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Auf den ersten Blick scheint Girl’s Trip genauso generisch, versaut und neurotisch, wie all die anderen Filme aus dem Subgenre der „Frauenfreundschaftskomödien“. Aber an diesem Film ist viel mehr dran, als die Kurzhandlung vermuten lässt. Man muss nur genau hingucken.

Girls Trip (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Wofür sind Freundinnen da?

Man könnte es sich einfach machen und denken, dass mit Girls Trip die nächste schablonenhafte Komödie über Frauen und ihre Freundschaften daherkommt, die gern auf Durchfall, Körperflüssigkeiten und Sex verweist. Und es stimmt. Die Parameter sind genau die gleichen, wenn man einmal davon absieht, dass die Frauen, die hier porträtiert werden, zur Abwechslung Afroamerikanerinnen sind. Doch so einfach ist es dann doch nicht mit diesem Film. Ein genaueres Hinschauen lässt ihn nämlich zu einem überraschend subversiven Werk werden. 

Vor einer Dekonstruktion bedarf es des Aufbaus der Grundbedingungen. Es gibt auch hier eine Frauenclique, beste Freundinnen, die sich bedingt durch Leben, Liebe und Arbeit nur noch recht selten sehen. Ryan (Regina Hall) ist die Erzählerin der Geschichte, ihrerseits erfolgreiche Autorin und Medienliebling, denn zusammen mit ihrem Ehemann Stewart (Mike Colter) ist sie eine Art perfektes Paar. Sie lädt ihre Freundinnen, die sie vor über einer Dekade an der Uni kennen- und lieben gelernt hat, zum Essence Festival ein, einem der wichtigsten afroamerikanischen Kulturereignisse, das im Fall dieses Filmes in New Orleans stattfindet. Dort trifft sie Sasha (Queen Latifah), eine Journalistin, die aber jetzt ein Online-Klatschmagazin betreibt und kurz vor der Pleite steht, Lisa (Jada Pinkett Smith), die als alleinerziehende Mutter so in ihrer Rolle verankert ist, dass sie „zwischen den Beinen schon Spinnweben hat“, und Dina (Tiffany Haddish), die noch immer genauso ist wie im College – im Guten wie im Schlechten. Die Rollenverteilung steht also fest und die Reise führt die Freundinnen auf einen Trip, der sie, ganz den Gesetzmäßigkeiten des Genres entsprechend, durch einige Abenteuer inklusive Alkohol, Sex und Körperflüssigkeiten wieder hin zu ihrer gemeinsamen Freundschaft bringen soll. So weit, so üblich. 

Doch hier hat sich schon ein Element eingeschlichen, das alles zum Wanken bringt. Sind in allen anderen Filmes dieses Genres die Frauen doch weiß. Natürlich mit der Ausnahme der einen nicht-weißen Frau für die Quote. Sei es Maya Rudolph in Brautalarm oder Zoë Kravitz in Girls’ Night Out, die nicht-weißen Frauen sind immer in der Minderzahl, die erzählten Erfahrungswelten immer weiß und damit frei von jeglichen Spannungen, die aufgrund dieser ethnischen Unterschiede entstehen. Es wird einfach immer so getan, als mache Hautfarbe keinen Unterschied. Girls Trip macht damit Schluss und verbannt die weißen Frauen an den Rand der Kadrierung. Sie sind noch da, aber nehmen den undankbaren Platz ein, der sonst für Nicht-Weiße gedacht ist. Sie halten die Klappe, sie haben keine Macht und kaum Handlungsspielraum und sind nicht relevant. Doch damit nicht genug. Der Film macht klar, dass er zwar teilweise universell, aber eben auch dezidiert afroamerikanisch ist: explizit, indem er das Thema anspricht, und implizit mit einer absolut unmissverständlichen Haltung, die diese Frauen zeigt, ohne sie jemals der Demütigung auszusetzen, dass sie sich und ihre Existenz erklären müssen. Ohne sie zu verdrängen, weiß zu waschen oder sie irgendeinem anderen Mechanismus auszusetzen, den das Mainstream-Kino gern anwendet, um diese Menschen, vor allem diese Frauen, letztendlich doch klein zu machen oder abzuwerten. Allein um das zu sehen, lohnt sich der Gang ins Kino. 

Doch das ist nicht alles. Zwar plätschert dieser Film nach der Exposition eine ganze Weile scheinbar banal und generisch daher, so dass man schon fast den Mut verlieren möchte. Doch dann holt Girls Trip den Pokal nach Hause, indem er sich ganz bewusst seiner eigentlichen Kraft besinnt. Diese Frauen und ihre Freundschaften sind nicht einfach nur Drehbuch-Gimmicks, um so viel raunchy comedy wie möglich zu generieren. Dies sind keine Frauen, die sich für den Schauwert ausstellen und für das Vergnügen des Zuschauers gegenseitig zerfleischen, bis sie am Ende eine halbseidene Wiedergutmachung erleben. Nein, diese Freundschaften sind so ehrlich und kompromisslos wie der gesamte Film. Und das zeigt sich schon darin, dass die anfangs etablierten Rollen zwar bis zum Ende durchgezogen, aber stets hinterfragt und gelegentlich sogar auf schmerzhafte Art dekonstruiert werden. Genau wie ihr Feminismus und Kampf um Emanzipation. So ist es vor allem Ryan, die Vorzeigefrau, die alles kriegen kann, wenn sie es nur will, die doch selbst wieder in alte unterwürfige Muster geraten ist und nur eine Fassade aufrechterhält, die nach Emanzipation aussieht. Und hier sind es eben, wie im richtigen Leben, ihre Freundinnen, die ihr helfen, dort heraus und zu sich zurückzufinden. Denn Freundschaften mögen nicht immer perfekt sein, sie mögen nicht mal ewig halten, doch sie sind ein Ankerpunkt im Leben eines jeden, der zumindest daran erinnert, wer man eigentlich mal war und was man wollte. Und mehr versucht Girls Trip letztendlich auch nicht zu sein. Sie lieben und sie nerven sich. Und sie geben einfach ihr Bestes, auch wenn es nicht immer viel sein mag. 
 

Girls Trip (2017)

Vier Freundinnen reisen nach New Orleans zum alljährlich dort stattfindenden „Essence Music Festival“. Es werden wilde Tage voller Tanz, Alkohol und Liebe, die sie dort erwarten.

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