Die 12 Geschworenen (1997)

Eine Filmkritik von Martin Beck

Immer noch wütend, immer noch packend

Ein Remake von Die 12 Geschworenen, inszeniert von William Friedkin!? Selbst ergebenen Jüngern des Mannes dürfte an diesem Punkt seiner Filmographie ein Fragezeichen aufgehen – was vor allem daran liegt, dass der Film erst jetzt in Deutschland auf DVD erschienen ist. Und daran, dass es ein Fernsehfilm ist. Und daran, dass die Schatten der ersten Verfilmung von Sidney Lumet einfach zu groß sind.
Woran es aber auf keinen Fall liegt, ist die Qualität des Films, die ist nämlich hervorragend. Friedkin inszenierte ihn 1997, zwischen Jade und Rules – Sekunden der Entscheidung, und strafte damit dem eigentlich stramm absteigenden Ast seiner Kinokarriere Lügen. Natürlich lebt Die 12 Geschworenen zunächst von der zeitlosen Qualität des Drehbuchs von Reginald Rose, doch gleich danach folgt die superbe Regieführung bei diesem Remake, die zugleich beherrscht und überlegt wirkt, und der Dynamik der Worte jederzeit folgen kann.

William Friedkins Können macht sich nicht zuletzt an seiner begnadeten Schauspielführung fest, die alle seine großen Erfolge maßgeblich begleitet hat und hier gleich besonders umfangreich zum Einsatz kommt. Die 12 Geschworenen ist auch in dieser Version vor allem ein Kammerspiel, das einzig die Akteure in den Vordergrund stellt und ungemein nuancierte Rollen bietet. Friedkin schafft es, diese Feinheiten gekonnt herauszuarbeiten und kann dazu eine phänomenale Schauspieler-Riege versammeln, die ebenfalls Zeugnis über die Qualität des Stoffes ablegt.

Jack Lemmon (als Geschworener Nummer 8, der zunächst als einziger an die Unschuld des angeklagten Jungen glaubt), George C. Scott, James Gandolfini, Tony Danza, Armin Müller-Stahl, William Petersen und Edward James Olmos – einfach nur Wahnsinn. Der eine besonders hell leuchtende Krone für Jack Lemmon bereithält, der hier eine grandiose Galavorstellung seines begnadeten Könnens abliefert… und dabei doch „nur“ genauso gut ist wie George C. Scott, der als letzter Zweifler eine kolossale persönliche Tragödie durchlebt und dabei ebenfalls alle Register des Adjektivs „großartig“ auf sich vereint.

Wohlgemerkt: Als Die 12 Geschworenen entstand, war die heute fast schon selbstverständliche Qualität guter Fernsehfilme noch die absolute Ausnahme. Was Friedkin und seine Schauspieler hier vollbracht haben, darf als applauswürdige Leistung eingestuft werden, die nicht nur hochklassige, absolut packende Unterhaltung bietet, sondern auch eines der wenigen sinnvollen Remakes überhaupt darstellt. Die Geschichte von Die 12 Geschworenen ist einfach zeitlos gut, und wenn dann auch noch die richtigen Leute daran beteiligt sind, dürfen selbst eingeschworene Lumet-Fans einen zweiten Blick riskieren.

Es ist wirklich seltsam, dass dieser Film erst jetzt auf DVD erscheint, aber nun gut, besser als gar nicht. Das für die Ausgrabung zuständige Label heißt mal wieder Pidax, das sich zunehmend als Fundgrube spannender Obskuritäten positionieren kann, auch wenn es hier nur zu einer lauen 4:3 Fassung gereicht hat. Als Entschädigung darf dafür die exzellente deutsche Synchronisation gelobt werden, allen voran die Stimme von Jack Lemmon, Georg Thomalla, der diesmal gerne den Vorzug gegenüber der muffelig klingenden Originalfassung bekommt. Alles in allem, trotz der technischen Schwächen: eine tolle Veröffentlichung!

Die 12 Geschworenen (1997)

Ein Remake von „Die 12 Geschworenen“, inszeniert von William Friedkin!? Selbst ergebenen Jüngern des Mannes dürfte an diesem Punkt seiner Filmographie ein Fragezeichen aufgehen – was vor allem daran liegt, dass der Film erst jetzt in Deutschland auf DVD erschienen ist.
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