Das Kind (2012)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Fitzek im Kino

Nach dem gewaltigen Erfolg von Sebastian Fitzek auf dem Buchmarkt war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann die erste filmische Umsetzung seiner Psychothriller im Kino oder zumindest auf dem Fernsehschirm zu sehen sein würde. Mit der Adaption seines dritten Romanes Das Kind durch den aus Ungarn stammenden Schauspieler und Regisseur Zsolt Bács ist es nun so weit. Doch die Verfilmung der Geschichte um einen zehnjährigen Jungen, der in einem früheren Leben ein Serienmörder gewesen sein will, kann trotz einer prominenten und mitunter herrlich schrägen Besetzung und sichtbar viel Mühe bei der technischen Umsetzung nicht überzeugen.
Der Strafverteidiger Robert Stern (Eric Roberts) staunt nicht schlecht, als er auf einem verlassenen Industriegelände seinem neuen Mandanten gegenübersteht – dieser ist nämlich gerade zehn Jahre alt und hat aufgrund eines Gehirntumors nicht mehr lange zu leben. Das Erstaunen nimmt kein Ende, als Simon (Christian Traeumer) ihm erklärt, dass er vor 15 Jahren, also fünf Jahre vor seiner Geburt, mehrere Menschen ermordet habe. Mysteriös wird die Sache, als Simon Stern zu einer Leiche führt, die tatsächlich vor seiner Geburt ums Leben kam. Ist an den Angaben und an den Visionen, die ihn plagen, vielleicht doch etwas dran? Stern bleibt keine andere Wahl, als sich des geheimnisvollen Falls anzunehmen, denn ein skrupelloser Entführer hält die Ex-Frau des Anwalts gefangen und droht mit deren Ermordung, falls sich der Anwalt weigert, die Spuren zu verfolgen. Und so beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit, in dessen Verlauf sich auch noch ein Pädophilen-Ring namens „Die Brücke“ einmischt.

Obwohl Sebastian Fitzek bei dem Film eng mit Zsolt Bács zusammengearbeitet hat, ist die Verfilmung doch ganz anders geraten als das Buch. Während der Roman nur sehr langsam und überaus subtil seine Mysterien enthüllt, geht Bács mit seiner recht blutrünstigen und auf vordergründige Schockeffekte bedachten Inszenierung lieber den sicheren Weg und bombardiert den Zuschauer mit einer Abfolge von Höhepunkten, die einander atemlos abwechseln, so dass nach eher gemächlichem Beginn nur wenig Zeit zum Verschnaufen bleibt. Zudem wirkt der Plot sehr viel komplexer und mitunter auch unübersichtlicher, als dies in der Romanvorlage der Fall war – auch wenn dem aufmerksamen Zuschauer kaum entgehen kann, wer sich hinter der geheimnisvollen Stimme verbirgt. Zudem bleiben die Figuren und die Verbindungen zwischen ihnen so unscharf, dass gerade die Motivationen oder verbindenden Momente zwischen ihnen als zentrale dramaturgische Elemente weitgehend auf der Strecke bleiben.

Ganz offensichtlich hat man hier bis auf wenige Ausnahmen vor allem amerikanische Darsteller gecastet, um größere Chancen auf eine internationale Auswertung zu haben. Ob sich dieser fromme Wunsch aber erfüllt, steht angesichts des Endproduktes doch ein wenig in den Sternen. Denn bei allem Verständnis für die strategische Zielsetzung der Produzenten – mit der verwirrenden Inszenierung und dem Skript hätten wohl auch Akteure aus der ersten Reihe ihre liebe Müh. Zugleich erweist sich die internationale Besetzung noch in mindestens einem weiteren Punkt als großes Manko des Films: Die Nachsynchronisation klingt so hörbar nach Studiokonserve, dass selbst die gruseligsten Kameraeinstellungen auf der Tonebene unter der sterilen Atmosphäre leiden. Und warum diverse Schilder unbedingt auf Englisch geschrieben sein müssen, obwohl der Film doch vollkommen offensichtlich in Berlin gedreht wurde, ist ähnlich seltsam wie Hollywood-Schinken, in denen Jesus seine Bergpredigt in breitestem Texanisch zum Besten gibt.

Technisch immerhin besticht der Film durch die gelungenen Kamerabilder Kim Howlands (Ripley’s Game) und kluge Montagesequenzen, die die erzählerischen und inszenatorischen Mängel sowie die teilweise fast schon peinlichen Dialoge leider nicht aufwiegen können. Unterm Strich hatte man sich von der ersten Leinwandadaption eines Buches von Sebastian Fitzek deutlich mehr erwarten dürfen, auch wenn die freche Besetzung eines fiesen Pädophilen mit Didi Hallervorden so rotzfrech und gegen alle Konventionen ist, dass man sich diesen Mut gerne öfter wünschen würden im deutschen Kino oder meinetwegen auch nur im Fernsehen.

Besonders bedauerlich ist die enttäuschende Verfilmung vor allem deswegen, weil sich ja nach wie vor hartnäckig die Meinung hält, deutsche Genrefilme wie dieser hätten im Kino nach wie vor keine Chance. Wenn man so will, ist Das Kind leider ein weiterer Punkt auf dem Konto der Verfechter dieser These. Es wird Zeit, dass sich daran etwas ändert.

Das Kind (2012)

Nach dem gewaltigen Erfolg von Sebastian Fitzek auf dem Buchmarkt war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann die erste filmische Umsetzung seiner Psychothriller im Kino oder zumindest auf dem Fernsehschirm zu sehen sein würde. Mit der Adaption seines dritten Romanes „Das Kind“ durch den aus Ungarn stammenden Schauspieler und Regisseur Zsolt Bács ist es nun so weit.
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Meinungen

Iwanchen · 26.05.2013

Der sich offensichtlich selbst überschätzende und über keinerlei Selbstkritik verfügende Zsolt Bàcs wollte Arzt werden. Gut, dass er nur ein schlechter Regisseur geworden ist.

ich · 13.11.2012

Ansich gut aber muss man wirklich ein voellig nacktes kleines kind(natuerlich auch genitialien) so zeigen auf den fotos? Das haette man auch bearbeiten koennen. Das ist eine einladung fuer jeden der drauf steht. Ne danke das brauch man nicht.

Asvenyboy · 17.10.2012

Sneak hat wohl das Buch nicht gelesen?! Offensichtlich ist das auch der Grund, dass es mit der Grammatik und Rechtschreibung in der Rezension nicht so weit her ist!!
Ich fand den Film spannend, trotz der Information aus dem zuvor gelesenen Buch.
Der Deutsche Film hat es wahrlich nicht einfach, weil er häufig nicht so gut ist. Jedoch ist dieser Film ein Beweis, dass dieses Klischee nicht immer stimmt. Hab ihn heute in der Premiere gesehen und werde ihn auf jeden Fall empfehlen.

Dagmar · 08.10.2012

Ich habe den Film im September gesehen. Mir hat er gut gefallen. und ich werde ihn mir auf jeden Fall noch mal ansehen. Klar hat er auch schwächen, das hat jeder Film. Ich finde, das dieses schwierige Thema gut umgesetzt wurde...

Sneak · 18.09.2012

Gerade eben in der Sneakpreview gesehen. Dieser Film ist wirklich das schlechteste, das ich seit langem gesehen habe. Oberflächliche, 1Dimensionale Charaktäre, die Szenen voller Pathos und übertrieben vorhersehbar.
Ich musste oft lachen, einfach aus überraschung darüber, wie miserabel alles zusammenpasst.