4 Tage im Mai

Eine Filmkritik von Katrin Knauth

Ende mit Schrecken

Mai 1945: Eigentlich ist der Krieg vorbei, oder besser gesagt, fast vorbei. Die Soldaten sind des Kämpfens müde und warten sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie nach Hause zu ihren Familien zurückkehren dürfen. In diese Endzeitstimmung platziert Regisseur Achim von Borries eine auf einer wahren Begebenheit basierende, fesselnde Geschichte über die Begegnung zweier verfeindeter Lager: den deutschen und russischen Soldaten. Er zeichnet einen Mikrokosmos des Krieges und liefert gleichzeitig den Beweis dafür, dass die Grenzen zwischen Freund und Feind manchmal sehr eng verlaufen.
Schauplatz der Geschichte ist ein einsames Waisenhaus an der deutschen Ostseeküste, das von einem russischen Spähtrupp besetzt wird. Der Hauptmann (Aleksei Guskov) und seine sieben, acht Soldaten haben den Befehl, nach deutschen Soldaten auszuschauen und diese festzunehmen. Derweil richten sie sich ohne Gewalt häuslich bei der deutschen Baronin (Gertrud Roll) und ihren Kindern ein. In dem Haus lebt auch der 13-jährige Peter (Pavel Wenzel), der seine Eltern im Krieg verloren hat. Er möchte gern Soldat sein und sein Land (Deutschland) gegen den Feind (Russland) verteidigen. Wie gerufen kommen ihm die hundert deutschen Soldaten, die plötzlich an der nahe gelegenen Küste auftauchen. Laut Befehl müssten die Russen die Deutschen gefangen nehmen – ein aussichtsloses Unterfangen für die sich in der Minderheit befindenden Russen. Zumal alle – die Deutschen wie die Russen – genug vom Kämpfen haben.

Der russische Hauptmann, der von seinen Soldaten liebevoll „Drachen“ genannt hat, hält seine Männer also vom Kampf zurück und fordert bei seinen Landsleuten Verstärkung an. Bis diese eintrifft, freundet sich der Hauptmann, der im Krieg, Frau und Sohn verloren hat, mit dem kleinen Peter an. Für den Vater ohne Sohn und den Sohn ohne Vater spielt es bald keine Rolle mehr, dass der eine aus Russland und der andere aus Deutschland kommt. Der Hauptmann nimmt immer mehr die Rolle des Vaters ein und umgekehrt verkörpert Peter den trotzigen Sohn, der unfreiwillig nach starker väterlicher Unterstützung sucht.

Eine zweite Begegnung dieser Art spielt sich in dem Waisenhaus zwischen dem deutschen Mädchen Anna (Angelina Häntsch) und einem russischen Soldaten, dem Klavierspielenden Funker (Grigoriy Dobrygin) ab. Sie sprechen nicht die gleiche Sprache, aber wissen, dass sie zusammen gehören. Es entwickelt sich ein sanfte, heimliche Liebe, die der Hauptmann verbietet. Trotz aller Gegensätze, Vorurteile und Aggressionen zwischen den Deutschen und den Russen rückt die Gemeinschaft im Kinderhaus immer weiter zusammen. Alltag hält Einzug. Nach vier Tagen im Haus ist es endlich soweit: Der lang ersehnte Tag ist da. Der Krieg ist zu Ende. Die Soldaten dürfen nach Hause gehen. Doch als die vom russischen Hauptmann angeforderte Verstärkung eintrifft, kommt alles anders. Der Film nimmt eine dramatische Wendung. Plötzlich wird der Freund zum Feind, der vermeintliche Feind zum Helfer.

Nicht schon wieder ein Kriegsfilm, könnte man denken. Das Kino kennt schon so viele davon. 4 Tage im Mai mag zwar ganz subtil von den Grausamkeiten des Krieges erzählen, jedoch ist der Film vielmehr ein Werk darüber, wie sich Menschen in Ausnahmesituationen verhalten und was passiert, wenn die Willkür eines Einzelnen das Schicksal der anderen bestimmt. Der Krieg in diesem Film ist eher nur Kulisse bzw. Mittel zum Zweck. Achim von Borries (England!, Was nützt die Liebe in Gedanken) erzählt in seinem dritten Kinofilm ohne dick aufgetragene Gefühle von Freund- und Feindschaft, von Abneigung und Liebe, von Hoffnung und Respekt, von Desillusionierung und Vergebung. Mit der Figur des russischen Hauptmanns zeigt der Film, dass es auch in Zeiten des Krieges Menschlichkeit geben kann. Ein feiner, gutmütiger Mensch ist er, dieser Hauptmann, der so wunderbar von Aleksei Guskov (Das Konzert) verkörpert wird, der auch die Idee für den Film hatte.

4 Tage im Mai ist – wie fast jeder gute Kriegsfilm – ein Kriegsfilm ohne Krieg und das macht den Film so angenehm, so sehenswert. Er zeigt, wie absurd dieser Krieg überhaupt gewesen ist und dass Werte wie Mitgefühl, Vertrauen und Menschlichkeit meist ein viel größere Wucht haben als der brutale Kampf an der Front.

4 Tage im Mai

Mai 1945: Eigentlich ist der Krieg vorbei, oder besser gesagt, fast vorbei. Die Soldaten sind des Kämpfens müde und warten sehnsüchtig auf den Tag, an dem sie nach Hause zu ihren Familien zurückkehren dürfen. In diese Endzeitstimmung platziert Regisseur Achim von Borries eine auf einer wahren Begebenheit basierende, fesselnde Geschichte über die Begegnung zweier verfeindeter Lager: den deutschen und russischen Soldaten.
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Meinungen

Theresa E. · 24.09.2011

kommt der Film noch öfter oder nur morgen?