Fucking Different XXY

Eine Filmkritik von Falk Straub

Einer Feier der Vielfalt

„I am what I am. I’m my own special creation“, sang Gloria Gaynor 1983. Dass das Spezielle, das Abweichen der von der Masse geschaffenen Norm, gerade bei der natürlichsten Sache der Welt, auch drei Jahrzehnte danach vielen immer noch schwerfällt, unterstreicht die Notwendigkeit der Kompilationsfilmreihe Fucking Different. Die sechste Ausgabe Fucking Diffrent XXY geht neue Wege, widmet sich dem Thema Transgender — frei nach dem Motto: Brecht Stereotype, stiftet Verwirrung, feiert Vielfalt!
Erneut hat Produzent und Initiator Kristian Petersen internationale Regisseure eingeladen, ihre Kurzfilme beizusteuern. Neu ist: Warfen in den vorangegangenen Ausgaben Schwule einen Blick auf lesbische Themen und umgekehrt, behandeln dieses Mal transidentische Filmemacher und Filmemacherinnen Aspekte der Sexualität, die ihnen selbst fremd sind.

Aus sieben Kurzdokus stechen Kay Garnellens Transaction und J. Jackie Bauers Convincing Authenticity durch ihre experimentelle Form heraus. Während letzterer Jacques Lacans Beschäftigung mit dem Phallus als Ausgangspunkt nimmt und dieser anhand einer Mischung aus fiktiver Noir-Ironie, Interview und einem Auftritt der Band Princessin Hans auf den Grund geht, weiß Kay Garnellen auf Nachfrage selbst nicht so genau, worum es in Transaction geht. Am ehesten lässt sich der Film als bunte Collage sexueller Fantasien fassen; die Jump-Cuts perfekt auf die dominante Tonspur und die Musik abgestimmt.

Die klassische dokumentarische Kost variiert von Einblicken in die Leben tanssexueller Erotikdarstellerinnen und Sexarbeiterinnen (Julianna Lev, Jesse, Woman with a Past) über Erinnerungen an den legendären New Yorker Clit Club (Grit & Grind) bis hin zu einem Gespräch über die Wahrnehmung des Körpers und den Weg zum eigenen Selbstverständnis (Internal Body Shots). Mor Vitals Beitrag über einen Araber aus Jaffa, der von seiner Familie verstoßen seine Freiheit als Julianna fortan in Tel Aviv auslebt, berührt, erinnert jedoch sowohl inhaltlich als auch formal stark an Yariv Mozer The Invisible Men. Buck Angels Versuch, die Beziehungswünsche der titelgebenden Jesse zu beleuchten, befremden hingegen, da der Regisseur seine Protagonistin der Kamera gnadenlos ausliefert, sie nahezu vorführt.

Erfrischend ist hingegen Gwen Haworths Kurzporträt der ehemaligen Sexarbeiterin und Poetin Antonette Rea, die mit viel Witz und (Selbst-)Ironie in grobkörnigen Aufnahmen den Zuschauer in Woman With a Past durchs kanadische Vancouver führt. Nicht weniger energiegeladen ist Grit & Grind. Obwohl kaum Archivmaterial zu sehen ist, lediglich die ehemaligen Protagonistinnen zu Wort kommen, schafft es der Film, die Veranstaltungen des Clit Clubs als längst verschwundenen Zufluchts- und Sehnsuchtsort lesbischer Kultur des Big Apple auf der Leinwand wieder auferstehen zu lassen.

Für die von Kristian Petersen begründete Reihe ist in diesem Jahr wohl Schluss. Das zumindest legen Petersens Aussagen bei der Berlinale nahe. „Zehn Jahre sind genug“, sagte der Initiator, der mit den Arbeiten zum ersten Fucking Different 2004 begann. Nach Tel Aviv und Sao Paulo hätten jedoch bereits weitere Städte und Länder, darunter etwa Kuba und Kapstadt, Interesse angemeldet, das Format zu übernehmen. Und so sind vielleicht auch 2015 bei den Filmfestspielen in Berlin Kurzfilme zu sehen, die zeigen, dass sich Menschen und ihre sexuelle Orientierung nicht in eine Norm pressen lassen.

Fucking Different XXY

„I am what I am. I’m my own special creation“, sang Gloria Gaynor 1983. Dass das Spezielle, das Abweichen der von der Masse geschaffenen Norm, gerade bei der natürlichsten Sache der Welt, auch drei Jahrzehnte danach vielen immer noch schwerfällt, unterstreicht die Notwendigkeit der Kompilationsfilmreihe „Fucking Different“. Die sechste Ausgabe „Fucking Diffrent XXY“ geht neue Wege, widmet sich dem Thema Transgender — frei nach dem Motto: Brecht Stereotype, stiftet Verwirrung, feiert Vielfalt!
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