Due vite per caso

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Was, wenn man noch mal zurückspulen könnte?

Matteo ist Mitte Zwanzig. Sein ganzes Leben liegt noch vor ihm mit unendlichen Möglichkeiten zur Entfaltung. Sagt zumindest jeder. Matteo arbeitet als Gärtner, geht abends mit Freunden in die Bar, trinkt, flirtet, hat Spaß. Doch alles ändert sich als sich sein Freund Sandro eines Abends in den Finger schneidet. Matteo fährt in ins Krankenhaus. Unter einer unbeleuchteten Brücke knallt er versehentlich in einen Wagen. Keiner ist verletzt, doch es stellt sich heraus, dass das Auto ein Polizeiwagen ist und mit der Polizei legt man sich in Italien nicht an. Die Beamten in Zivil steigen aus und Matteos Leben ändert sich für immer. Beide Jungs werden fast krankenhausreif geschlagen und angezeigt. Matteo will sich das nicht gefallen lassen, doch die Hände sind ihm gebunden. Zum ersten Mal damit konfrontiert, dass ihm die Möglichkeit sein Leben selbst zu bestimmen genommen wird, macht ihn wütend. Zurückspul. Matteo fährt seinen Freund ins Krankhaus. Unter einer unbeleuchteten Brücke knallt er fast in einen Wagen, der zwei Polizisten in Zivil gehört. Aber eben nur fast. Die Polizisten steigen nicht aus, Matteo wird nicht verprügelt. Alles geht gut und das Leben geht weiter. Matteo bewirbt sich schließlich selbst bei der Polizei, da sein Job als Gärtner nicht genug Geld bringt. Doch während seine Ausbildung beginnt er zu bemerken, dass seine finanzielle Situation ihm die Möglichkeit sein Leben selbst zu bestimmen genommen hat. Und das macht ihn wütend.
Zwei Leben, zwei verschiedene Wege, doch das Problem bleibt das Gleiche. Die versprochenen Möglichkeiten zur Entfaltung bleiben aus, die daraus folgende Ohnmacht erschafft wütende junge Männer. Die Idee, die Due vite per caso zugrunde liegt, könnte brisanter und kontemporärer nicht sein. Sie trifft genau den Punkt und das Lebensgefühl vieler junger Menschen weltweit, die aus verschiedensten Gründen eben nicht die freie Generation sind, wie ihnen immer suggeriert wird. Die Erkenntnis, dass Freiheit versprochen wird, es aber stark an Möglichkeiten mangelt diese umzusetzen, hinterlässt Menschen wie Matteo, die mit der Enttäuschung nicht umgehen können und zu radikalen, mitunter gewalttätigen Mitteln greifen.

Leider ist die Umsetzung dieser Idee im Film mangelhat. Dass manche Werke mit parallelen Zeitstrukturen arbeiten, ist nicht neu. So muss man sich als Filmemacher gefallen lassen, mit seinen Vorgängern, die den gleichen Erzähltrick anwenden, vergleichen zu lassen. Und hier fällt der Film durch. Wenn man mit diversen Zeitebenen und Erzählsträngen hantiert, dann wird es meist chaotisch und es ist eine Kunst alle Fäden in der Hand zu behalten. Leider schafft das Due vite per caso nicht. Ein paar der Stränge verlieren sich in den Wirren, die Geschichte wird hier und da so unklar, dass man als Zuschauer raten muss und verunsichert ist, weil man schlichtweg den Faden verliert. So manche Nebenfigur verschwindet ebenfalls in diesem Chaos oder bleibt oberflächlich und unterentwickelt zurück. Auch wenn das Endprodukt noch immer interessant anzuschauen ist, so man mit einer stetigen Handkamera zurecht kommt, es bleibt leider weit unter dem Potenzial, dass die Geschichte eigentlich besitzt.

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