Die Farbe des Ozeans

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Ganz ohne Zeigefinger

Manchmal ist es gar nicht so schlecht, wenn ein Drehbuch 18 mal überarbeitet wird. „Zu didaktisch“ fand die Autorin und Regisseurin ihre ersten Entwürfe. Das kann man verstehen angesichts einer hochpolitischen, tagesaktuellen Geschichte um die Flüchtlingsdramen auf den Kanarischen Inseln. Dennoch ist Maggie Peren am Ende ein völlig undidaktischer, ebenso wahrhafter wie packender Film gelungen.
Die Farbe des Ozeans handelt von der frisch verliebten Nathalie (Sabine Timoteo), einer Deutschen, die auf Gran Canaria Urlaub macht. Sie ist schon mal vorausgereist, weil ihr viel beschäftigter Freund Paul (Friedrich Mücke) noch ein wichtiges Meeting hinter sich bringen muss. Allein am Strand, trifft sie auf ein gestrandetes Boot afrikanischer Flüchtlinge, viele von ihnen tot, die anderen halb verdurstet. Darunter auch Zola (Hubert Koundé) und sein ohnmächtiger Sohn Mamadou. Nathalie gibt Mamadou zu trinken – und von da an lässt sie das Schicksal der beiden Afrikaner nicht mehr los.

Maggie Peren hat den Grundkonflikt, auf dem ihre fiktive Geschichte beruht, nicht erfunden. Der stand in der Zeitung und wurde sogar im deutschen Fernsehen gesendet: An den kanarischen Urlaubsstränden prallen Überlebenskampf und Luxus hautnah aufeinander. Bis zur Wirtschaftskrise in Spanien suchten dort jeden Monat 7.000 Menschen Schutz. 2006, bei ihrem ersten Drehbuchentwurf, hatte Maggie Peren noch eine Journalistin als Protagonistin im Sinn, die die Hintergründe der Not recherchieren sollte.

Im fertigen Film ist aus der aufklärerischen Medienfrau eine ahnungslose Urlauberin geworden, die rein ihrem Instinkt folgt. Und nicht nur das. Maggie Peren, die schon etliche Drehbücher, unter anderem für Vanessa Jopp und Dennis Gansel geschrieben hat, verwebt auf spannende Weise drei Schicksale miteinander. Da ist zum einen das deutsche Paar, dessen Liebe auf die Probe der Ehrlichkeit gestellt wird. Zum anderen folgt die Erzählung dem afrikanischen Vater, der um jeden Preis seinem Sohn ein Leben in Europa ermöglichen will. Und schließlich ist da noch der Polizist José (Alex Gonzalez), ein ausländerfeindlicher Kontrollfreak, der erkennen muss, dass er mit seiner Gnadenlosigkeit seine eigene Schwester ins Verderben treibt.

Immer nah an den Gesichtern, zieht die Kamera den Zuschauer in das dramatische Geschehen hinein. „Es gibt keine Logik“, wirft Nathalie einmal ihrem Geliebten an den Kopf, der sich um eine neutrale, abwägende Haltung bemüht. Nach dem Motto: Es bringt nichts, wenn du einem Flüchtling hilfst, es sind einfach zu viele und die Ursache liegt ganz woanders als in mangelndem Mitgefühl. Für solche Überlegungen ist es zum Glück zu spät, für Nathalie und für die Machart des Films. Der fragt nicht nach dem Warum – denn das kann man besser in der Zeitung nachlesen. Er reißt einfach mit – hinein in eine Geschichte mit glaubwürdigen Figuren, die niemals zu Charaktermasken politischer Haltungen verkommen. So gelingt paradoxerweise engagiertes Kino par excellence: indem es auf jede Besserwisserei verzichtet und sich nicht edler gibt als das Leben selbst.

Die Farbe des Ozeans

Manchmal ist es gar nicht so schlecht, wenn ein Drehbuch 18 mal überarbeitet wird. „Zu didaktisch“ fand die Autorin und Regisseurin ihre ersten Entwürfe. Das kann man verstehen angesichts einer hochpolitischen, tagesaktuellen Geschichte um die Flüchtlingsdramen auf den Kanarischen Inseln.
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Meinungen

Leonie · 21.05.2012

Undidaktisch ist ja schön und gut. Aber ein bisschen mehr Haltung hätte dem Film gut getan. Packend fand ich hier leider gar nichts.