Malen oder Lieben (2006)

Eine Filmkritik von Michael Spiegel

Delikates aus Frankreich

Das altbekannte Lied einer Ehe, von der man so ganz und gar merkt, dass sie auch besonders eine französische ist: Madeleine (Sabine Azéma) und William (Daniel Auteuil) sind seit über 30 Jahren verheiratet, die Tochter nunmehr erwachsen, das Leben insgesamt gut situiert, Geld kein wirkliches Problem. Als sich William mit seinem bevorstehenden Abschied aus der Arbeitswelt konfrontieren muss, bricht Unruhe aus: war’s das jetzt? Der bürgerlich-städtische Stillstand eines in die Jahre gekommenen Paares? Außer Luxusprobleme keine wirklichen Herausforderungen mehr?

Die nochmalige Möglichkeit einer Veränderung, ein neuer Start in ein neues Leben scheint im Umzug auf das Land zu liegen (Eine Schwalbe macht den Sommer lässt schön grüßen), im Kauf und in der Modernisierung eines alten, leerstehenden Bauerhauses in der Provence, welches Madeleine zuvor wie zufällig beim Malen entdeckt hat. Mit der neuen Umgebung verbunden ist auch das Kennenlernen von neuen Freunden, den blinden Bürgermeister Adam und seiner schönen und jungen Frau Eva. Der Beginn einer durchaus sinnlichen Erfahrung für alle Beteiligten. Und darüber hinaus …


Frivolität und Leidenschaft, aber auch seelische Verletzungen. Das Kosten der verbotenen Frucht als Folge von bürgerlicher Langeweile. Auf der Suche nach einem Neuanfang überraschend Unbekanntes finden und sich selbst noch einmal neu entdecken: Viele interessante, gekonnt inszenierte Aspekte bei guten darstellerischen Leistungen stecken in diesem freigeistigen, auf ein älteres Publikum zugeschnittenen Drama (von einer Komödie kann hier nicht bedingt gesprochen werden), das gleichzeitig an einigen Stellen ernst, melancholisch und nostalgisch auf den Betrachter wirkt. Auch das Bemühen einiger Klischees kommt nicht zu kurz. Eine generell hohe Symbolhaftigkeit der Bildsprache (brennende Häuser, bedeutungsschwangere Blindheit, dunkler Wald) und der (durchaus angenehmen) Farbgebung (Regenbogen, Abendstimmung) lassen doch öfters mal ein gewisses Gefühl der Konstruiertheit der Geschichte entstehen – etwas mehr Zurückhaltung in diesen Punkten hätte der Geschichte insgesamt nicht schlecht gestanden, wären defensivere, sich weniger stark aufdrängende Momente in Handlung und Stil hier wohltuend gewesen. Und trotzdem bleibt Malen oder Lieben / Peindre ou faire l‘amour ein sehenswerter Film, der die Frage „Wie gestalte ich meinen Lebensabend?“ auf belebende Art und Weise neu behandelt.

Malen oder Lieben (2006)

Das altbekannte Lied einer Ehe, von der man so ganz und gar merkt, dass sie auch besonders eine französische ist.

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Meinungen

· 31.07.2006

Das Hauptdarstellerpaar findet nach langer Überwindungszeit Gefallen am Partnertausch mit einem befreundeten Paar - darum nimmt man zum "Happy-End" noch ein unbekanntes Paar mit.

Als dramaturgischer Höhepunkt gibt es einen winzigen Hysterieausbruch der Hauptdarstellerin. Eine andere Szene (die Tochter erscheint unerwartet) bietet sogar ein Nuance von Suspense. Als besonderes Schmankerl entblättern sich die beiden schönsten Darstellerinnen je 1x - die 2. wartet sogar mit einem "frivolen Bidet-Spielchen" auf. Natürlich wird gegessen. Gemalt wird auch, aber keines der Bilder wird gezeigt - dafür wird eines an den blinden Nachbarn (und seine Frau) verschenkt. Ein Hauch von Trash?

... oder: wie man das Publikum von den Programmkinos weiterhin fern hält.

· 26.07.2006

Ein Film,der dem reiferen Alter leider allzusehr botschaften möchte:"Schaut doch her.Es ist nichts dabei!" Sicher ist nichts dabei und ein Partnertausch kann eine neue Erfahrung und ein Neuanfang bedeuten. Doch wo hier Leidenschaft, das Spiel wechselvoller Gefühle und seelische Verletzungen gekonnt in Szene gesetzt sein sollen, entgeht meiner Betrachtung. Die darstellerische Leistung, das Einfangen des Flairs, den die Provence zu bieten hat, sind positiv zu bewerten.

katharina · 21.06.2006

Ich fand den Film spannend und beeindruckend. Nicht nur für Frührentner sondern auch für mittelalte Filmfans geeignet.