American Hardcore

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Schneller, lauter, härter

Als der Punk, aus England kommend, sich Ende der Siebzigerjahre zunehmend kommerzialisierte und immer mehr als „Great Rock’n’Roll Swindle“ erwies, schlug die Stunde der Amerikaner. Ausgerechnet dort, wo zwar auch Wurzeln des Punk lagen, wo man aber die Entwicklung in Großbritannien weitgehend verschlafen hatte, entstand in den frühen Achtzigern jene Bewegung, die für sich in Anspruch nahm, das Erbe der frühen Punks anzutreten und die Musik der Jugendrevolte konsequent weiterzuführen – Hardcore Punk war geboren!
Wie sich die Protagonisten von einst in Paul Rachmans Film American Hardcore erinnern, ist die Gründung und Verbreitung der Szene vor allem einem Ereignis zu „verdanken“ – der Amtseinführung des 40. Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika am 20. Januar 1981. Ronald Reagan erwies sich als so strammer Patriot und Hardliner und provozierte den Widerspruch liberaler und linker Amerikaner, ein Protest, der im Fall der Hardcore-Punks besonders brachial ausfiel. In rascher Folge entstanden in Los Angeles, San Francisco, Boston und Washington D.C. Bands wie Minor Threat, Black Flag, 7 Seconds, Government Issue, SSD und die Bad Brains, gegen die englische Punkbands wie Chorknaben wirkten. Der Regisseur Paul Rachman war selbst lange Jahre Mitglied der Hardcore-Szene und kennt als alt gedienter Heroe die Protagonisten von damals. Und so trifft er ganz locker und entspannt zumeist nette ältere Herren, manch einer von ihnen wie Keith Morris mit Dreadlocks, andere wiederum sehen so unauffällig aus, dass man sich nach ihnen nicht auf der Straße umdrehen würde.

Der Film folgt einem relativ simplen Strickmuster und mischt, jeweils abwechselnd Interviewpassagen und Konzertmitschnitte aneinander, ein Rhythmus, der dem Thema und der Chronologie wohl angemessen sein mag, der aber binnen kurzer Zeit schlichtweg langweilt. Die Dynamik und das Tempo, die pure Energie der Szene bleibt dabei etwas auf der Strecke, blitzt allenfalls nur dann und wann in den Konzertmitschnitten auf und wird stets aufs Neue wieder eingebremst. Nur selten gelingen flüssige Übergänge zwischen den einzelnen Passagen, was den Film ein wenig stockend geraten lässt. Auch das jähe Ende der Bewegung Mitte der Achtziger wird – anders als die Initialzündung mit dem Amtsantritt Reagans – lakonisch und ohne jegliche Erklärungsmuster abgehakt, von den Auswirkungen auf die nachfolgenden Generationen von Musikern des Grunge oder Crossover ganz zu schweigen. Und nicht zuletzt vermisst man die wohl bekannteste Hardcore Band jener Zeit, die Dead Kennedys; es scheint so, als habe deren Kopf Jello Biafra wenig Lust gehabt, über die alten Zeiten zu plaudern, sei’s drum.

Nichtsdestotrotz ist American Hardcore für Fans des Punk ein wichtiger Film, ein nostalgischer Blick ins Fotoalbum, ein amüsierter Seufzer, bei dem erschreckend häufig ein Satz mitklingt: „Weißt du noch, damals…?“

American Hardcore

Als der Punk, aus England kommend, sich Ende der Siebzigerjahre zunehmend kommerzialisierte und immer mehr als „Great Rock’n’Roll Swindle“ erwies, schlug die Stunde der Amerikaner.

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