Das Geheimnis des Marcelino

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Wundersam berührend

Das Geheimnis des Marcelino war der Publikumsrenner im franquistischen Spanien. Kein Wunder: Das Geschehen spielt in einem Kloster, es geht um einen kleinen Findeljungen, der eine wundersame Geschichte erlebt und letztendlich ins Jenseits erhoben wird. Das bedrückende Diesseits wird also durch eine erfüllende Jenseitserfahrung sublimiert, eine Sehnsucht, die das traumatisierte und katholisch erzogene Spanien der 1950er Jahre umtrieben haben mag. Heute schaut man sich den Film vielleicht mit anderen Augen an — und ist dennoch gerührt und begeistert von diesem Kinderfilmklassiker von Ladislao Vajda.
Die Geschichte spielt im Spanien des 18. Jahrhunderts: Vor den Toren eines Franziskanerklosters wird ein kaum eine Woche alter Säugling abgelegt; die Ordensbrüder kümmern sich sogleich rührend um den kleinen Jungen. Ihre Versuche, für ihn dann doch eine Familie zu finden, schlagen fehl — entweder können oder wollen die Menschen im Dorf das Kind nicht bei sich aufnehmen, oder aber den Brüdern bricht das Herz, wenn sie den ein oder anderen Vater im Umgang mit seinen eigenen Kindern beobachten, und so beschließen sie, Marcelino — wie sie das Baby getauft haben — bei sich groß zu ziehen.

Marcelino (Pablito Calvo) genießt die Obhut seiner zwölf Väter auch sichtlich. Er hat für jedes Bedürfnis einen anderen Ziehvater und benennt sie nach ihren Tätigkeiten, so dass sich die Mönche bald selbst Namen wie „Vater Grießbrei“ zurufen. Doch natürlich hat ein fünfjähriger Bub auch allerlei Unsinn im Kopf, er spielt, wie Kinder eben spielen, und macht häufig aus einer unschuldigen Unwissenheit heraus Dinge, die er hätte lieber lassen sollen. Am Ende drohen sie, ihm und dem beschaulichen Klosterleben zum Verhängnis zu werden.

Vor allem die Treppe nach oben und ein Besuch auf dem Dachboden sind für ihn Tabu, das betonen die Ordensbrüder immer wieder. Er gehorcht zunächst auch, doch dann siegt eines Tages doch die Neugier. Marcelino findet dort ein großes Kruzifix, das für den kleinen Jungen zum Leben erwacht, sich von ihm bewirten lässt und seinen sehnlichsten Wunsch hört: seine verstorbene Mutter wiederzusehen.

Diese nicht zuletzt durch das rührende Spiel des damals fünfjährigen Pablito Calvo zu Herzen gehende Geschichte von Vajda (Es geschah am hellichten Tag) hat in Berlin 1955 den Silbernen Bären gewonnen und war in Cannes auch für die Goldene Palme nominiert. Der Film wurde ein weltweiter Erfolg und ist heute vielen durch die gleichnamige Zeichentrickserie bekannt. Schön, dass der Film nun restauriert wurde und auch in Deutschland auf DVD zu haben ist.

Das Geheimnis des Marcelino

„Das Geheimnis des Marcelino“ war der Publikumsrenner im franquistischen Spanien. Kein Wunder: Das Geschehen spielt in einem Kloster, es geht um einen kleinen Findeljungen, der eine wundersame Geschichte erlebt und letztendlich ins Jenseits erhoben wird. Das bedrückende Diesseits wird also durch eine erfüllende Jenseitserfahrung sublimiert, eine Sehnsucht, die das traumatisierte und katholisch erzogene Spanien der 50er Jahre umtrieben haben mag.
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