Black Snake Moan

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein (S)Exploitation-Erbauungsdrama

Lazarus (Samuel L. Jackson) ist fertig mit der Welt – die glücklichen Tage, an denen er in Juke’s Joint mit seinen erdigen Bluesnummern den Saal zum Kochen brachte, sind endgültig vorbei. Und das hat seinen Grund im Privaten, denn seine Ehe ist gescheitert, seine Frau hat ihn mit seinem Bruder betrogen und sich anschließend aus dem Staub gemacht. So bleiben dem Mann nur noch die Bibel und die vage Hoffnung, dass sich vielleicht doch noch etwas ändern könnte in seinem Leben. Tatsächlich wird seine stumme Klage bald erhört werden – allerdings etwas anders als erwartet.
Eines Tages findet Lazarus die übel zugerichtete Rae (Christina Ricci) in der Nähe seines Hauses und nimmt die Geschundene bei sich auf. Rae ist eine junge Frau aus dem Ort mit denkbar schlechtem Ruf, sie gilt als Flittchen, das jedem Mann hinterher steigt, eine krankhafte Nymphomanin, purer „white trash“. Lazarus aber nimmt sich der Frau an, versorgt ihre Wunden und kettet sie anschließend an die Heizung – zu ihrem eigenen Schutz, denn Rae ist schwer traumatisiert. Von ihrem eigenen Vater missbraucht, von der Mutter im Stich gelassen, hat sie gelernt, dass sie mit ihrem Körper alles bekommen kann, was sie zum Leben und Überleben braucht – ein Teufelskreis, aus dem sie selbst die Beziehung zu Ronnie (Justin Timberlake) nicht erretten konnte, der eines Tages als Soldat in den Irak zog. Für die junge Frau war das ein Schlag ins Gesicht, den sie nur mit Drogen, Alkohol und Sex zu betäuben wusste. Als Lazarus ihre Geschichte erfährt, beschließt er, die junge Frau auf den rechten Weg zu bringen und durch sie auch sich selbst zu erlösen von den Gespenstern der Vergangenheit…

Craig Brewer (The Poor & the Hungry, Hustle & Flow) geizt in seinem neuen Film nicht mit Klischees, die er genüsslich zelebriert und immer wieder gegeneinander laufen lässt. Bereits das Filmplakat, bewusst im Stile eines 40er oder 50er Jahre B-Movie gehalten, spielt mit den Erwartungen der Zuschauer und evoziert eine schwüle, mit Sex aufgeladene Atmosphäre, in der es natürlich nur so sein kann, dass die junge weiße Frau in Ketten sich in der Gewalt des älteren Afroamerikaners befindet – ein Bild wie aus den Schulungsunterlagen des Ku-Klux-Klan. Aber natürlich ist alles ganz anders. Denn hier finden sich zwei geschundene Seelen zusammen und unternehmen gemeinsam eine Reise auf die hellere Seite des Lebens. Sie sind Suchende und sie haben niemanden außer sich selbst, die Bibel und den Blues, der ihrer Verzweiflung eine Stimme und eine Melodie gibt.

Brewers Strategie, mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen, ist einerseits zwar schlau und unterläuft immer wieder Sehgewohnheiten, andererseits aber ist sein Gegenentwurf, seine Vision derart durchtränkt von katholisch anmutenden Schuld- und Sühnethematiken, dass man sich schnellstens das mordlüsterne und selbstironische Exploitation-Macho-Kino eines Quentin Tarantino herbeiwünscht. Abgesehen von zwei fantastischen Hauptdarstellern, einer schwül-sinnlichen Atmosphäre und einem guten Score (zumindest für Blues-Fans) fällt Black Snake Moan vor allem durch seine simple Botschaft auf, die Bibel und den Blues als Allheilmittel gegen alle Unwägbarkeiten des Lebens zu preisen. Das passt zwar gut in die feucht-heiße Atmosphäre der Südstaaten, ist aber kaum zur Nachahmung empfohlen. Emotionales Kino, das leider wegen der aufgesetzten Moral nicht gänzlich überzeugen kann.

Black Snake Moan

Lazarus (Samuel L. Jackson) ist fertig mit der Welt – die glücklichen Tage, an denen er in Juke’s Joint mit seinen erdigen Bluesnummern den Saal zum Kochen brachte, sind endgültig vorbei.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

· 06.07.2007

Ganz nette Unterhaltung, vor allem wenn man Blues mag.