Loev

Eine Filmkritik von Thorsten Hanisch

Wochenendliebelei

Bei einem Film wie Loev schmerzt es ein klein wenig, wenn am Ende letztendlich nur ein Schulterzucken übrig bleibt. Vor allem, wenn man um die Hintergründe weiß. Nicht nur deswegen, aber auch.
Loev ist zuallererst eine kleine, ach was, eine riesengroße Sensation: Ein schwules Romantik-Drama aus Indien! Aus einem Land, in dem Homosexualität trotz langsam fortschreitender Liberalisierung immer noch als Abartigkeit gilt und durchaus Haftstrafen mit sich bringen kann. Natürlich musste Loev unter allergrößter Diskretion gedreht werden, aber der Einsatz hatte sich gelohnt: Die bisherige Resonanz ist sehr positiv, das Drama hat international für großes Aufsehen gesorgt. Das ist grundsätzlich eine gute Sache, denn es ist unfassbar, dass im Jahr 2016 Menschen immer noch aufgrund ihrer Sexualität Repressalien erdulden müssen, und die Macht des bewegten Bildes ist ja bekanntlich nicht zu unterschätzen.

Dennoch: Ein kleines bisschen muss sich Regie-Debütant Sudhanshu Saria auch die Frage gefallen lassen, ob sein Film ohne den Exotenbonus auf genauso viel Wohlwollen gestoßen wäre. Auch wenn Loev für indische Verhältnisse sicherlich revolutionär erscheinen mag, im Rest der Welt dürfte eher Schulterzucken auf dem Programm stehen, denn erzählt wird letztendlich eine ganz banale Beziehungskiste.

Musiker Sahil ist angenervt von seinem Freund Alex. Der ist nämlich ein ausgesprochener Schludrian und vergisst auch schon mal die Stromrechnung zu bezahlen. Das macht Sahil automatisch zum verantwortungsvollen Teil des Paares, was aber natürlich mit zusätzlicher, ungewollter Belastung verbunden ist. Als sich sein Bekannter Jai, ein glatter und smarter Geschäftsmann, ankündigt, beschließt Sahil, sich mit diesem auf einen spontanen 48-Stunden-Trip in die Berge des Westghats zu begeben. Doch vor der malerischen Kulisse läuft es auch nicht unbedingt wie geplant, denn Jai hängt ständig an Smartphone und Laptop – dennoch entwickelt Sahil Gefühle für Jai und auch Jai ist nicht abgeneigt. Doch was bedeutet das für Sahils Beziehung mit Alex?

Ein klassisches Setup also, eines, das so auch aus Hollywood kommen und von Cameron Diaz, Ashton Kutcher oder einem der anderen üblichen Verdächtigen gespielt werden könnte. Der Unterschied ist lediglich, dass hier ausschließlich hervorragend aussehende indische Männer am Start sind, peinlicher Humor ausgespart wird und sich Loev eine Vergewaltigung leistet. Unter dem Strich ist der Unterschied aber dennoch nicht allzu groß, was sich vor allem in der vorhersehbaren Auflösung bemerkbar macht: Sahil und Alex finden wieder zusammen, da Jai trotz smarter Sprüche doch deutlich mit seiner Sexualität hadert und Alex’ Macken mit etwas Abstand eher als liebenswert, denn als nervig empfunden werden. Er hat zwar seine Schwächen, aber er steht zu sich und zu Sahil. Jai wiederum muss einsehen, dass sich Business und freie Persönlichkeitsentfaltung nicht miteinander vereinbaren lassen.

Das hat zwar sicherlich eine inhärente Tragik, die allerdings bedauerlicherweise nie zum Zuge kommt. Es wird – trotz hervorragender Darsteller – weder in Worten noch in Bildern deutlich, was Sahil und Jai überhaupt verbinden könnte, was sie füreinander empfinden, was sie in dem jeweils anderen sehen. Die ganze Zusammenkunft wirkt letztendlich bloß wie eine kurzfristige emotionale Fehlzündung. Sahil und der sich mit sich selbst offenbar völlig im Reinen befindliche Alex aber erscheinen von Anfang an als das perfekte Pärchen, weswegen das Ende dann auch wenig überraschend reinpurzelt.

Dennoch: Loev ist mit zauberhaft schönen Männern besetzt, toll gespielt und bravourös gefilmt – vielleicht kann die inhaltliche Banalität in diesen Kontext auch als Stärke bezeichnet werden: Letztendlich sind alles nur Menschen mit den gleichen Problemen.

Loev

Bei einem Film wie „Loev“ schmerzt es ein klein wenig, wenn am Ende letztendlich nur ein Schulterzucken übrig bleibt. Vor allem, wenn man um die Hintergründe weiß. Nicht nur deswegen, aber auch.
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Meinungen

Stephan · 02.05.2016

Die Kritik ist daneben! Es handelt sich auf keinen Fall um eine Hollywood ähnliche Romantik-Komödie. Eine Fernbeziehung zwischen 2 Männern mit unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen wird hier dargestellt. Verhalten und Gefühle sind komplex, und werden auch so vom Zuschauer wahr genommen. Sehr empfehlenswert! Nichts für einfache Zuschauer, die sich Karikatur-Gestalten wünschen.