Finnisches Blut, schwedisches Herz

Eine Filmkritik von Sonja Hartl

Die Finnen in Schweden

Die Arbeitsemigration der Finnen nach Schweden ist ein Thema, das weder in Filmen noch Büchern allzu oft behandelt wird. Mittlerweile sind die in Finnland lebenden Schweden ebenso wie in Schweden lebende Finnen zwar als Minderheit anerkannt, die Schwierigkeiten im Alltag, die kaum vorhandene Integrationsunterstützung und nicht zuletzt ihre eigenständige Kultur werden jedoch nur selten gezeigt. In seinem Film Finnisches Blut, schwedisches Herz erzählt Mika Ronkainen nun von der Reise eines Vater-Sohn-Gespanns in die schwedische Vergangenheit.
Kai Latvatetho ist ein Finne, der in Schweden groß geworden ist. Im Alter von zwei Jahren ist er damals mit seinen Eltern nach Schweden gezogen, acht Jahre später entschied sein Vater Tauno, dass sie wieder zurück nach Finnland gehen. Seine Kindheit war geprägt von einer Nicht-Zugehörigkeit, er fühlte sich weder als Schwede noch als Finne, sondern beständig als Außenseiter. Deshalb stand der Gitarrist und Mitbegründer der Band Aknestik jahrelang auf der Bühne und hat finnischen Rock gespielt – der größte Hit der Band scheint das Lied „Suomirokkia“ („Finn Rock“) zu sein –, doch seit sein Sohn geboren ist, bemerkt Kai immer stärker eine innere Lücke. Deshalb will er nicht mehr „Finn-rock in the town centre / Finn-rock in the afternoon“ spielen, sondern macht sich im Alter von 40 Jahren mit seinem Vater Tauno auf eine Reise von Finnland nach Schweden.

Auf ihrer Tour treffen Kai und Tauno alte Bekannte und vertraute Orte, sie begegnen Finnen, die in Schweden geblieben sind und sprechen über deren Kultur und Selbstverständnis. Gleichzeitig kommen sich Vater und Sohn allmählich näher. Vor allem während der Autofahrten sprechen sie über vergangene Geschichten und ihre Gefühle, so dass Kai erstmals erfährt, warum seine Familie damals nach Schweden auswanderte und schließlich nach Finnland zurückkehrte. Allmählich findet Kai zu sich selbst, ohne dass es große kathartische Momente gibt – wenngleich die Bilder es manchmal andeuten wollen. Vielmehr scheint Kai sich wie einer seiner Jugendfreunde damit abzufinden, dass eine gewisse Lücke im Inneren bleiben wird und es vielleicht gerade das Außenseitertum ist, das ihn ausmacht.

Diese persönliche Geschichte Kais verbindet Filmemacher Mika Ronkainen in Finnisches Blut, schwedisches Herz mit Erfahrungen anderer Finnen, die von ihren Erlebnissen und Eindrücken erzählen. Immer wieder wird das schwierige Verhältnis zum Alkohol angesprochen, Kais Vater ist seit fünf Jahren nüchtern, doch Kai erinnert sich noch an einige Erlebnisse mit seinem betrunkenen Vater und anderen besoffenen Finnen. Darüber hinaus spiegeln insbesondere die beständig einmontierten Sequenzen mit Liedern von finnischen Musikern die Gefühle und Erfahrungen wider, die Kai und viele andere nach Schweden ausgewanderte Finnen geprägt haben. Denn letztlich sind Kai und sein Vater nur zwei der vielen Finnen, die in den 1970er Jahren mit der Familie nach Schweden gingen, da die Eltern auf ein besseres Leben und eine gute Anstellung hofften. Das meist als Vorzeigeland geltende Schweden hat ihre Integration jedoch kaum befördert, stattdessen gingen die Kinder beispielsweise auf eine separate Schule und die Väter hatten Schwierigkeiten, ihren Lohn rechtzeitig zu erhalten.

Deshalb liefert das dokumentarische Road Movie Finnisches Blut, schwedisches Herz einen gelungenen Einblick in ein wenig beachtetes Kapitel finnisch-schwedischer Geschichte und überzeugt vor allem dank der Authentizität des Vater-Sohn-Gespanns und der passenden Musik. Außerdem gelingt es Mika Ronkainen und seinen Protagonisten in all der Emotionalität immer wieder, den trockenen Humor einzustreuen, für den die Finnen ja bekannt sind.

Finnisches Blut, schwedisches Herz

Die Arbeitsemigration der Finnen nach Schweden ist ein Thema, das weder in Filmen noch Büchern allzu oft behandelt wird. Mittlerweile sind die in Finnland lebenden Schweden ebenso wie in Schweden lebende Finnen zwar als Minderheit anerkannt, die Schwierigkeiten im Alltag, die kaum vorhandene Integrationsunterstützung und nicht zuletzt ihre eigenständige Kultur werden jedoch nur selten gezeigt.
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Meinungen

Reinhard · 12.07.2015

Großartiger Film, großartig erzählt, großartig gestrickt, großartig in Szene gesetzt. Mit Sagalandet von Jan Troell einer meiner skandinavischen Lieblingsdokus