Kleine Tricks

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

Auf der Suche nach dem verlorenen Vater

In einem verschlafenen polnischen Dorf lässt sich der siebenjährige Stefek durch die Sommerferien treiben. Es sind keine großen Abenteuer die er erlebt, vielmehr sind es die kleinen Dinge, die ihn ver- und bezaubern, und sein Kosmos ist eine Welt des Staunens und Entdeckens. Dabei geht es um Zinnsoldaten, kindlichen Genuss von Südfrüchten und der Entdeckung seines verschollenen Vaters, den er mit kleinen Tricks zurück zu seiner Mutter bringen will.
Für die kindliche Fantasie Stefeks (Damian Ul) gibt es scheinbar nichts, was seine Neugier nicht wecken würde. Sei es, dass er Stunde um Stunde am verschlafenen Bahnhof verbringt und Experimente mit seinen Zinnsoldaten zwischen, vor und auf den Bahngleisen macht, sei es, dass er einem Straßenhändler dazu verhilft, seine gesamte Apfelkollektion zu verkaufen, oder dass er mit dem Freund seiner Schwester Elka (Ewelina Walendziak) einen Motorradausflug macht. Nichts ist vor seiner kindlichen Neugier gefeit, alles wird begutachtet und detailliert unter die Lupe genommen. Selbst der Taubenschlag wird zum Abenteuerplatz, wenn Stefek versucht, hinter das unerklärliche Geheimnis der Vögel zu kommen, das scheinbar nur sein Großvater kennt. Auch die 18-jährige Elka entdeckt das Universum der Welt, indem sie neben ihrem Tellerwäscherjob fleißig Italienisch lernt, um einen besser bezahlten Job zu bekommen. Ihr Verehrer Jerzy (Rafal Guzniczak) lässt hingegen nichts unversucht, um ihr auf zurückhaltende Art und Weise den Hof zu machen, und Dank seines Charmes, seines störrischen Motorrades und seiner PS-starken Leihautos gewinnt er bald ihr Herz. Während Elka zwischen Abwasch, Vorstellungsgespräch und Vokabelpauken hin- und hereilt und Jerzy schrottreife Autos wieder zum Leben erweckt, macht Stefek eine lang ersehnte Entdeckung auf dem Bahnhof. Ein Berufspendler, den er nun schon seit einiger Zeit beobachtet, muss sein Vater sein. So will es jedenfalls Stefek, und die Gelegenheit scheint günstig, als dieser seinen Zug verpasst. Schnell gelingt es dem Jungen das Vertrauen des Mannes zu erlangen und einer Zusammenführung mit seiner Mutter scheint nichts mehr im Weg zu stehen …

Der polnische Regisseur Andrzej Jakimowski hat mit Kleine Tricks ein großartiges Meisterwerk geschaffen, das bisweilen an die verträumten Abenteuer der fabelhaften Welt einer Amélie erinnert. Kauzige Gewohnheiten der Protagonisten werden liebevoll und scheinbar zufällig von der Kamera eingefangen, die, wenn zwar nicht dokumentarisch, so doch sehr realistisch arbeitet. Jakimowski hat seinen Schauspielern oft suggeriert, dass eine Szene noch nicht im Kasten sei, da er die Unmittelbarkeit eines spontanen Momentes einfangen wollte. Tatsächlich hat man als Zuschauer oft das Gefühl, dass Einstellungen wie mit einer versteckten Kamera aufgenommen worden sind, die die Schauspieler dezent in ihrer fiktiven Realität begleitet. Auch die Entscheidung des Regisseurs, mit Laiendarstellern zu arbeiten, bringt dem Film eine Prise Authentizität, als sei die Geschichte aus dem wahren Leben gegriffen. Besonders beeindruckend ist der kleine Damian Ul, der in der Rolle des Stefeks innerhalb des Filmes eine großartige Wandlung vornimmt. Er schlüpft in seine Figur, als wäre er selbst Stefek, der mit Zinnsoldaten, Wassermelonen und kindlichen Schwüren die Welt der Erwachsenen erobert. Auch Ewelina Walendziak sorgt als Elka mit ihrem spröden Charme für einige schauspielerische Überraschungen, während Rafal Guzniczak als Jerzy längst nicht mehr als Laiendarsteller betrachtet werden kann, hat er doch bereits in Jakimowskis Spielfilmdebüt „Bitte blinzeln!“ aus dem Jahr 2003 sein Schauspieltalent unter Beweis gestellt. Die Fachwelt ist sich jedenfalls einig über Kleine Tricks: Ausgezeichnet in Venedig, Gdynia und Tokyo, wurde der Film auch für den Auslands-Oscar nominiert.

Kleine Tricks ist ein Film, der mit viel Witz, Verve und unglaublichem Einfallsreichtum inszeniert wurde, der eine kleine Geschichte großartig erzählt, der den Nachbarstaat Polen in einem ganz neuen Licht erscheinen lässt, und der die unschuldigen Momente der Kindheit wieder in Erinnerung bringt. Magisch, humorvoll und auf fabelhafte Weise einmalig!

Kleine Tricks

In einem verschlafenen polnischen Dorf lässt sich der siebenjährige Stefek durch die Sommerferien treiben. Es sind keine großen Abenteuer die er erlebt, vielmehr sind es die kleinen Dinge, die ihn ver- und bezaubern, und sein Kosmos ist eine Welt des Staunens und Entdeckens. Dabei geht es um Zinnsoldaten, kindlichen Genuss von Südfrüchten und der Entdeckung seines verschollenen Vaters, den er mit kleinen Tricks zurück zu seiner Mutter bringen will.
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Meinungen

Christian aus Gi. · 28.08.2009

Endlich ein Film aus Polen der nicht über Huren und Dieben handelt.Trostlosigkeit kann auch schön erzählt oder gezeigt werden.Hoffe auf mehr....

Begeisterte · 27.07.2009

Einer der Filme, der lange in Erinnerung bleibt. Einer zum Wiedersehen.
Wunderschöne Bilder, tolle Musik und wunderbare gar nicht so kleine Tricks. Spiel mit der Zeit - Kieslowski - und vielleicht Lola rennt.

unbekannt · 25.07.2009

Eine sehr schön erzählte Geschichte - ohne jeglichen 'Schmus' oder 'Kitsch'. Mir hat der Film sehr gut gefallen.