Children of Men (2006)

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Menschheitsdämmerung in Müll und Krieg

Keine Kinder. Keine Zukunft. Keine Hoffnung. Die Welt im Ausnahmezustand der Anarchie. Eine ziemlich düstere Zukunftsphantasie ist das, die Alfonso Cuarón mit seinem neuen Science-Fiction-Thriller Children of Men entworfen hat. Nach der gleichnamigen Romanvorlage von P.D. James geht der mexikanische Regisseur, der übrigens dreifacher Vater ist, der Fragestellung nach, wie eine Welt ohne Kinder aussehen würde. Eine Welt, in der der jüngste Mensch 18 Jahre alt ist, in der seitdem nie wieder eine Frau schwanger geworden ist. Globale menschliche Unfruchtbarkeit – ein Mysterium, das sich keiner so richtig erklären kann. Wir befinden uns in London, im Jahr 2027, der Bürgerkrieg tobt. Was verdichtet als Chaos und Unheil in der britischen Großstadt zu sehen ist, spielt sich im ganzen Land, auf der ganzen Welt ab. Das britische Militär ist mit dem ungeheuren Zustrom illegaler Immigranten beschäftigt. Eingesperrt in Metallkäfigen und grausamen Folterungen ausgesetzt – allein schon dieses Szenerie ist so ubiquitär in den von Terroristen, Kämpfern und hin und wieder ganz normalen Bürgern beherrschten Straßen Londons.

Der Schock ist groß, als zu Beginn des Films in den Nachrichten bekannt gegeben wird, dass „Baby“ Diego, der jüngste Erdenbürger ermordet wurde. Die Szene spielt sich in einem kleinen Coffee-Shop ab. Dutzende von Gästen starren entrüstet auf den TV-Bildschirm, als Theo (wunderbar gespielt von Clive Owen) herein kommt, einen Take-Way-Coffee bestellt und im Gegensatz zu den anderen die Breaking News eher beiläufig mit einer gewissen Laissez-faire-Haltung aufnimmt. Nicht herzlos, aber abgeklärt und innerlich eher emotional unbeteiligt, bewegt er sich durch das graue, verpestete, verschmierte London. Den Flachmann als schnellen Stimmungsaufheller immer zur Hand, so richtig Spaß macht sein Leben schon lange nicht mehr. Als ehemaliger Untergrundkämpfer fristet er sein Dasein als routinierter Büroangestellter. Von seinem Salär kann er sich eine bescheidene Wohnung in einem unansehnlichen Wohnghetto leisten. Einziges Highlight sind die Besuche bei Japser (Michael Caine), einem Althippie, der mit seiner stummen Frau zurückgezogen in den Wäldern lebt und mit dem er die guten alten Zeiten aufleben lässt.

Theo kommt zwar lässig daher, aber nicht ungeschoren davon. Es geht alles ganz futuristisch schnell zu: Theo wird von einer jungen Terroristenbande gekidnappt, deren Boss seine Ex-Frau (Julianne Moore) ist. Einst kämpften sie zusammen im Untergrund, jetzt verlangt sie von ihm, für eine junge Frau gefälschte Transfer-Papiere zu besorgen, die ihr zur Flucht verhelfen sollen. Theo kann sich der Forderung und dem verlockenden Geldangebot nicht entziehen und muss sich der Aufgabe stellen, die Frau namens Kee (Clare-Hope Ashitey) persönlich aus dem Land zu bringen. Nicht ganz einfach, wenn Kriegszustand herrscht und diese junge, farbige Frau ausgerechnet auch noch schwanger ist und das niemand wissen darf. Ja richtig, tatsächlich schwanger.

