Modest Reception - Die Macht des Geldes

Eine Filmkritik von Sophie Charlotte Rieger

Die Last des Geldes

Was würdest Du tun, wenn Dir völlig unerwartet zwei fremde Personen eine Tüte voll Bargeld schenken würden? Genau, vermutlich erst einmal die Polizei oder alternativ den psychiatrischen Notdienst kontaktieren. Das können die ja schließlich nicht ernst meinen. Oder aber es ist ein Trick, bei dem Du am Ende ärmer dastehst als vor der Geldübergabe. In jedem Fall kann diese Großzügigkeit nichts Gutes bedeuten.
Ähnliches geht wohl auch den Menschen in Modest Reception — Die Macht des Geldes durch den Kopf, wenn die beiden Helden des Films Millionen um Millionen verschenken. Almosen zu geben ist gar so einfach, stellt Leyla (Taraneh Alidoosti) auf halber Strecke fest. Gemeinsam mit Kaveh (Mani Haghighi), von dem wir nicht wissen, ob er ihr Bruder, ihr Freund, Ehemann oder ein flüchtig bekannter Kollege ist, fährt sie mit dem Auto durch eine verarmte iranische Bergregion und verschenkt im Namen einer anonymen Auftraggeberin Säcke voll Geld. Oder anders gesagt: Sie versucht, Säcke voll Geld zu verschenken, denn die meisten Leute, denen sie begegnet, wollen die Scheine gar nicht haben. „Ich habe alles was ich brauche“, sagt ein alter Mann, der unter einer Plastikplane mitten in der staubigen Einöde lebt. Um ihren Auftrag zu erledigen und das Geld schließlich doch loszuwerden, müssen sich Leyla und Kaveh immer neue Tricks einfallen lassen. Was als Spiel mit der Großzügigkeit beginnt, entwickelt sich mehr und mehr zu Demütigungen und seelischer Gewalt, so dass die Beschenkten nicht nur reich, sondern auch gebrochen aus diesen ungewöhnlichen Begegnungen hervorgehen.

Regisseur und Hauptdarsteller Mani Haghighi gibt seinem Publikum ein Rätsel nach dem anderen auf: Wer sind die beiden Hauptfiguren? Wer beauftragt sie? Was ist ihre Absicht? Zunächst können diese offenen Fragen der Handlung noch Spannung verleihen, doch bald merkt der Zuschauer, dass es sich hier nicht um einen Krimi handelt, dessen Auflösung ihnen am Ende die Augen öffnen wird, sondern um eine Parabel, deren Bedeutung sie sich selbst erschließen müssen. In dem Moment, in dem die Bildhaftigkeit der Ereignisse offenbar wird, verlieren die Charaktere an Gewicht. Um den Film zu begreifen, ist es nun nicht länger notwendig zu verstehen, woher sie kommen und wie ihre Beziehung zueinander definiert ist. Doch mit der Bindung an die Figuren schwindet auch die Bindung an die Geschichte. Als Zuschauer beginnen wir uns mit dem Surrealismus des Szenarios abzufinden, neigen aber fortan auch dazu, Situationen nur mehr abzunicken und nicht mehr zu hinterfragen. Vielleicht hätte dem Film doch ein wenig mehr Handlung oder zumindest eine klare Richtung gut getan, um das Publikum dauerhaft zu fesseln.

Es ist erstaunlich wenig Bewegung in Modern Reception, obwohl es sich ja im Grunde um einen Road Trip handelt. Viele statische Kameraeinstellungen, langsame Schwenks und lange Szenen drosseln das Tempo der Geschichte. Trotz allem oder vielleicht gerade deswegen entfaltet die Unternehmung eine große Dringlichkeit: Leyla und Kaveh wollen das Geld unbedingt loswerden, als wäre es eine Bürde. Und in gewisser Weise ist es das auch, denn ihre Gaben tun selten Gutes, sondern haben in der Regel für die Beschenkten ebenso wie für die Gönner negative Auswirkungen. Es ist als gäbe es zu der Tüte Geld eine Portion Schuld als Dreingabe. Statt „Die Macht des Geldes“ wäre daher wohl „Die Last des Geldes“ der passendere Untertitel.

Modest Reception – Die Macht des Geldes bietet eine große Projektionsfläche für die eigenen Gedanken zum Thema Reichtum und Materialismus. Fragen nach der Definition von Bedürftigkeit werden aufgeworfen. Wer hat die Spende nötiger? Und wer entscheidet das eigentlich? Eine Antwort oder zumindest einen Hinweis bekommt der Zuschauer leider nicht. So interessant die Prämisse dieses Films, so schwierig ist es, ihm am Ende eine Bedeutung abzuringen.

Modest Reception - Die Macht des Geldes

Was würdest Du tun, wenn Dir völlig unerwartet zwei fremde Personen eine Tüte voll Bargeld schenken würden? Genau, vermutlich erst einmal die Polizei oder alternativ den psychiatrischen Notdienst kontaktieren. Das können die ja schließlich nicht ernst meinen. Oder aber es ist ein Trick, bei dem Du am Ende ärmer dastehst als vor der Geldübergabe. In jedem Fall kann diese Großzügigkeit nichts Gutes bedeuten.
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