12 Monate Deutschland

Eine Filmkritik von Silvy Pommerenke

12 Monate, 4 Austauschschüler, 1 Gastland.

Eva Wolf hat die Irrnisse und Wirrnisse von vier Austauschschülern in Deutschland über zwölf Monate lang verfolgt und zeigt ebenso die schönen als auch die weniger schönen Seiten dieses Abenteuers. Dabei wird deutlich, dass die Herkunftsländer der Gäste ebenso unterschiedlich sind, wie das Gastland Deutschland: Vielfalt und Individualität treffen auf und traditionelle Werte und kulturelle Grenzen, was bisweilen unfreiwillig komisch ist.
Die vier Teenies Constanza (Chile), Kwasi (Ghana), Eduardo (Venezuela) und Nairika (USA) begeben sich auf ein zwölfmonatiges Abenteuer. Sie haben sich mehr oder weniger freiwillig für Deutschland entschieden, haben ihre Gastfamilien noch nie zu Gesicht bekommen, beherrschen die Sprache rudimentär oder gar nicht und werden in eine fremde Kultur geworfen, der sie mit großen Fragezeichen gegenüber stehen. Aber genau so befremdet reagieren die Gastfamilien, deren Bandbreite zwischen Hippies, Arbeiterklasse, Rentnerdasein und intellektuellem Bildungsbürgertum schwankt, sowie die klassische Kleinfamilie als auch die alleinerziehende Mutter im Angebot hat. Der gute Wille ist auf allen Seiten vorhanden, scheitert aber oft an der Umsetzung, da die Sprachbarrieren und die individuellen Verschrobenheiten der Einzelnen dem Vorhaben oft im Wege stehen. Auch fragt man sich, wer eigentlich dafür zuständig ist, den Gastschülern die Familien und deren Wohnorte zuzuweisen, denn dass Kwasi, der aus einer Millionenstadt kommt, in der sogenannten dörflichen Idylle nicht glücklich werden kann, liegt auf der Hand. Ihm steht so gut wie kein Freizeitangebot zur Verfügung und soziale Kontakte können kaum geknüpft werden, da es die wenigen Teenies seines Alters vorziehen, alleine zu Hause PC-Games zu spielen. Sein Wechsel in eine andere Familie ist vorprogrammiert. Auch Eduardo wird die Familie wechseln. Allerdings liegt das hier an dem Überangebot und der zu großen intellektuellen Herausforderung, was konträr zu seinem Phlegmatismus steht. Auch Nairika hat sich ihren Gastaufenthalt anders vorgestellt, auch wenn sie mit Berlin-Neukölln das scheinbar große Los gezogen hat. Constanza wird letztendlich in Tränen ausbrechen, da ihr der eigenwillige soziale Umgang ihrer Gastgeber kaum etwas anderes übrig lässt. Wie gut, dass es Heike Szebrat gibt, die sich ehrenamtlich ein Bein für die Austauschschüler ausreißt und so immer in der Not zur Seite steht.

Eva Wolf hat mit 12 Monate Deutschland einen äußerst sehenswerten Dokumentarfilm gedreht, der mit viel Humor und vor allem ohne Wertung die unterschiedlichsten Erfahrungen zeigt, die diese vier Sechzehnjährigen in der Fremde machen. Dabei sind auch schillernde Porträts deutschen Alltagslebens entstanden, die oft sprachlos machen, manches Mal verblüffen und häufig zum Brüllen komisch sind. Ob das die Absicht der Regisseurin war, ist unklar. Vielleicht war sie selbst überrascht, was sich hinter deutschen Wohnzimmertüren so alles abspielt. Bei all diesem Konfliktpotenzial, das der Film aufdeckt, ist diese Doku auch eine schmunzelnde Liebeserklärung an die Vielfalt und Individualität von Menschen  — ganz egal, aus welchem Land oder Kontinent sie nun kommen. 12 Monate Deutschland ist nicht nur für angehende Austauschschüler, deren Eltern und zukünftige Gastfamilien ein Muss, sondern auch für jeden, der sich amüsiert dem Außenblick, der gleichzeitig ein Innenblick ist, auf Deutschland hingeben will.

12 Monate Deutschland

Eva Wolf hat die Irrnisse und Wirrnisse von vier Austauschschülern in Deutschland über zwölf Monate lang verfolgt und zeigt ebenso die schönen als auch die weniger schönen Seiten dieses Abenteuers. Dabei wird deutlich, dass die Herkunftsländer der Gäste ebenso unterschiedlich sind, wie das Gastland Deutschland: Vielfalt und Individualität treffen auf und traditionelle Werte und kulturelle Grenzen, was bisweilen unfreiwillig komisch ist.
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