Das Mädchen und der Tod

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Von der Tragik unerfüllter Liebe

„Der Tod und das Mädchen“ dürfte in verschiedenen Versionen zahlreichen Interessierten bekannt sein – sowohl als beliebter Topos in der Malerei der Renaissance wie auch in späteren Umformungen beispielsweise in der klassischen Musik. Franz Schuberts hörenswertes Streichquartett und das gleichnamige Kunstlied desselben Komponisten, das auf einem Gedicht von Matthias Claudius beruht, gehören zu den herausragenden Schöpfungen des Tonsetzers. Auch im Kino ist man dem Topos schon einmal begegnet; im Jahre 1994 erschien Roman Polanskis Der Tod und das Mädchen / Death and the Maiden nach einem Theaterstück von Ariel Dorfman auf der großen Leinwand mit Sigourney Weaver und Ben Kingsley in den Hauptrollen. Mit Polanskis Drama um eine Frau und ihren früheren Folterknecht in einem südamerikanischen Land hat Jos Stellings melancholische Liebesgeschichte Das Mädchen und der Tod / Het meisje en de dood allerdings nichts zu tun. Statt pointierter und hochemotionaler Dialoge geht es hier vor allem um Blicke und die Tragik unerfüllter Liebe.
Die entspinnt sich zwischen dem jungen russischen Studenten Nicolai (Leonid Bichevin) und der schönen Elise (Sylvia Hoeks), die einander in einem zwielichtigen Hotel begegnen. Nicolai befindet sich gerade auf der Durchreise, da er ein Studium der Medizin in Paris beginnen will, als er unterwegs eine Bleibe für die Nacht sucht. Elise und all die anderen Damen zweifelhaften Rufs, die in der Villa wohnen, sowie sämtliche Bediensteten scheinen dabei auf Gedeih und Verderb den Launen und Wünschen eines schon recht hinfälligen Grafen (Dieter Hallervorden) ausgeliefert zu sein, der offensichtlich als Zuhälter fungiert und die Fäden zieht. Zwar gelingt ein Treffen Nicolais mit Elise, doch als dem jungen Russen klar wird, dass die Geliebte nun unter den Folgen der gegenseitigen Zuneigung leiden muss, reist er ab und hinterlässt eine Nachricht, die andeutet, dass er wiederkommen wird.

Jahre später kommt es dann zu einer neuerlichen Begegnung und zu einem erneuten Aufflammen der Gefühle, die dem eifersüchtigen Grafen nicht verborgen bleiben. Als dieser einen Mordanschlag auf Nicolai ausführen lässt, bricht Elise endgültig mit ihm und widmet sich – selbst mittlerweile an Tuberkulose erkrankt – der Pflege des Schwerverletzten. Doch die Liebe zwischen den beiden steht unter keinem guten Stern und die vor allem finanzielle Macht des Grafen ist nach wie vor ungebrochen…

All die Wendungen des Liebesglücks und der mannigfaltigen Hindernisse auch nur annähernd angemessen schildern zu wollen, überstiege den normalen Umfang einer Rezension ums Vielfache. Leider tragen die verschiedenen Zeitebenen und dramatischen Ereignisse aber nicht wirklich dazu bei, die Spannung dieser wortarmen, aber gestenreichen Liebestragödie spürbar anzuheben. Wo sonst in Hollywood-Filmen wortreich Liebe beschworen und verleugnet wird, übt sich Jos Stelling in Zurückhaltung und vertraut stattdessen auf die Macht der verstohlenen Blicke, die zwischen Nicolai und Elise gefühlte Hundertmal ausgetauscht werden.

Dagegen wäre zwar nichts einzuwenden, doch die Sprödigkeit und Langatmigkeit der Geschichte, die man gut und gerne auch in 90 Minuten hätte unterbringen können, sowie die gebremsten Emotionen lassen diese ewige Liebe, das Sehnen und den Schmerz niemals wirklich, sondern stets nur behauptet erscheinen. Auch die recht komplizierte Narration mit verschiedenen Rückblenden und Zeitebenen sowie die eingestreuten Gedichte Puschkins, die als Emotionssurrogat recht steif daherkommen, machen das sperrige Drama nicht gerade zugänglicher und nachvollziehbarer. Immerhin aber weiß der Film durch ausgeklügelte Bilder (mit Goert Giltay an der Kamera), eine ansprechende Ausstattung und bezaubernde Klaviermusik (komponiert von Bart van de Lisdonk) die Schwerfälligkeit der Narration und die Unglaubwürdigkeit der Geschichte zumindest teilweise zu kompensieren. Dennoch: Um über mehr als zwei Stunden die Zuschauer zu fesseln und sich an Dieter Hallervorden als Schurken zu gewöhnen, bedarf es schon erheblich mehr.

Das Mädchen und der Tod

„Der Tod und das Mädchen“ dürfte in verschiedenen Versionen zahlreichen Interessierten bekannt sein – sowohl als beliebter Topos in der Malerei der Renaissance wie auch in späteren Umformungen beispielsweise in der klassischen Musik. Franz Schuberts hörenswertes Streichquartett und das gleichnamige Kunstlied desselben Komponisten, das auf einem Gedicht von Matthias Claudius beruht, gehören zu den herausragenden Schöpfungen des Tonsetzers.
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Meinungen

Cat · 15.03.2022

Ich liebe diesen Film!!!! Er ist sicherlich nicht jedermans Geschmack, da er schon recht speziell ist, aber ich habe habe ihn bestimmt schon 20 Mal geguckt :-)