Liberace (2013)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Großes Kino fürs Fernsehen

Eigentlich sollte es diesen Film gar nicht geben. Eigentlich wollte Steven Soderbergh nach Side Effects ja keinen Kinofilm mehr machen. Doch Liberace ist ja auch kein Kinofilm, sondern ein TV-Film. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Auftragsarbeit für HBO und das Werk wird in den USA auch „nur“ im Fernsehen gezeigt werden. Das Auswahlkomitee in Cannes jedenfalls hat nur Filmisches gesehen und recht haben sie. Denn spannenderweise ist dieser Film weitaus filmischer als Soderberghs letztes Werk, was Behind the Candelabra quasi zum Gegenstück vieler deutscher Spielfilme macht, die angeblich fürs Kino gemacht sind, aber doch eher wie TV aussehen.

Soderberghs letzter (das glaubt er doch selber nicht) Film ist thematisch gesehen allerdings ein typisch amerikanisches Bio-Pic, ein biografischer Film über den Entertainer Liberace. In seiner Kindheit wurde er von seiner Mutter gedrillt Klavier zu spielen und eigentlich sollte ein Konzertpianist aus ihm werden, doch Liberace wurde lieber Entertainer. Bekannt war er aber nicht nur für sein unfassbares Talent, sondern auch für sein extravagantes Auftreten. Ein Klavier voller Goldpailetten, ein riesiger Tischleuchter darauf, davor Liberace in Kostümen, die selbst die von Elvis in den Schatten stellen — ein Wunder, dass seine zahlreichen weiblichen Fans nicht erkannt haben, dass er homosexuell war.

Ein TV-Film über einen schwulen Entertainer — dieser Film hätte unfassbar kitschig, exploitativ und voller Klischees werden können und anfänglich sieht es auch so aus, als würden Michael Douglas als Liberace und Matt Damon als sein blonder Liebhaber Scott ihre schwulen Rollen auch genauso angehen. Die erste halbe Stunde ist nicht nur bunt ob der Kostüme und dem Setting der 1970er Jahre, Douglas und Damon spielen ihre Rollen auch recht übertrieben. Es gibt Unmengen schwule Anspielungen und Klischees, Witze und Spielereien. Fast schon scheint es, dass sich hier über die Figuren lustig gemacht werden soll, dass es eine Freakshow mit Lachern auf Kosten der Dargestellten ist. Doch das ist es nicht. Eher handelt es sich hier um einen intelligenten Schachzug. Alle Oberflächlichkeiten, Stereotypen und Schablonen werden bedient und abgehakt, denn das schafft Platz für die Menschen und die Schicksale, die hier dargestellt werden sollen.

Ein kurzes Intermezzo

Das Melodram ist eines der klassischen Filmgenres, das sich in den 1940er Jahren herausbildete und alsbald zum so genannten „Frauenfilm“ wurde. Es geht um Liebe, Familie, Anerkennung und darum, einen Platz im Leben zu finden — kein leichtes Unterfangen für Frauen in jener Zeit. Viele dieser Filme handeln von verschmähten Frauen, von Trophäen-Frauen, die alt werden, die nicht mehr spannend sind und letztendlich betrogen und verlassen werden.

Ende Intermezzo

Liberace ist ein Männer-Melodram. Die Geschichte ist klassisch: Ein naiver Junge vom Dorf verliebt sich in den großen Entertainer, der sich in dessen Jugend und Schönheit badet bis dieser beginnt langweilig zu werden und zu verwelken. Dieser wiederum versucht alles die Liebe aufrecht zu erhalten, Schönheitsoperationen und Pillen inklusive. Am Ende wird Scott abgeschoben wie ein altes, hässliches Haustier. Und doch, so einfach ist es nicht. Denn es sind nicht die 1940er Jahre und nur weil diese Männer schwul und „feminin“ sind, heißt es noch lange nicht, dass alles nach alten Mustern abläuft. Vielmehr erneuert Soderbergh hier ein altes Genre, er frischt es auf und holt es (sowohl wortwörtlich, als auch metaphorisch) aus seiner schwarz-weißen Welt. Denn nichts ist einfach in der Liebe. Zwischen den Zeilen, in den kleinen Gesten erzählt der Film auch die Geschichte zweier einsamer Männer, die jemanden suchen, der sie uneingeschränkt liebt und auf sie aufpasst. Und gleichzeitig sind beide nicht recht in der Lage mit Liebe umzugehen, sie zu erhalten, zu vermehren.

Schon mit Magic Mike hat Soderbergh einen Film gemacht, der ganz nebenbei auch Männlichkeit und die Rolle als Mann in der Gesellschaft hinterfragt, und hat ganz ohne Aufsehen zu erregen eine neue Art von Mann im Kinofilm etabliert. Mit Liberace geht er noch einen Schritt weiter und tut dies nebenbei noch recht vergnüglich und unterhaltsam. Er nimmt seine Charaktere ernst, beweist Respekt und lässt ihnen immer ihre Würde.

Selbst als Liberace am Ende an AIDS stirbt und ohne Make-Up und große Kostüme nichts weiter ist, als ein sterbender Mann — selbst dann gibt Soderbergh seine Menschlichkeit nicht auf.

(Festivalkritik Cannes 2013 von Beatrice Behn)

Liberace (2013)

Eigentlich sollte es diesen Film gar nicht geben. Eigentlich wollte Steven Soderbergh nach „Side Effects“ ja keinen Kinofilm mehr machen. Doch „Liberace“ ist ja auch kein Kinofilm, sondern ein TV-Film. Vielmehr handelt es sich hierbei um eine Auftragsarbeit für HBO und das Werk wird in den USA auch „nur“ im Fernsehen gezeigt werden.

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Meinungen

Ulrike M, Hug · 15.12.2013

Ich fand den Film super...Nur Ausschnitt bei der Schönheits OP...
wo Blut geflossen ist... da musste ich weg schauen... Das kann ich nicht mit ansehen... Alles Liebe Ulrike

H.J. · 10.10.2013

Endlich mal ein Film von Anfang bis Ende großartig...die Kritiken sind zu Recht des Lobes über diesen wunderbaren Film. Michael.Douglas ist einmalig in seiner Rolle des Liberace.

Manni · 10.10.2013

Ein großartiger Film-schauspielerisch wunderbar...ein Film den man gesehen haben muß.Michael Douglas und Matt Damon auf dem Höhepunkt Ihrer Laufbahn-Oscarverdächtigt.

Franzien · 03.10.2013

Dieser Film ist unfassbar überwertet. Die Geschichte setzt ein, als Liberace schon auf dem Gipfel des Erfolges angekommen ist. Man erfährt nichts über seine Kindheit, wie er sich entschied Entertainer zu werden statt ein "ernstzunehmender" Konzertpianist. Der Film ist eigentlich die Geschichte des Lovers, der von Matt Damon gespielt wird. Und dann geht es auch nur um die "Liebesbeziehung". Und dabei geht es um Bling Bling und Sex. Der Film hat meiner Meinung nach nichts tiefgängiges. Es ist die reine plakative Darstellung zweier Charaktere. Eine Geschichte gibt es nicht wirklich. Ich habe mich 2 1/2 Stunden todgelangweilt und frage mich die ganze Zeit, was die wohlwollenden Kritiker gesehen habe, dass ich nicht gesehen habe. Meine Empfehlung, warten bis die DVD kommt...