Die Krone von Arkus

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Ein selbstgeschnitzter Diamant

Der deutsche Märchenfilm der Gegenwart hat ja üblicherweise vor allem das Problem einer allzu großen Betulichkeit. Da werden brav klassische Texte abgefilmt und ästhetisch in ein übermäßig sauberes, weitgehend keimfreies Mittelalter versetzt, das in dieser Form selbst auf Re-Enactment-Veranstaltungen kaum als realistisch durchginge. Aber man bedient natürlich damit auch ein spezielles Publikum, nämlich meist sehr junge Fernsehzuschauer am Sonntagmorgen, irgendwann rund um die Sendung mit der Maus – und ein Gutteil der Bravheit ist sicher auch dem Umstand zu verdanken, dass die Fernsehanstalten die Projekte mit Geld und Meinungen begleiten.
Eine solche Finanzierungskonstruktion hat der Erstlingsfilm von Franziska Pohlmann wahrlich nicht. Die Krone von Arkus entstand als Liebhaberprojekt aus ihrem eigenen gleichnamigen Theaterstück, das Geld wurde vor allem mithilfe von Gönnern und Fans zusammengekratzt und schließlich wurde der Film mit einem Minimalbudget irgendwie zu Ende gebracht, aus dem – so berichtete sie ausführlich auf dem Filmfest Hamburg – offenbar viel zu viele Beteiligte nicht wirklich viel Geld haben konnten und wollten. Billiger als im Anspruch vergleichbare Produktionen sieht der Film deshalb allerdings nicht aus.

Über die Stadt Arkus – irgendwo in einem bergigen, märchenhaften Land – herrscht seit 1000 Jahren grausam „Ihre Diamanz“, die Königin Schiija. Aus ihrem glitzernden Palast – halb Höhle, halb Prachtbau – fordert sie jedes Jahr zur „Schenkung“ die besten Waren der Stadt ein, vor allem: das schönste Kleid, den schönsten Ring und die schönste Zuckerstange. Aber Schiija ist geschwächt – und dann finden die Straßenkinder Saraja und Jono heraus, wie sie ihre Macht womöglich ganz brechen könnten, während Schiija selbst alle Kinder der Stadt in ihr Schloss bringen lässt, um ihre Herrschaft auf Dauer sichern zu können.

Die Krone von Arkus ist so ein Film, dem man bei genauem Hinsehen jeden Euro ansieht, der dem Projekt fehlte, und zugleich jeden Tropfen Herzblut, der drinsteckt. Die Computeranimationen sind deutlich erkennbar, die Inszenierung ist stellenweise unbeholfen und gelegentlich unfreiwillig komisch, die Ästhetik geht meistens nicht über das übliche, saubere Fernseh-Mittelalter hinaus und schlussendlich hat das Drehbuch logische Brüche und Lücken von erstaunlicher Größe.

Aber genau in diesen Lücken finden sich Elemente, in denen leichter Wahnsinn und unterschwellige Anarchie durchscheinen. Und dann macht der Film auf einmal wieder richtig Spaß. Am Hofe Schiijas etwa sitzt ein anscheinend menschengroßes Kaninchen – Alice in Wonderland lässt grüßen – im Anzug und mit Zylinder in einem Schaukelstuhl und bricht regelmäßig, aber ohne zwingenden Anlass in schallendes Gelächter aus. Ansonsten hat die Figur keine erzählerische Funktion; durch sie entsteht aber ein Riss in der Filmwelt, aus dem eine Lebendigkeit hervorstrahlt, die man sonst eben nicht so oft findet.

Pohlmann – als Musikerin hat sie die Musical-Einlagen des Films selbst geschrieben und komponiert – hat sich als Autodidaktin zur Filmregisseurin entwickelt und für ihr Projekt auch etablierte Schauspielerinnen und Schauspieler wie Sonja Kerskes gewinnen können. Auf der Kinobühne in Hamburg beteuerte sie, niemals mehr für ein Projekt ihre Mitarbeiter so schlecht bezahlen zu wollen. Hoffentlich gibt ihr für den nächsten Film jemand mehr Geld – und mehr Freiheit, dem Wahnsinn Zucker zu geben.

Die Krone von Arkus

Der deutsche Märchenfilm der Gegenwart hat ja üblicherweise vor allem das Problem einer allzu großen Betulichkeit. Da werden brav klassische Texte abgefilmt und ästhetisch in ein übermäßig sauberes, weitgehend keimfreies Mittelalter versetzt, das in dieser Form selbst auf Re-Enactment-Veranstaltungen kaum als realistisch durchginge.
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