Heute bin ich Samba (2014)

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Ein ziemlich bestes Paar

Eine Partyszene wie in La grande bellezza oder Der große Gatsby steht am Anfang des französischen Films Heute bin ich Samba von Olivier Nakache und Eric Toledano. Die Kamera führt jedoch schnell hinter die Kulissen dieser rauschenden Hochzeitsfeier. Dort steht Samba (Omar Sy) an der Geschirrspülmaschine und kümmert sich um die dreckigen Teller. Seit zehn Jahren lebt der Senegalese in Frankreich – illegal. Nun hat er die Chance, einen festen Vertrag als Koch zu erhalten, deshalb bewirbt er sich um eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung und landet in Abschiebehaft. Dort lernt er Alice (Charlotte Gainsbourg) kennen, die ehrenamtlich bei einer Organisation arbeitet, die sich um Ausländer in Frankreich kümmert.

Im Mittelpunkt des Films stehen – wie der Titel bereits suggeriert – Samba und sein Leben in Frankreich. Er wird nicht abgeschoben, sondern mit einem Papier freigelassen, das verlangt, dass er sofort Frankreich verlassen soll. Dadurch ist seine Situation noch schwieriger geworden als sie in den zehn Jahren zuvor war. Er kann nicht arbeiten, kein Geld nach Hause schicken, darf nicht auffallen und muss mindestens ein Jahr warten, ehe er wieder eine Arbeitserlaubnis beantragen kann. Die Angst vor Entdeckung begleitet ihn ständig, schließlich gibt es ihm sein Onkel seinen Ausweis, damit er unter falschen Namen arbeiten kann. Damit macht der Film in familientauglicher Manier auf die schwieriger Situation illegaler Einwanderer und die paradoxe rechtliche Lage aufmerksam, ohne jedoch allzu tief in die Problematik einzudringen. Von Anfang an ist Samba als ein freundlicher Mann angelegt, der gerne Witze reißt und versucht, seinem Leben positive Seiten abzugewinnen. Dadurch wird die Leichtigkeit, mit der die Einwanderungsthematik behandelt wird, im Ansatz erklärt. Jedoch können die Regisseure auch nicht widerstehen, aus Sprachbarrieren und bürokratischen Hindernissen Witze werden zu lassen. Sicher ist insbesondere die Szene, in der ein Übersetzter den arabischen Wortschwall eines Hilfesuchenden mit jeweils zwei bis drei Worten übersetzt komisch, auch ist die Punchline – er übersetzt den emotionalen Ausbruch Alices ebenfalls mit drei Worten – gut getimt. Es ist jedoch ein Lachen, dem das unschöne Gefühl beiwohnt, dass die Situation an sich einfach nicht komisch ist.

Wie in ihrem Erfolgsfilm Ziemlich beste Freunde steht im Mittelpunkt des Films Heute bin ich Samba eine ungleiche Freundschaft. Samba und Alic begegnen sich immer wieder im Verlauf des Films, freunden sich an und Samba erfäht auch mehr über ihr Leben. Alice hatte einen Burnout, war in Behandlung und ist noch krank geschrieben. Zuvor hat sie nur gearbeitet, sich von Ziel zu Ziel gehangelt und dabei vergessen zu leben, bis sie nichts mehr empfinden konnte. In diesen Gespräch von Samba und Alice werden die Situationen gut in Beziehung zueinander gesetzt: Auch Samba hat in den vergangenen Jahren nur gearbeitet, stets in Angst vor der Entdeckung, aber getrieben von dem Wunsch, Geld für ein besseres Leben zu haben. Gefühle hatte er – vor allem Angst. Da erscheint Alices Lage fast als Luxus, aber Eric Toledano und Olivier Nakache begehen nicht den Fehler, ihre Schwierigkeiten zu relativieren. Vielmehr wird sehr deutlich, wie verschiedenen die Ausgangssituation und damit auch die Schwierigkeiten sind. Außerdem liefert der Film hier auch einen sehr lustigen Verweis: Alice erzählt, dass Burnouts meist mit einem Exzess in Alkohol, Drogen oder Sex gestillt werden. Auf Sambas Frage, was sie gewählt habe, antwortet sie Sex – und pausiert kurz, damit Heute bin ich Samba und die Nymphomaniac-Zuschauer diesen Moment zu würdigen wissen –, um dann aufklären, dass Exzess nicht ihre Sache sei.

Olivier Nakache und Éric Toledano vertrauen nicht nur erneut auf das Potential eines ungleichen Paares, sondern auch auf die Mischung aus Komödie und Rührung, die Ziemlich beste Freunde erfolgreich gemacht hat. Allerdings geraten viele Szenen hier zu lang, auch sind manche Momente zu rührig und die Handlung insgesamt zu vorhersehbar. Dass Heute bin ich Samba dennoch unterhaltsame Momente hat, ist daher vor allem den Hauptdarstellern zu verdanken, die aus ihren Rollen Charaktere machen, die man mögen muss.
 

Heute bin ich Samba (2014)

Eine Partyszene wie in „La grande bellezza“ oder „Der große Gatsby“ steht am Anfang des französischen Films „Heute bin ich Samba“ von Olivier Nakache und Eric Toledano. Die Kamera führt jedoch schnell hinter die Kulissen dieser rauschenden Hochzeitsfeier. Dort steht Samba (Omar Sy) an der Geschirrspülmaschine und kümmert sich um die dreckigen Teller. Seit zehn Jahren lebt der Senegalese in Frankreich – illegal.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Lilo · 15.04.2015

Sehr schöner vielschichtiger Film. Schwierige Fragen werden differenziert behandelt. Hervorragende schauspielerische Leistung, tief engagiert gespielt, auch die Nebenrollen .Excellente Szenengestaltung und Kameraführung. Dadurch hat man den Eindruck , selber mitten in der sozialen Situation zu stehen. Es ist unmöglich, sich zu distanzieren. Wegen lustiger Einlagen nie zu schwer und belastend- absolute Empfehlung.