Hello, I am David - Eine Reise mit David Helfgott

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Er will doch nur spielen

David Helfgott ist mit Sicherheit einer der ungewöhnlichsten Pianisten unserer Tage. Und möglicherweise ist er zugleich einer, der auch einem breiteren Publikum bekannt ist – zumindest wenn dieses Scott Hicks‘ Spielfilm Shine – Der Weg ans Licht gesehen hat, für den Geoffrey Rush 1997 mit den Oscar als bester männlicher Darsteller ausgezeichnet wurde. Darin ist zu sehen, wie sich David Helfgott in eine Nervenheilanstalt begibt, um seine schizoaffektive Störung zu behandeln. Elf Jahre verbringt er dort. Dann lernt er 1984 seine spätere Ehefrau Gillian Murphy kennen und wagt einen weiteren Anlauf als Pianist.
(Der reale) David Helfgott konnte dank der Hilfe und Unterstützung seiner fast 15 Jahre älteren Partnerin wieder an seine musikalische Karriere aus der Zeit vor dem Ausbruch seiner Krankheit anknüpfen und ist seitdem unermüdlich unterwegs auf den Konzertpodien der Welt. Und damit, so hat es den Anschein, hat der Mann endlich das erreicht, wonach er sich schon immer sehnte: Er kann sich endlich voll und ganz der Musik widmen.

Cosima Lange hat den Musiker und seine Frau im Rahmen einer Tournee begleitet. Herausgekommen ist ein sehr persönliches und dichtes Porträt eines ungewöhnlichen Menschen, der dank Langes sensibler Beobachtungsgabe niemals als „krank“ erscheint, sondern vielmehr als sympathisch-spleeniger, leicht exzentrischer Musiker mit einem unstillbaren Verlangen nach Coca-Cola und Tee. Dabei hat es die Filmemacherin nicht immer leicht, denn immer wieder sprengt David Helfgott den distanzierenden Rahmen der Kamera, indem er trotz heftiger Ermahnungen seiner Frau auf das Filmteam zueilt, um dieses zu begrüßen. Ein anderes Mal, wenn seine Gattin interviewt wird, lugt er verschmitzt wie ein Lausbub um die Ecke, was normalerweise für eine Wiederholung des Gesprächs hätte sorgen müssen. Bei Hello, I Am David gehören aber genau diese „Fehler“ ganz selbstverständlich zum Film dazu. Sie geben ihm und dem Porträtierten genau jenen Ton, der dessen Charakter so treffend beschreibt: Ein Mensch wie David Helfgott kennt Grenzen und zwischenmenschliche Kategorien nicht, er reißt sie mit einem Grinsen und einer Umarmung einfach ein und zeigt damit den (vermeintlich) „Normalen“, wie merkwürdig ihr Verhalten manchmal anmutet.

In seinem Wechsel aus langen Musikpassagen, in denen wir den Musiker tief versunken in seinem Spiel und unablässig mit sich selbst im Zwiegespräch sehen, Interviewszenen und beobachtenden Einstellungen aus dem Leben jenseits der Konzerte ergibt sich ein ganz eigenartiger Rhythmus und eine Struktur, die dem Lebensgefühl David Helfgotts vermutlich recht nahe kommen dürften. Auch das ist eine Qualität, die sich scheinbar nur beiläufig ergibt, die aber einiges zur Faszination beiträgt, die dieser Film ausstrahlt.

Die unübersehbare und in beinahe jeder Einstellung zu spürende Nähe zwischen der Regisseurin und dem Musiker ist eine der großen Stärken dieses Film – und zugleich auch eine seiner Schwächen: Wer Shine nicht gesehen hat oder den Lebensweg Helfgotts nicht genauer kennt, bekommt hier wenig Orientierung geliefert. Obwohl ein befreundeter Psychiater zu den Interviewten gehört, erfahren wir nahezu nichts über Helfgotts Krankheit, die gespielte Musik ist kaum je näher benannt und wird allenfalls im Abspann eindeutig identifizierbar. Das macht aus Hello, I Am David vor allem eine ideale Ergänzung für ein Doppelprogramm mit Shine – Der Weg ans Licht oder zu einer Angelegenheit, die sich vor allem an Fans des Pianisten richtet. So oder so zeigt Hello, I Am David aber nicht nur ein außergewöhnliches musikalisches Talent, sondern auch einen Menschen, von dessen überbordendem Optimismus und verschmitztem Spieltrieb sich manch einer noch etwas abschauen kann.

Hello, I am David - Eine Reise mit David Helfgott

David Helfgott ist mit Sicherheit einer der ungewöhnlichsten Pianisten unserer Tage. Und möglicherweise ist er zugleich einer, der auch einem breiteren Publikum bekannt ist – zumindest wenn dieses Scott Hicks‘ Spielfilm „Shine – Der Weg ans Licht“ gesehen hat, für den Geoffrey Rush 1997 mit den Oscar als bester männlicher Darsteller ausgezeichnet wurde.
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