Die glorreichen Sieben (2016)

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Neue und alte Probleme

Die Glanzzeit des Western-Genres ist vorbei, sein Ende wird ausgerufen – und zwar kontinuierlich seit den 1970er Jahren. Nun zeigt Antoine Fuqua mit seiner Neuverfilmung des Klassikers Die glorreichen Sieben (John Sturges, 1960) jedoch, wie aktuell das Genre immer noch sein kann – und wieso es seine Probleme vielleicht dennoch nicht ablegt.

Der Film orientiert sich grob an seiner Vorlage, die selbst wiederum auf Akira Kurosawas Die sieben Samurai (1954) basiert. Erhalten bleibt der Ausgangskonflikt: Ein Dorf, in diesem Fall unterdrückt vom fiesen Goldmagnaten Bogue (Peter Sarsgaard), benötigt dringend Hilfe. Diese finden die Dorfbewohner bei Sam Chisolm (Denzel Washington), der eine Gruppe alter Bekannter und verwegener Revolverhelden (Chris Pratt, Ethan Hawke, Vincent D’Onofrio, u.a.) versammelt, um den Kampf gegen Bogue und für die Gerechtigkeit aufzunehmen.

Der Western zeigt, wie jeder Film mit historischem Setting, kein Bild der Vergangenheit, sondern eine Reflexion der Gegenwart. Seit den 1950er Jahren ist der strahlende Held im Western zunehmend zu einer gebrochenen Nachkriegsfigur geworden. Er zweifelt seine Motivationen an und findet sich in einer nicht endenden Spirale aus Gewalt, die längst Selbstzweck geworden ist. Diese Entwicklung hat sich bis heute erhalten – späte Höhepunkte des Genres wie etwa Clint Eastwoods Erbarmungslos (1992) gestalten sich als herausragende Reflexionen zu Gewalt und Moral. Dennoch scheint der Western bis auf wenige Ausnahmen, jüngst etwa in Quentin Tarantinos The Hateful Eight zu sehen, seit den 1970er Jahren seine Relevanz weitestgehend verloren zu haben. Was leistet dann ein Film wie Fuquas Neuinterpretation des Spätwestern-Klassikers?

Zunächst fällt auf, dass im Film wirtschaftliche Unterdrückung und Ausbeutung zum Anstoß für den Kampf um Selbstbestimmung und Freiheit der Dörfler werden. Bogue will das Land, auf dem er Gold schürft, mit gedrückten Preisen an sich reißen und engagiert eine Söldner-Armee, um das Gesetz nach seinen eigenen Regeln zu machen. Die titelgebenden sieben Helden kämpfen, weil sie an die Sache glauben – weniger wegen der Entlohnung. Schnell offenbart sich jedoch, dass von einem gebrochenen Helden zu sprechen für diesen Film noch fast eine Untertreibung darstellt: Jack Horne (Vincent D’Onofrio) spricht nur noch in Bibelzitaten und hat seinen Verstand im Kampf gegen die Indianer zurückgelassen, Goodnight Robicheaux (Ethan Hawke) hört Stimmen, die ihm das Töten verbieten. Das hochklassig besetzte Ensemble meistert dabei eine Darstellung dieser Figuren, die glaubhaft bedrückend ist – Männer, die nur noch kämpfen, weil alles andere längst seinen Sinn verloren hat, vielleicht nie einen Sinn hatte.

Soweit folgt also auch dieser Film dem Muster des gebrochenen Western-Helden und erreicht einen Genre-Höhepunkt in dem Kampf, der schließlich um das Dorf ausgetragen wird. Plötzlich herrscht Krieg, Dorfbewohner und Söldner sterben gleichermaßen im anonymen Grabenkampf, der Überblick ist längst verloren und das Dorf der Zerstörung anheimgegeben. Fuqua schafft es, über den zweifelnden Helden hinaus eine Form der Gewalt zu inszenieren, die zwar im Kampf für die Gerechtigkeit entsteht – aber eben doch immer Gewalt bleibt. Der Schrecken des sinnlosen Sterbens ist auch dann schrecklich und sinnlos, wenn für ein Ideal gestorben wird.

Bis zu diesem Punkt hätte der Film das Potenzial, einen Meilenstein des Genres darzustellen, der unter Beweis stellt, wie aktuell der Western sein kann, welche Möglichkeiten zur Reflexion in ihm stecken. Unerklärlich bleibt, warum schließlich eine Ebene des Pathos eingezogen wird, die dann doch den Heldentod ermöglicht, die das Handeln und die Gewalt in einen Rahmen integrieren, den der Film bis dahin so erfolgreich verweigert hatte. Das Sterben erhält letztlich eine Rechtfertigung, die in den düsteren Bildern einer für beide Seiten aussichtslosen Schlacht nicht denkbar ist. Und damit konstruiert der Film eine Rechtfertigung, die vielleicht auf ein altes Problem des Genres verweist: eben doch Mythos zu sein und mythische Figuren wie die glorreichen Sieben zu brauchen. Das ist schade und verbaut dem Film die Möglichkeit, sich davon abzuwenden und einen tatsächlich aktuellen und relevanten Western zu entwickeln.
 

Die glorreichen Sieben (2016)

Die Glanzzeit des Western-Genres ist vorbei, sein Ende wird ausgerufen – und zwar kontinuierlich seit den 1970er Jahren. Nun zeigt Antoine Fuqua mit seiner Neuverfilmung des Klassikers „Die glorreichen Sieben“ (John Sturges, 1960) jedoch, wie aktuell das Genre immer noch sein kann – und wieso es seine Probleme vielleicht dennoch nicht ablegt.

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Meinungen

klausi · 07.10.2016

der blödsinn den herr (Lars Dolkemeyer) geschrieben hat, sagt mir, den film mußt du sehen,

Wolfgang Adler · 25.09.2016

Ich bewundere immer Menschen, welche so schreiben können wie der Filmkritiker Lars Dolkemeyer, nämlich in einer (fast) sinnlosen und unverständlichen philosophischen rhetorischen Schreibverpackung. …und dann noch damit zu enden, " Das ist schade und verbaut dem Film die Möglichkeit, sich davon abzuwenden und einen tatsächlichen aktuellen und relevanten Western zu entwickeln. " Habe ich alles nicht verstanden, wenn man hier so endet!