Appropriate Behavior

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Liebesleiden in Brooklyn

Man könnte Appropriate Behavior von Writer-Director Desiree Akhavan als filmische Variante der postfeministischen HBO-Serie Girls bezeichnen – womit man bei einigen Cinephilen vermutlich Neugier, bei anderen eher Abwehr erregen dürfte. Nicht jedem gefällt der Einfluss der betont neurotischen Girls-Macherin und -Hauptakteurin Lena Dunham auf das gegenwärtige US-Indiekino. Doch auch allen Skeptikern sei Akhavans tragikomisches Character Piece empfohlen. Denn all die Dinge, die in vielen Dramödien angestrebt, aber oft nicht erreicht werden – etwa die richtige Balance zwischen Alberei und Ernsthaftigkeit oder die Zeichnung interessant-eigentümlicher Figuren –, glücken hier mit Leichtigkeit.
Die Iranerin Shirin (verkörpert von Akhavan) lebt in Brooklyn. Ihr Twentysomething-Dasein gerät in eine Krise, als Shirins Liebesbeziehung mit der erfolgreichen Maxine (Rebecca Henderson) zerbricht. Die Tatsache, dass Shirin sich vor ihren traditionsbewussten Eltern (Anh Duong und Hooman Majd) nicht zu ihrer Bisexualität und somit zu Maxine als Freundin bekennen wollte, hat immer wieder zu Konflikten geführt. Nun kennt die junge Frau nur ein Ziel: „I need my girlfriend back!“ Neben ihren emotionalen Sorgen wird Shirin von ihrer beruflichen Orientierungslosigkeit geplagt: Sie hat einen Master in Journalismus, aber keinen Job. Als ihr der nette Ken (Scott Adsit) eine Stelle als Lehrerin für einen Filmkurs anbietet, ist Shirin zunächst hoch motiviert – bis sie erkennen muss, dass es sich bei ihren Schülern um kleine Kinder mit wenig Disziplin handelt…

Zwar ist die Protagonistin von Appropriate Behavior eine gnadenlose Zynikerin, die trocken ihre gefühlsmäßige Leere konstatiert („I’m dead inside!“) – doch der Erzählton des Films ist insgesamt alles andere als zynisch. In Rückblenden werden die Phasen der Beziehung von Shirin und Maxine gezeigt – was mal romantisch, mal erotisch, mal witzig und mal ziemlich bitter ist. Zwischen den beiden Darstellerinnen stimmt die Chemie; Akhavan und Henderson können in ihren gemeinsamen Szenen beglaubigen, dass die Liebe dieses Gegensatzpaares äußerst intensiv und daher durchaus „rettenswert“ ist.

Akhavans Werk gehört zu jenen Filmen, die in erster Linie von fein beobachteten Momenten leben. So gibt es neben den gelungenen Szenen zwischen Shirin und Maxine etwa eine Passage, in welcher sich Shirin mit dem Pärchen Ted und Marie (Christopher Baker und Robyn Rikoon) auf die Liebe zu dritt einzulassen versucht. Der Reiz und die Gefahren dieser Konstellation werden eindringlich vermittelt; der Abschnitt würde auch als Short Movie perfekt funktionieren. Andere Stellen zeichnen sich wiederum vor allem durch Situationskomik aus – etwa Shirins Zusammenkünfte mit ihrer besten Freundin Crystal (toll: Halley Feiffer) oder der Umzug in eine neue Wohnung, in der sich sämtliche Mitbewohner leider alsbald als Freaks erweisen. Alles in allem bietet Appropriate Behavior wunderbare Unterhaltung, ist glaubhaft und extrem sympathisch.

Appropriate Behavior

Man könnte „Appropriate Behavior“ von Writer-Director Desiree Akhavan als filmische Variante der postfeministischen HBO-Serie „Girls“ bezeichnen – womit man bei einigen Cinephilen vermutlich Neugier, bei anderen eher Abwehr erregen dürfte. Nicht jedem gefällt der Einfluss der betont neurotischen „Girls“-Macherin und -Hauptakteurin Lena Dunham auf das gegenwärtige US-Indiekino.
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