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Nun, wer würde die Frage „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ nicht auch mit „ja“ beantworten? Zumindest hier holt Lola Randl das Publikum schon ganz gut ab, denn wer ist nicht vom Alltag manchmal so überrannt, dass kaum noch etwas geht?

Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer? (2017)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Leben im Musterhaus

Nun, wer würde die Frage „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ nicht auch mit „ja“ beantworten? Zumindest hier holt Lola Randl das Publikum schon ganz gut ab, denn wer ist nicht vom Alltag manchmal so überrannt, dass kaum noch etwas geht? Für Randls Hauptfigur Luisa (Lina Beckmann) ist das Leben auf jeden Fall zu viel geworden. Das mag aber vor allem daran liegen, dass sie, die erfolgreiche Paartherapeutin, im Alltag selbst nicht in ihrer Beziehung klarkommt und darüber auch nicht reden kann. Und so findet sich Luisa in der Hektik einer Affäre wieder, die sie auch noch irgendwie koordinieren muss. Und dafür hat sie wirklich den falschen Mann zum Seitensprung ausgewählt.

Leopold (Benno Führmann) ist nämlich der Chef ihres Mannes Richard (Charly Hübner) und da wird es logistisch schon arg kompliziert. Vor allem, weil sie Richard ja trotzdem liebt, doch die Luft ist eben raus. Richard ist der knuddelbärige, gern kochende Freund geworden, Richard ist hingegen der heißblütige Liebhaber mit Hang zu ausgefallenen Rollenspielen. Doch alles bricht zusammen, als ein geplanter Kurzurlaub mit Leopold zu kippen droht, weil Ehemann Richard sich den Rücken verknackst hat und nicht mehr wie geplant zum Klassentreffen fährt.

Und so knackt es auch bei Luisa. Im Kopf. Und Ann (Lina Beckmann) ist plötzlich da. Wer Ann ist? Ein Teil von Luisa, eine Abspaltung ihrer kindlich-naiven Persönlichkeitsanteile, die einfach nur frei sein wollen. Und so ist Ann einfach fröhlich, isst Unmengen an Süßkram, den Luisa sich immer verwehrt, springt auf Betten und macht einfach, was sie will. Aber so eine Doppelgängerin ist auch ganz praktisch. Für die Work-Life-Balance sozusagen. Und so bleibt Ann bei Richard und Luisa bekommt doch ihr Wochenende mit Liebhaber Leopold. Doch nach ihrer Rückkehr muss sie feststellen, dass Richard viel mehr Spaß mit Ann als mit Luisa in den letzten Jahren hatte. Außerdem Ann entwickelt mehr und mehr eigene Wünsche und Bedürfnisse und lässt sich bald nicht mehr einfach so kontrollieren.

Es ist schwer, eine wirklich gute Verwechslungskomödie zu machen, die nicht schnell ins Banale abdriftet. Zum großen Teil gelingt das Lola Randl hier fabelhaft. Die schnellen Wechsel und Verwicklungen von Luisa und Ann sind hervorragend inszeniert und leben vor allem von den cleveren und gut eingesetzten Dialogen, die zwischen allen Beteiligten stets so doppeldeutig sind, dass sie in jeder Auslegung funktionieren und doch für alle möglichen Konstellationen viel offen lassen. Wie zum Beispiel im Supermarkt, in dem die beiden Paare Leopold & Luisa und Ann & Richard einkaufen. Dort tauschen sich Luisa und Ann durch geschickte Choreographie und Dialoge am Ende des Einkaufs aus, ohne dass einer der Männer das auch nur gemerkt hätte.

Hinzu kommt die Ausstattung und generelle Inszenierung des Filmes, der die Außenwelt und Natur in nett berieselten Pastelltönen zeigt und den menschengemachten Rest in satten Farben. Wie das knallrote Musterhaus Jonathan I, in dem Richard und Luisa leben. Als Vorzeigepärchen für andere quasi. Doch genau das scheint auch Luisas Problem. Die Fassade immer wahren zu müssen, treibt sie hier auf die ultimative abgespaltene Spitze.

Vor der absurden Komödie, die Randl hier inszeniert, muss man den Hut ziehen, solche Filme sieht man fast nie im deutschen Kino und wenn doch, sind sie meist platt und dämlich. Doch nicht alles an Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer? ist superb gelungen. Trotz so mancher intelligenten Witze und Absurditäten hinterlässt das Werk einen bitteren Nachgeschmack: Luisa hat offensichtlich massive psychische Probleme und einen Nervenzusammenbruch, der sich daraus speist, dass sie so sehr Fassade sein muss, sei es als Musterhausbewohnerin oder Paartherapeutin, dass sie sich selbst in eine massive Lebenskrise befördert hat.

Nun ist es nicht so, dass man solche Krisen nicht auch komödiantisch behandeln könnte, aber dennoch ist der Slapstick hier so nivellierend, dass die dunklen Töne und Ambivalenzen, die ihre Lage eindeutig mit sich bringen, völlig in der Entscheidung untergehen, aus allem etwas Witziges zu machen. Humor ist eben auch eine sehr effektive Strategie, um Probleme nicht zu Verarbeitung zu bringen und sie abzuwiegeln. Und so bleibt einem auch irgendwann das Lachen im Hals stecken und man wünscht sich, der Figur würde auch eine gewisse Ernsthaftigkeit erlaubt werden.

Doch hier gerät der Film in Schieflage. Er ist so aufs Lustige aus, dass er sogar eine Szene einbaut, die, wenn man sich die Sachlage einmal genau betrachtet, eine Vergewaltigung zu einem Gag macht, der schnell wieder abgehakt wird – obwohl die Figur, wenn auch nur kurz, sogar ganz eindeutige Anzeichen eines Übergriffs zeigt. Aber die Show muss weitergehen und so erweist Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer? am Ende den Menschen einen Bärendienst, die in solchen Lebenslagen stecken und eh schon kämpfen müssen, sich selbst ernst zu nehmen bzw. von anderen ernst genommen zu werden.

Hätte man Luisa erlaubt, ihr Elend nicht nur über Humor, Verwechslung und dergleichen zu verhandeln, hätte dieser Film noch so viel dazu gewinnen können und viel mehr Tiefe und Ehrlichkeit, selbst im Slapstick, erfahren können. So bleibt er recht gute Unterhaltung, die ihr Potential am Ende für ein paar Schenkelklopfer verschenkt.

Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer? (2017)

Nun, wer würde die Frage „Fühlen Sie sich manchmal ausgebrannt und leer?“ nicht auch mit „ja“ beantworten? Zumindest hier holt Lola Randl das Publikum schon ganz gut ab, denn wer ist nicht vom Alltag manchmal so überrannt, dass kaum noch etwas geht? Für Randls Hauptfigur Luisa (Lina Beckmann) ist das Leben auf jeden Fall zu viel geworden. Das mag aber vor allem daran liegen, dass sie, die erfolgreiche Paartherapeutin, im Alltag selbst nicht in ihrer Beziehung klarkommt und darüber auch nicht reden kann.

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