Der Iran Job

Eine Filmkritik von Kirsten Kieninger

Amerikanischer Basketball-Söldner in Iran

Mit Kevin Sheppard kann man nur gewinnen. Das iranische Basketball-Team, das den US-amerikanischen Spieler verpflichtet, hofft das zumindest, die Saison wird es zeigen. Der Dokumentarfilm Der Iran Job, der von diesem sportlichen Auslandseinsatz im „Feindesland“ erzählt, ist mit seinem gewitzten Protagonisten und dessen Abenteuern von Anfang an auf der Gewinnerseite.
Es gibt zwar keine einzige US-Botschaft in Iran, erstaunlicherweise aber einige amerikanische Basketballprofis, die in der iranischen Profi-Liga spielen. Während amerikanische Soldaten gegen Irak und Afghanistan in den Krieg zogen, haben sich diese Spieler ausgerechnet von Ahmadinedschads Basketball-Funktionären anwerben lassen. „Achse des Bösen“ hin oder her: Was im Profi-Basketball zählt, ist die „3-Punkte-Linie“ und die Höhe des Gehalts.

Während der iranische Präsident 2008 mit der Auslöschung Israels droht, nimmt Kevin Sheppard also das Angebot an, in der Iranian Super League zu spielen. Als Kapitän soll er das Team A.S. Shiraz – neu gegründet und blutjung – zu den Playoffs führen. Eine Herausforderung für den afro-amerikanischen Basketballer – und ein Glücksfall für den deutsch-amerikanischen Regisseur Till Schauder. Mit Kevin hat er den perfekten Protagonisten für seinen Film gefunden: Ein weltoffener und witziger Typ, der sich ganz unverstellt auf das Unbekannte einlässt und den Zuschauer von der ersten Minute an mitreißt.

Als weiterer Glücksfall erweist sich der Zeitpunkt der Dreharbeiten: während Kevin auf den Courts der Super League dribbelt, tritt auf der politischen Bühne Oppostitonsführer Mussavi gegen Ahmadinedschad an, während in den USA Präsident Obama in seine erste Amtszeit geht. „I try to keep away from politics“, mit diesem Vorsatz ist Kevin in das Land gereist, das ihn mit anti-amerikanischen Wandmalereien konfrontiert, während seine Einwohner ihn mit offenen Armen und großer Gastfreundschaft empfangen. „Down with USA“ mag in der Stadt auf einer Wand prangen, doch die Anhänger von A.S. Shiraz lassen ihren Amerikaner hoch leben.

Der Iran Job nutzt die Chance, gleich doppelt zu punkten: Als energiegeladenes, spannendes Sportlerdrama und als sensibles, humorvolles Gesellschaftsporträt in Zeiten des Umbruchs. Denn obwohl Kevin mit seinem Team alle Hände voll zu tun hat („The worst basketball I’ve seen in my life“), kann er sich im Alltag der politischen Situation im Land nicht völlig entziehen. So kommunikativ und lebenslustig wie er ist, schließt er schnell Freundschaften, wird von seinen Team-Kollegen eingeladen und freundet sich mit seiner Physiotherapeutin an. Er diskutiert mit ihr und zwei Freundinnen über Gott und die Welt, Politik und Frauenrechte. In seinem kleinen Apartment, das er mit dem Serben Zoran (dem zweiten Ausländer im Team) teilt, öffnen sich bald Welten für Kevin.

Während animierte Grafiken den Überblick erleichtern, wie es in der League und um A.S. Shiraz während der Saison steht, holen auf der anderen Seite Nachrichtenbilder die angespannte politische Situation in den Film. Wenn Kevin im gelben Trikot für A.S. Shiraz um entscheidende Punkte kämpft, gehen die Menschen in Grün gehüllt auf die Straße, um für ihre Stimme und ihre Rechte zu demonstrieren. Durch seine iranischen Freundinnen interessiert sich Kevin immer mehr für das Geschehen jenseits des Courts und am Ende ist ihm iranische Politik gar nicht mehr fremd oder egal. Während er den Iranern zu 3-Punkt-Treffern verhilft, schenken diese ihm einen neuen Blick auf die Welt.

Der Iran Job ist ein Sportfilm für Leute, die mit Basketball nichts am Hut haben und ein politisches Gesellschaftsporträt auch für kulturell Desinteressierte. Äußerst unterhaltsam in seinen Beobachtungen von Alltagssituationen, in die sich der Afro-Amerikaner mit Optimismus und Hip-Hop-Attitüde stürzt. Wenn XXL-Shirt und do-rag auf langen Mantel und Kopftuch treffen – und man versteht sich trotzdem. Auch wenn ein Weihnachtsbaum schon mal zum Running Gag werden kann, klingt doch „Christmas“ erstmal nur wie „Rosine“ für persische Ohren.

Der Soundtrack mit iranischen Rap und Hip-Hop-Künstlern gibt dem Film mitreißenden Drive. Der Bildgestaltung sind die Umstände des Drehs anzusehen: Obwohl lange vorbereitet, ist Der Iran Job dann quasi aus dem Rucksack heraus entstanden. Denn Regisseur Schauder war als 1-Mann-Team unterwegs, nur mit Touristen-Visum ausgestattet. Ein kleiner HDV-Camcorder, Funkmikro und Überspielkabel – das war seine ganze Ausrüstung. Und wie der fertige Film zeigt: Viel mehr braucht es auch gar nicht. Ein gutes Thema, ein guter Protagonist, eine äußerst erfolgreiche Kickstarter-Kampagne als Finanzierungshilfe (über 100.000 Dollar wurden crowd-gefunded), ein wenig Glück beim Lauf der Dinge. Wenn man diese dann noch so rund und packend montiert, wie in Der Iran Job, dann kann der Film Job nur gelingen.

Der Iran Job

Mit Kevin Sheppard kann man nur gewinnen. Das iranische Basketball-Team, das den US-amerikanischen Spieler verpflichtet, hofft das zumindest, die Saison wird es zeigen. Der Dokumentarfilm „Der Iran Job“, der von diesem sportlichen Auslandseinsatz im „Feindesland“ erzählt, ist mit seinem gewitzten Protagonisten und dessen Abenteuern von Anfang an auf der Gewinnerseite.
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