Bullhead

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Wie ein wilder Stier

Achtung: Dieser Film verdirbt einem ordentlich den Appetit auf Fleisch. Rinderzüchter Jacky pumpt seine Tiere mit illegalen Wachstumshormonen auf und profitiert von einem lukrativen Fleischgeschäft. Basierend auf einer realen Begebenheit hat der Regisseur Michaël R. Roskam einen verstörenden Film über Fleischhandel, die Tierhormonmafia und vor allem über das Schicksal eines Menschen gedreht, dessen Leben durch ein grausames Ereignis in der Kindheit für immer zerstört ist.
Der Debütfilm des belgischen Regisseurs dreht sich um Jacky Vanmarsenille (Matthias Schoenaerts), ein bulliger Typ um die 30, der gern „Stierkopf“ genannt wird. Zeit seines Lebens hat er mit Rinderzucht zu tun. Schon sein Vater spritzte den Kühen Hormone, damit sie mehr Fleisch ansetzen. Jacky ist introvertiert und menschenscheu, zugleich aber auch sehr aggressiv, was daran liegt, dass er sich selbst mit Testosteron aufpumpt.

Eines Tages macht der Tierarzt und Hormonhändler Sam Raymond (Frank Lammers) Jacky mit dem Rindfleischhändler Marc De Kuyper (Sam Louwyck) bekannt, der einen neuen Lieferanten sucht. Jacky will in den Deal einsteigen. Aber als kurz darauf der Polizist Gilbert Daem ermordert wird, gerät er ins Visier der Ermittler. Daems Mörder werden in der Hormonmafia vermutet. Jacky selbst hat nichts mit dem Mord zu tun. Das weiß auch Diederik Maes (Jeroen Perceval), der als Spion im Umfeld von Marc De Kuyper ermittelt und zufällig ein Kindheitsfreund von Jacky ist. Die Begegnung zwischen Jacky und Diederik ist nicht folgenlos. Beide teilen ein verstörendes Ereignis aus der Kindheit. Das zufällige Wiedersehen der Beiden löst in Jacky einen eiskalten, knallharten Rachefeldzug gegen seinen einstigen Peiniger aus.

Soviel zum Inhalt dieses Films. Viel mehr darf an dieser Stelle nicht verraten werden. Der Film beginnt zunächst als eine Art Mafiafilm, in dem es um die Machenschaften der Tierzüchter, Fleisch- und Hormonhändler geht. Doch das bildet nur das Gerüst des Films, denn eigentlich geht es um das Schicksal von Jacky. In Rückblenden erfahren wir, dass Jacky einmal ein unschuldiges, fröhliches Kind war. Doch als er eines Tages zum Opfer eines Überfalls wird, ist er für immer traumatisiert. Wir verstehen, warum Jacky zu dem Menschen geworden ist, der er heute ist. Bislang hat er keine Rache an seinem Peiniger genommen, sondern seinen emotionalen und physischen Schmerz mit Hormonen weggespritzt. „Ich habe mich immer wie die Tiere gefühlt“, sagt Jacky an einer Stelle zu Diederik. Es gibt kein Ich, keine menschliche Seele mehr in Jacky. Von Filmminute zu Filmminute wird er animalischer und aggressiver — wie ein wilder Stier. Sein Körper wird immer muskulöser, aufgespritzter, unnatürlicher – bis er schließlich sich selbst auf seine Art und Weise von dem Trauma erlöst.

Regisseur Roskam hat nicht nur eine düstere Menschenstudie gedreht, sondern auch ein trübes Bild von Belgien gezeichnet. Völlig aufgewühlt verlässt man das Kino. Dazu trägt vor allem auch die düstere Bildsprache bei. Ein dunkler, wolkenverhangener Himmel lässt nichts Gutes ahnen — Wärme und eine lebensbejahende Haltung sucht man in diesem Film vergebens. Selbst die Frauen, die in diesem Männerfilm mitspielen, — und das sind nur einige wenige – sind hartherzig und schroff. Hauptdarsteller Matthias Schoenharts trainierte zwei Jahre und nahm 27 Kilogramm zu, um sich auf die Rolle von Jacky vorzubereiten, die er nicht nur äußerlich, sondern auch mit seinem eindringlichen Schauspiel brillant zu verkörpern weiß.

Es ist allerhand, was Roskam da in seinen ersten abendfüllenden Spielfilm packt, ohne dass er in dem Gemenge den roten Faden verliert. Auch wenn der Film anfangs etwas undurchsichtig wirkt, fügen sich die Teile im Verlauf des Thrillers wie ein großes Puzzle zusammen. Wer starke Männergeschichten und Gangsterfilme mag, ist in Bullhead richtig aufgehoben. Anderen könnte der superstarke Tobak ordentlich auf den Magen schlagen.

Bullhead

Achtung: Dieser Film verdirbt einem ordentlich den Appetit auf Fleisch. Rinderzüchter Jacky pumpt seine Tiere mit illegalen Wachstumshormonen auf und profitiert von einem lukrativen Fleischgeschäft. Basierend auf einer realen Begebenheit hat der Regisseur Michaël R. Roskam einen verstörenden Film über Fleischhandel, die Tierhormonmafia und vor allem über das Schicksal eines Menschen gedreht, dessen Leben durch ein grausames Ereignis in der Kindheit für immer zerstört ist.
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