Im Reich der Affen

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Alleinerziehend im Dschungel

Besorgte Mütter, verspielte Kinder und Väter, die mit Kämpfen oder Regieren beschäftigt sind, stehen im Zentrum der Tierfilme von Disneynature. Die als „True Life Adventures“ bezeichneten Dokumentarfilme wie Im Reich der Raubkatzen, Schimpansen oder Bären erzählen emotionale Geschichten über Tiere, die in der Wildnis leben. Die Protagonisten erhalten Namen und führen in Analogie zu menschlichen Charakteren durch eine Handlung mit dramatischem Spannungsbogen. In Im Reich der Affen geht es um das schwere Los einer Alleinerziehenden. Ähnlich wie die Single Moms in der Menschenwelt muss sie sich mächtig anstrengen, um über die Runden zu kommen.
Das Makaken-Weibchen Maya ist ein regelrechter Underdog in ihrer kleinen Kolonie im Urwald Sri Lankas: Von Geburt an steht sie in der Rangordnung der Gruppe ganz unten, was auch wörtlich zu verstehen ist. So sind die oberen Baumregionen mit den reifsten Früchten für den Clanchef und seine drei Frauen, die als die „grimmigen Schwestern“ vorgestellt werden, reserviert. Auf Maya dürfen hingegen, wenn sie Mittagsschlaf halten will, sogar die kleinen Äffchen ranghöherer Eltern herumturnen. Die unerbittliche Hierarchie in dieser Affengruppe inspiziert Im Reich der Affen unter der Regie der beiden renommierten britischen Naturfilmer Mark Linfield (Schimpansen, Unsere Erde) und Alastair Fothergill (Schimpansen, Bären). Sie erweist sich nicht als unumstößlich: Maya schafft es im Verlauf des Films, die soziale Leiter bis an die Spitze zu erklimmen. Ihre Erfolgsgeschichte scheint den von Menschen gerne gepflegten Glauben eindrucksvoll zu bestätigen, dass man alles erreichen kann, wenn man sich nur genug anstrengt.

Maya erträgt ihr freudloses Dasein lange Zeit ergeben, bis zu den Klängen von „What a Man“ ein gut gebauter Jüngling des Weges kommt. Er macht ausgerechnet ihr schöne Augen und schafft es noch schnell, sie zu schwängern, bevor ihn der Clanchef verjagt. Um ihr Söhnchen Kip ernähren zu können, muss Maya nun mehr als gewohnt futtern. Weil die „grimmigen Schwestern“ alle Leckerbissen für sich beanspruchen, treibt sie der Hunger zu abenteuerlichen Streifzügen in die weitere Umgebung. Einmal taucht sie sogar mit Kip, der sich an sie festklammert, in ein Gewässer, um sich die nahrhaften Samenkapseln der Seerosen zu angeln. Das wird in spektakulären Unterwasseraufnahmen festgehalten. Ein weiterer visueller Höhepunkt ergibt sich am Tag, als die geflügelten Termiten ihre Hügel verlassen und die Makaken mit ausgestreckten Armen herumspringen, um reiche Beute zu machen. Schon das Territorium dieser Affen ist malerisch, denn sie bewohnen einen kleinen Felsenberg und durchstreifen die benachbarte Ruine einer Tempelanlage, deren Türme die Baumkronen des Dschungels überragen.

Schließlich kehrt Mayas Lover überraschend zurück, aber auch er kann nicht verhindern, dass die Makaken des Felsenbergs von einer rivalisierenden Gruppe vertrieben werden. Dieser gehören richtige Haudegen mit von Blessuren entstellen Gesichtern an. Die Besiegten machen sich auf die Suche nach einer neuen Heimat, angeführt von Maya. Für eine solche Expedition besitzt sie nämlich viel mehr Know-how als die verwöhnten „grimmigen Schwestern“ oder selbst der angeschlagene Clanchef.

Der Film wird der hohen visuellen Qualität der Vorgängerfilme bei Disneynature gerecht. Nur die natürliche Geräuschkulisse des Dschungels kommt wegen der üppigen Filmmusik viel zu kurz. Die Kamera begleitet die hungrigen, heimatlos gewordenen Makaken sogar auf Stippvisiten ins Reich der Menschen. Die Tiere stibitzen Lebensmittel auf dem Markt einer Großstadt und freunden sich neugierig mit einem Hund an. So entstehen einige der lustigsten Szenen des Films. Die Kommentare der weiblichen Erzählstimme wirken angenehm informativ. Dennoch durchzieht ein ernster, oft sogar bitterer Ton Mayas Abenteuer und am Schluss wird es sogar ziemlich pathetisch mit der Würdigung ihrer tapferen Leistung als Mutter. Alles in allem empfiehlt sich Im Reich der Affen vor allem als visuell aufregende Expedition in einen unbekannten Lebensraum.

Im Reich der Affen

Besorgte Mütter, verspielte Kinder und Väter, die mit Kämpfen oder Regieren beschäftigt sind, stehen im Zentrum der Tierfilme von Disneynature. Die als True Life Adventures bezeichneten Dokumentarfilme wie Im Reich der Raubkatzen, Schimpansen oder Bären erzählen emotionale Geschichten über Tiere, die in der Wildnis leben. Die Protagonisten erhalten Namen und führen in Analogie zu menschlichen Charakteren durch eine Handlung mit dramatischem Spannungsbogen.
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