrängten, manchmal schon fast gehetzten Narration, die aufgrund der Vielzahl der angedeuteten Lebensumstände etwas fast schon Beliebiges bekommt.

Etwas mehr Struktur entsteht durch die verschiedenen Themenbereiche, die offensichtlich den Kindern und Jugendlichen als (im Film selbst nicht hörbare) Fragen gestellt wurden. Dies und die Musik sorgen dafür, dass man das Kaleidoskopartige und manchmal fast Atemlose des Films zeitweilig doch vergisst und sich ein gewisser Unterhaltungswert sowie einige Aha-Erlebnisse einstellen, die vor allem Kindern und Jugendlichen die Augen dafür öffnen dürften, wie anders das Leben in anderen Ländern und Kulturen ist.

Ein zweifellos wichtiger Film mit einem starken Thema und teilweise toll zusammengestellten Porträts, dem man insgesamt aber etwas mehr Struktur und Konzentration auf wenige und dafür prägnantere Geschichten gewünscht hätte.

Nicht ohne uns!

So ungewöhnlich die Grundidee zu Sigrid Klausmanns episodisch-kaleidoskopartigem Dokumentarfilm „Nicht ohne uns!“ auch sein mag, so seltsam vertraut erscheint einem die Prämisse des Films zu sein, der Schüler von überall auf der Welt auf ihrem Weg in die Schule begleitet.
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