Ich & Orson Welles

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Theaterdonner und Geniestreiche

Mitte der 1930er Jahre befindet sich der New Yorker Theatre District in Manhattan in seiner Blütezeit. Unter den vielen hoffnungsvollen Talenten, die sich in jener Zeit auf den Bühnen tummeln und auf ihrer große Chance warten, ist der gerade 22 Jahre alte Schauspieler und Regisseur Orson Welles, Gründer des legendären Mercury Theatre, das sicherlich vielversprechendste Talent und bereits jetzt eine kleine Legende, deren Durchbruch nur noch eine Frage der Zeit ist. Wie die Geschichte weiß, wird die bevorstehende Inszenierung von Shakespeares’ Julius Cäsar der Ausgangspunkt des unaufhaltsamen Aufstiegs von Welles sein. Und genau hier setzt die Story ein, die Richard Linklater in seinem Film Ich & Orson Welles mit leichter Hand und viel Charme auf die Leinwand bringt.
Obwohl Orson Welles (überzeugend gespielt von Christian McKay) erst am Anfang seiner Laufbahn steht, ist er doch bereits ein Tycoon und Theatertyrann wie aus einem Hollywood-Film – gleichwohl einer mit Eloquenz, Charme und unübersehbarem Charisma. Linklater zeichnet den Regisseur als einen notorischen Schürzenjäger, dessen Genialität lediglich von seiner Rücksichtslosigkeit übertroffen wird. Beseelt von seiner künstlerischen Vision und der festen Überzeugung, mit seiner Inszenierung Bahnbrechendes zu schaffen, kennt Welles weder Loyalität noch moralische Skrupel und treibt seine Truppe mit fiesen Tricks und der Bestimmtheit eines Diktators zu immer neuen Höchstleistungen an.

In den Bann des gewieften Verführers gerät auch der 17-jährige Richard Samuels (Zac Efron), dessen darstellerisches Talent von Welles sofort erkannt wird. Für Richard beginnt die vielleicht aufregendste Zeit seines Lebens: Durch die Begegnung mit dem reinen Genius fühlt er sich in seinen eigenen künstlerischen Ambitionen bestätigt. Und zum Rausch des Applauses auf der Bühne gesellen sich die Freuden der ersten Liebe. Beides wird zwar nicht von Dauer sein, doch die Zeit mit Orson Welles gibt ihm eine Ahnung davon, wie das Leben sein kann.

Geschickt vermengt Ich & Orson Welles historische Realitäten mit reiner Fiktion und gewährt dank funkelnder Dialoge und einem bestens aufgelegten Ensemble einen faszinierenden Einblick in die Welt des Theaters und in das Leben eines wahrhaft besessenen Genies.

Das Schöne an diesem Film: Man kann Ich & Orson Welles durchaus sehr genießen, wenn man nicht vertraut mit den Details von Welles’ wechselhafter Karriere ist. Dank Linklaters leichtfüßiger Regie und einem stimmigen Drehbuch (Holly und Vince Palmo), das auf einem Roman von Robert Kaplow beruht, gelingt das Kunststück, eine reale Schlüsselepisode aus dem Leben des Regisseurs nachzuzeichnen, die zwar in dieser Konstellation frei erfunden ist, die man sich aber durchaus so vorstellen kann. Welles als sanfter Despot und unersättlicher Verführer, als Genie und zwielichtiger Manipulator – das kommt vielem, was die Biographen über den Schöpfer von Citizen Kane schreiben, verdammt nahe.

Dennoch gerät der charmante Film über die Welt des Theaters nicht zum Einmannstück, weil dieser Orson Welles starke Widersacher an die Seite gestellt bekommt – allen voran Zac Efron, dem wohl kaum jemand solch eine Rolle zugetraut hätte. Wie er dem übermächtigen Theatergott Paroli bieten will und zugleich doch keine Chance hat gegen dessen Charisma und Verführungskunst, das hat Klasse und lässt für Efrons weitere Karriere einiges erhoffen. Vielleicht ist das die eigentliche Überraschung an diesem Film, der auf leichte, aber niemals banale Weise bestens unterhält.

Ich & Orson Welles

Mitte der 1930er Jahre befindet sich der New Yorker Theatre District in Manhattan in seiner Blütezeit. Unter den vielen hoffnungsvollen Talenten, die sich in jener Zeit auf den Bühnen tummeln und auf ihrer große Chance warten, ist der gerade 22 Jahre alte Schauspieler und Regisseur Orson Welles, Gründer des legendären Mercury Theatre, das sicherlich vielversprechendste Talent und bereits jetzt eine kleine Legende, deren Durchbruch nur noch eine Frage der Zeit ist.
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