Die Zeugen

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Berlinale Wettbewerb

Es ist der Zufall, der die Protagonisten in André Téchinés Film Die Zeugen zusammenführt – ein verhängnisvoller Zufall, wie sich später herausstellen wird. Manu (Johan Libereau) ist gerade mit seiner Schwester (Julie Depardieu) aus der Provinz in Marseille angekommen und trifft dort auf Mehdi (Sami Bouajila), der als Bulle bei der Sitte arbeitet, dessen Frau Sarah (Emmanuelle Béart) und den schwulen Arzt Adrien (Michel Blanc). Während Manus Verhältnis zu Adrien – zu dessen Bedauern – rein platonisch bleibt, lässt er sich auf eine wilde Affäre mit Mehdi ein, es ist Sex, nicht Liebe, was die beiden für eine heftige kleine Weile zusammenführt.
Liebe, Sex und Beziehungen im heranbrechenden Zeitalter von AIDS, das ist das Thema von André Techinés neuem Film, der am Anfang in einer „Die schönen Tage“ benannten Episode wie ein temporeicher Reigen der Libertinage und bürgerlich-freizügigen Gesellschaft zu Beginn der 1980er daherkommt, bevor er schließlich unter der lapidaren Überschrift „Der Krieg“ die Krankheit, die zu diesem Zeitpunkt erst ihren Namen erhält, bei Manu ausbrechen lässt. Plötzlich ist alles anders, als Manu seltsame Flecken auf der Brust bekommt, Vorzeichen des AIDS-Ausbruchs, diese aber als Sonnenbrand abtut. Bei Mehdi kommt nun Panik auf und die Scham sowie die Angst treibt ihn weg von Sarah – aller Liberalität zum Trotz. Adrien hingegen nimmt den aussichtslosen Kampf auf und ist am Ende dann dazu verurteilt, ebenfalls nur ein Zuschauer zu sein, ein Zeuge des Sterbens Manus.

Die Zeugen ist fein beobachtet, doch wirklich überzeugen oder gar überwältigen kann auch dieser Film nicht, zu unaufgeregt und kühl-taxierend kommt er daher und zu weit weg erscheinen uns die Ereignisse aus den 1980ern. Und selbst wenn diese Menschen sich ähnlich verhalten, wie wir dies heute tun würde, also im überwiegenden Falle ruhig und vernünftig, von kleineren Ausbrüchen abgesehen, berühren sie nur selten und halten sich ebenso auf Distanz zum Sterben Manus wie den Zuschauer.

Die Zeugen

Es ist der Zufall, der die Protagonisten in André Téchinés Film „Die Zeugen“ zusammenführt – ein verhängnisvoller Zufall, wie sich später herausstellen wird. Manu (Johan Libereau) ist gerade mit seiner Schwester (Julie Depardieu) aus der Provinz in Marseille angekommen und trifft dort auf Mehdi (Sami Bouajila), der als Bulle bei der Sitte arbeitet, dessen Frau Sarah (Emmanuelle Béart) und den schwulen Arzt Adrien (Michel Blanc).
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