Das Duell (2016)

Eine Filmkritik von Patrick Holzapfel

Natural Born Killers

Es war schon immer eine besondere Qualität des amerikanischen Kinos, äußerst gewaltvolle Filme zu machen, die irgendwo — vielleicht — eine Anti-Gewalt-Botschaft verstecken sollen. Ein fragwürdiger Widerspruch, der im Direct-to-DVD-Release Das Duell von Kieran Darcy-Smith so gar nicht aufgehen will. Das liegt vor allem daran, dass der als Rassismus-Parabel verkleidete Trash-Western eigentlich eine Woody-Harrelson-Show ist. Der Darsteller wird in Form der überhöhten Inkarnation des bizarr-religiösen Bösen als beinahe mystisches Element in den Film gesetzt, samt seiner Natural-Born-Killers-Glatze und einigen Reminiszenzen an die großen Durchgedrehten des Kinos wie Marlon Brando in Apocalypse Now. Darin kann man durchaus eine gewisse Freude finden, aber womöglich auch eine immense Leere. Denn eigentlich steuert der Film nur von einer Psychopathen-Szene in die nächste, all das bei ansteigender Gewalt und unterstützt von einem verwirrten Drehbuch, das am liebsten alles und nichts zugleich erzählen würde.

Angesiedelt ist der Film in den 1880er Jahren nach dem Mexikanisch-Amerikanischen Krieg im John-Ford-Hoheitsgebiet um den Rio Grande. Es herrscht eine fast apokalyptische Stimmung, Chorgesang, das wiederkehrende Bild eines kreisenden Aasgeiers, einige Schatten im Regen, viele Klischees. Alles beginnt mit einem Messerkampf, bei dem Woody Harrelsons Krieger und Prediger Abraham Brant den Vater des späteren Texas Rangers David Kingston (Liam Hemsworth) tötet. Natürlich bekommt dieser Jahre später die Chance auf ein Wiedersehen und Rache, als er von der Regierung damit beauftragt wird, die Morde an Mexikanern in einer kleinen Stadt zu untersuchen. Der Film kann es kaum erwarten, den dort regierenden Abraham Brant als eine mit dem Übernatürlichen flirtende, angsteinflössende und hochcharismatische Erscheinung in Szene zu setzen. Ein Verführer der Bevölkerung, nicht so weit entfernt von amerikanischen und weltweiten Realitäten, auch wenn es sich im Film niemals so anfühlt, als hätte das etwas mit der Welt zu tun. Dabei könnte Das Duell seine durchaus vorhandene Parabelhaftigkeit weitaus präziser umsetzen. Themen wie die (Leicht-)Gläubigkeit der Landbevölkerung, der Durst nach Gewalt oder die Rechtfertigung politischer Maßnahmen durch populistische Thesen und Rassismus haben eine enorme Relevanz. Hier existieren sie aber nur als durchlässiger Boden für möglichst gelangweilte Westernaction. Gegen diese ist nicht viel zu sagen, aber man muss sich fragen, warum das Ganze dann in einem derart ernsten Setting angesiedelt wird.

Statt sich also in irgendeiner Form für irgendwas zu entscheiden, stellt Darcy-Smith eine fast schon lächerlich anmutende Frauenfigur an die Seite von Kingston. Denn seine Frau Marisol (Alice Braga) will ihren Mann bei seinem Auftrag begleiten und wie das so ist im harten Hinterland ist sie dieser Aufgabe kein bisschen gewachsen. Nein, sie verfällt den Machenschaften von Brant, wird wahnsinnig und zur Hürde für ihren immercoolen, souveränen und waffenschwingenden Heldenmann. Außer dieser reaktionären Haltung gibt es das üble Spiel in einem fremden Ort im Western. Bedrohung, Warten auf Gewalt und schließlich Gewalt. Diese gipfelt in einer perfiden Jagd auf fliehende Mexikaner, die an The Most Dangerous Game (den deutschen Verleihtitel Graf Zarloff — Genie des Bösen kann man, muss man aber nicht verwenden) erinnert. Brant und seine Schergen fangen und verwunden Mexikaner im Grenzgebiet und geben ihnen dann einen kleinen Vorsprung, um sie auf Pferden und mit Gewehren bewaffnet gegen 200 Dollar Bezahlung für Interessierte als Freiwild auszuliefern. Die Antwort auf diese und alle anderen Formen von Gewalt ist in diesem Film: Gewalt. Natürlich nicht, ohne dass man vorher nicht eine Kranfahrt mit einer am Boden verblutenden Frau hingelegt hat und man sowieso eine Tendenz zum trashigen Spaß an der Perversion spüren kann. Es ist schade, dass sich der Film dieser nicht vollends hingibt oder sie einfach weglässt. Nun soll das hier kein Aufruf zu gewaltfreien Filmen sein, das wäre nun wirklich albern, aber vielleicht eine Erinnerung daran, dass Filme nicht in einem luftleeren Raum entstehen.

Optisch bietet der Film nichts Außergewöhnliches, aber durchaus Passables. Kameramann Jules O’Loughlin hat eine große Vorliebe für Silhouetten und Lenseflair. Wirklich etwas erzählt wird darüber nicht. Vibrieren tun seine Bilder aber immer nur dann, wenn Woody Harrelson in bekannter Manier die Leinwand ausfüllt, manchmal auch überfüllt. Egal ob sprechend, blutend, schlagend, streichelnd oder schauend, man hat immer das Gefühl, dass gleich alles passieren könnte mit seiner Figur und das bleibt letztlich die einzige Qualität eines schwachen Films. Denn eigentlich interessiert einen gar nicht, ob Harrelson jetzt explodiert oder halt nicht.

Bild und Ton der DVD sind auf gutem Niveau. Sie kommt (außer den üblichen Trailern) ohne Extras daher. Das einzige Extra, das hier Sinn gemacht hätte, wäre aber ohnehin ein Interview mit Woody Harrelson gewesen.
 

Das Duell (2016)

Es war schon immer eine besondere Qualität des amerikanischen Kinos, äußerst gewaltvolle Filme zu machen, die irgendwo — vielleicht — eine Anti-Gewalt-Botschaft verstecken sollen. Ein fragwürdiger Widerspruch, der im Direct-to-DVD-Release „Das Duell“ von Kieran Darcy-Smith so gar nicht aufgehen will.

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