Ballerina – Gib deinen Traum niemals auf (2016)

Eine Filmkritik von Olga Galicka

Vortanzen für verstaubte Ideen

Ein Animationsfilm, der im Paris des 19. Jahrhunderts angesiedelt ist und dessen Choreografien von zwei Startänzern der Pariser Opera entwickelt wurden – eine sichere Nummer, bei der nicht viel falsch laufen dürfte. Ein weihnachtliches Märchen als französisch-kanadische Koproduktion, das die Winterzeit mit ein bisschen elegantem französischen Winterzauber erfüllt. Dieses und noch vieles andere hätte man sich beim Betrachten der Pressefotos zu Ballerina denken können. Doch was sich für den einen oder anderen so vielversprechend anhören mochte, vermag auf ganzer Linie zu enttäuschen. Allein auf den ersten Blick weist der Film einige Probleme auf.

Félicie ist ein junges Waisenkind, das davon träumt, eine große Tänzerin in Paris zu werden. In ihrem Waisenhaus in der Bretagne ist jedoch bis auf ihren besten Freund Victor niemand von ihrem Talent überzeugt. Auch Victor träumt von etwas Größerem, einer Karriere als Erfinder. Beide beschließen, das Waisenhaus zu verlassen und mit Hilfe von Viktors Erfindungen nach Paris zu kommen. In der französischen Hauptstadt werden die beiden Jugendlichen voneinander vorerst getrennt und verfolgen dennoch ihre Ziele. Félicie schafft es zum Vorsprechen in die Ballettschule am Pariser Opernhaus und bekommt außerdem eine Mentorin, eine ehemalige bekannte Tänzerin, die aufgrund einer Verletzung ihren Lebensunterhalt mit Putzen verdienen muss. Victor hingegen schafft es in die Werkstatt von Gustave Eiffel, der an der Errichtung des Eiffelturms arbeitet. Beiden Jugendlichen werden viele Hindernisse auf dem Weg zum Erfolg gestellt, bis ihre Träume selbstverständlich in Erfüllung gehen.

Problematisch ist bereits zu Beginn des Films die Unterteilung in weibliche und männliche Errungenschaften. Victor ist der Tüftler und Denker, der Pläne macht und immer versucht, sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Deswegen ist Félicie auch während ihrer Zeit in Paris auf seine Dienste angewiesen, sobald es darum geht, etwas zu reparieren oder zu planen. Die wichtigste Eigenschaft Félicies hingegen ist eindeutig ihre körperliche Grazie. Man muss sich fragen, wie viele Animationsfilme wir noch brauchen, in denen die Klischees des Jungen als Denker und Erfinder den Klischees des auf ihr Äußeres und auf ihre körperliche Leistung reduzierten Mädchens einander gegenübergestellt werden. Die Ballettwelt ist mehrheitlich eine Frauenwelt. Es werden Intrigen gesponnen – zwischen den Schülerinnen und zwischen den Müttern. Die einzige Autoritätsperson ist selbstverständlich der Tanzlehrer, der zu allem Übermaß im Stil von Dancing with the Stars jeden Tag eine Schülerin aus der Klasse eliminiert.

Victors Erfinderwelt hingegen wird von der Person des Gustave Eiffel dominiert. Umgeben wird er in Paris mehrheitlich von Jungen und Männern. Das ist zwar sicherlich historisch akkurat, aber aus der modernen Perspektive problematisch. Denn die Frage bei Animationsfilmen sollte immer noch sein, was die Kinder beim Betrachten lernen. Leider in diesem Fall nichts, was sie auf eine Welt ohne Gendergrenzen und Paygap vorbereiten könnte. Vielmehr bedient der Film die klassische Boys be Boys und Girls be Girls Mentalität.

Einzig die von Aurélie Dupont und Jérémie Bélingard entworfenen Choreografien sind magisch. Zwar sind die Animationen im Detail nicht ganz so elaboriert wie die Szenerie bei den Konkurrenten Disney und Pixar, dennoch schafft es Ballerina mit beeindruckenden Tanzkompositionen zu begeistern. Leider wirkt die Musikwahl dazu recht befremdlich. Die sehr poplastigen Kompositionen von Klaus Badelt werden möglicherweise das jüngere Publikum ansprechen, sind jedoch nur schwer mit der Kulisse des Paris im 19. Jahrhundert vereinbar.

Mutig verkündet Ballerina wiederholt das Credo, dass man nur an sich glauben muss und alle Träume werden mit viel Fleiß in Erfüllung gehen. Das wirkt unschuldig und erinnert an vergangene Zeiten des klassischen Animationsfilms. Leider durchschaut man recht schnell, dass der Konstruktion dieser Grundidee kaum tiefere Bedeutung beigemessen wurde. So gestaltet sich auch auf die Dauer von neunzig Minuten Laufzeit die Toleranz diesem abgedroschenen Lebensmotto gegenüber als recht schwierig. Auch sonst vermag Ballerina einen nicht mit seinem Plot zu fesseln. Als Erwachsener verliert man zur Hälfte der Sichtung hin eventuell die Geduld. In Zeiten des modernen Kapitalismus, in denen man immer die Wahl hat, sind Eltern und Kinder sicherlich mit aktuellen Animationshits wie Findet Dorie oder Vaiana wesentlich besser bedient.
 

Ballerina – Gib deinen Traum niemals auf (2016)

Ein Animationsfilm, der im Paris des 19. Jahrhunderts angesiedelt ist und dessen Choreografien von zwei Startänzern der Pariser Opera entwickelt wurden – eine sichere Nummer, bei der nicht viel falsch laufen dürfte. Ein weihnachtliches Märchen als französisch-kanadische Koproduktion, das die Winterzeit mit ein bisschen elegantem französischen Winterzauber erfüllt.

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