Ich bin das Glück dieser Erde (2014)

Eine Filmkritik von Gregor Torinus

Der Tänzer und der Regisseur

Der mexikanische Filmemacher Julián Hernández ist ein Vertreter des Queer-Cinemas, der für seine Filme Mil Nubes — Liebessehnsucht (2003) und Raging Sun, Raging Sky (2009) bei der Berlinale mit dem Teddy-Award ausgezeichnet wurde. Der Autorenfilmer ist bekannt für seine Betonung der Bildästhetik und für seine langen Kameraeinstellungen. Diese Qualitäten zeichnen auch sein neueste Werk Ich bin das Glück dieser Erde aus. Dadurch, dass der eine Hauptdarsteller ein Balletttänzer ist, finden sich die Ästhetik und die fließenden Bewegungen des Tanzes auf natürliche Weise im Film. Darüber hinaus reflektiert Julián Hernández in der Person des Filmemachers Emiliano Arenales Osorio seine eigene Rolle als Regisseur innerhalb der Handlung des von ihm gemachten Films:

Der junge Balletttänzer Octavio (Alan Ramírez), kann wegen einer Knieverletzung nicht beim Dreh des Dokumentarfilms über die Tänzerin und Choreografin Gloria Contreras (spielt sich selbst) und ihre Ballettklasse mittanzen. Dafür lernt er Emiliano (Hugo Catalán), den Regisseur des Films, kennen und verliebt sich heftig in ihn. Emiliano scheint Octavios Gefühle zu erwidern. Doch von einem Tag auf den anderen meldet er sich nicht mehr bei ihm. Octavio tröstet sich bei einem Dreier mit zwei Freundinnen. Es folgt ein weiterer Dreier mit zwei bisexuellen Männern und einer Frau. Die Szene könnte eine Fantasie oder ein Film im Film sein. Anschließend geht die Handlung aus Emilianos Perspektive weiter. Emiliano vergnügt sich mit dem Stricher Jazen (Emilio von Sternenfels). Zunehmend vermischen sich Traum und Realität, Realität und Film.

An einer Stelle im Film sagt Octavio, dass er gemeinsam mit ein paar Freunden den Film von Emiliano im Kino gesehen hat. Ihm selber habe der Film gut gefallen, doch die anderen fanden ihn nur scheiße. Darauf erwidert Emiliano, dass es sich um einen Arthouse-Film handle. Als ein solcher sei er eben lang und es werde nur wenig gesprochen. In dieser Szene bündelt sich vieles, dass den Film Ich bin das Glück dieser Erde ausmacht. Natürlich bezieht sich der Kommentar in erster Linie auf den Film selbst. Er zeigt die selbstreflektive Ebene von Julián Hernández neuestem Werk auf. Man hat dabei jedoch das ungute Gefühl, der Regisseur müsse sich für seinen eigenen Film rechtfertigen bzw. ein Statement abgeben, was er von denen hält, die seine Kunst nicht zu schätzen wissen.

Ich bin das Glück dieser Erde ist ganz klar ein Film, der sein Publikum spalten wird, denn die oben genannten Eigenschaften eines Arthouse-Films treffen auf diesen Film selbst ganz sicherlich zu. Hochästhetisch sind die minimalistischen Bildkompositionen, wunderschön eingefangen sind die fließenden Bewegungen schöner Körper beim Tanzen und beim Sex. Dabei sind die Kameraeinstellungen oftmals quälend lang. Vieles wirkt maniriert. Manchmal wähnt man sich fast in einem trendigen metrosexuellem Kunstporno. Geredet wird tatsächlich sehr wenig. Doch noch viel mehr bleibt bis zum Schluss unklar.

Ist Octavio bi oder lässt er sich bloß von zwei Frauen verführen, da er gerade einsam und unglücklich ist? Zuvor erschien der Tänzer wie die Sonne im Leben des chronisch unzufriedenen Emilianos. Der ist jedoch ein emotionaler Stein, der angesichts seiner für Octavio aufkeimenden Gefühle erschrickt. Lieber verlässt er sich auf das Glück, das er sich kaufen kann: Strichjungen, Alkohol und Pillen. Doch am Ende des Tages guckt er bloß dumm in die Röhre, wo eine heimliche Aufzeichnung seines letzten gekauften Ficks läuft.
 

Ich bin das Glück dieser Erde (2014)

Der mexikanische Filmemacher Julián Hernández ist ein Vertreter des Queer-Cinemas, der für seine Filme „Mil Nubes — Liebessehnsucht“ (2003) und „Raging Sun, Raging Sky“ (2009) bei der Berlinale mit dem Teddy-Award ausgezeichnet wurde. Der Autorenfilmer ist bekannt für seine Betonung der Bildästhetik und für seine langen Kameraeinstellungen. Diese Qualitäten zeichnen auch sein neueste Werk Ich bin das Glück dieser Erde aus.

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