Dem Film geht es nicht um Wahrheit, sondern vordergründig um Bilder und Effekte. Mit Kameramann Emmanuel Lubezki an der Seite, der u.a. schon für Terrence Malick, Michael Mann und Tim Burton gearbeitet hat, inszeniert Alfonso Cuarón virtuos ein gewaltiges Chaos, inspiriert von realen, sich in der Welt abspielenden Kriegen und weltpolitischen Ereignissen. In diesem heillosen Durcheinander ist es schwer durchzublicken, wer hier eigentlich gegen wen kämpft. Die Aktivistengruppe, die Theo anheuert, kämpft für ein gewisses „Human Project“, hinter dem Menschen mit den besten Ansichten dieser Welt stehen. Plötzlich wenden auch sie sich gegen Theo und die Frau. Beide werden von der totalitären Staatsmacht und den Aktivisten verfolgt. Alles recht nebulös, aber in einem Endzeitdrama ist das gerechtfertigt. Orientierung geben die Figuren, denen wir nichts Besseres als einen Ausweg aus dem ganzen Gewirr wünschen. Das Mitfiebern wird von Alfonso Cuarón durch eine gute Prise beigemischten britischen Humors aufgelockert. Ein Element, das vielen Genre-Filmen leider zu oft fehlt.

Nach knapp gut anderthalb spannenden Filmstunden folgt die Erlösung. Ziemlich pathetisch, aber an der Stelle können wir uns genugtuend von der Schwindel erregenden Achterbahnfahrt erholen und das Ende bedacht ausklingen lassen. Definitiv kein Feel-Good-Movie, aber ein grandioser Bilderrausch mit Substanz.
 

Children of Men (2006)

Keine Kinder. Keine Zukunft. Keine Hoffnung. Die Welt im Ausnahmezustand der Anarchie. Eine ziemlich düstere Zukunftsphantasie ist das, die Alfonso Cuarón mit seinem neuen Science-Fiction-Thriller Children of Men entworfen hat.

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Meinungen

Martin Zopick · 02.03.2020

Was für einen großartigen Film hat Alfonso Cuarón hier abgeliefert. Ein absolut überzeugendes Ensemble agiert in einem überaus eindrucksvollen Plot, der voller Action ist und der auch noch politische Brisanz besitzt. Wir sehen eine düstere Zukunftsvision von einem autoritären Staat (England), der sich vom Rest der Welt abschottet (sic!) und dem Untergang geweiht ist, weil wegen der Unfruchtbarkeit der Frauen keine Babys geboren werden können. Die Handlung wird optisch perfekt dargeboten, begleitet an gut ausgesuchten Stellen von einem Super Score aus den 70er und 80er Jahren.
Es herrscht Chaos, die zerlumpten Menschen leben in Schmutz und Zerstörung. Soldaten kämpfen gegen Widerstandsgruppen. Eine davon sind die Fishes, die vorübergehend unter ihrer Anführerin Julian (Moore) im Einsatz sind. Theo (Clive Owen) ihr Ex, soll Kee (Claire-Hope Ashitey), eine schwangere Farbige zur Küste bringen, wo das getarnte Hospital Schiff ‘Human Project‘ auf sie wartet.
Auf der Suche nach einem sicheren Ort geraten Theo und Kee von einer brenzligen Situation in die nächste. Man kann sich auf niemanden verlassen. Syd, z.B. (Peter Mullen), ist ein windiger Bursche, der erst hilft, dann doch erschlagen werden muss. Einzige sichere Anlaufstelle ist die Hütte von Jasper (Michael Caine), einem Alt-Hippie und Eremit. In diesem Film beißen die Promis zuerst ins Gras. Julian Moore hat es schon vor ihm erwischt.
Die Flüchtlinge überstehen Häuser- und Straßenkämpfe nur ganz knapp. Am Ende wird ihnen von den Anwohnern sogar eine Art Huldigung gewährt, als sich die Nachricht von dem Baby, das Kee in einer Absteige geboren hat, herumgesprochen hat. Beinahe ein Messias-Effekt! Keineswegs zimperlich geht die Staatsgewalt vor. Ebenso wie die War Lords. Kee wird das Hospital Schiff erreichen, Theo nicht. Ganz großes Kino!

Zen · 03.07.2008

Das Chaos wird durch das unglaublichen Tempo, in welchem die Bilder auf einen prasseln, nochmal deutlich verstärkt.
Leider werden die inhaltlich tiefer gehenden Fragen nicht einmal gestellt.

· 20.05.2007

War ein bißchen shockiert danach ... alles in allem doch ein sehr heftiger Film, definitiv kein Film für ein erstes Date :)

· 30.11.2006

völliger blödsinn, eine wahre bilderflut, aber wenig inhalt

Fluch der Karibik 2 · 09.11.2006

fand ich übelst gut