Frida

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Mittwoch, 6. Januar 2016, 3sat, 23:10 Uhr

So authentisch und dynamisch wie dieser Film startet, sich entwickelt und schließlich grandios finalisiert, rückt seine ursprüngliche Mission als Biographie der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo (1907-1954) auf angenehme Art in den Hintergrund, so dass zuvorderst seine starke, packende und bewegende Geschichte floriert, jenseits des freizügigen Verzichts auf eine historisch präzise Dokumentation. Diese außergewöhnliche, beachtliche Qualität von Julie Taymors Frida innerhalb der üppigen Biopic-Landschaft lässt ein ganz zauberhaftes, ungeheuer dichtes und bis ins Detail liebevoll gestaltetes Drama entstehen, in dem Hauptdarstellerin Salma Hayek mit ihrem explosiven Spiel mehr als nur ein Korsett konventioneller Schauspielkunst sprengt.
Sie ist ein ungezähmtes, freiheitlich denkendes und – zunächst bei Zeiten noch insgeheim – auch lebendes Engergiebündel, die junge Frida Kahlo (Salma Hayek), die Anfang des 20. Jahrhunderts mit ihrer illustren Familie in Mexiko-Stadt ihre wilde, von zahlreichen Inspirationen künstlerischer wie intellektueller Art geprägte Jugendzeit verbringt. Ihr malerisches Talent fällt früh auf, und ihr Vater Guillermo (Roger Rees), ein Fotograf, fördert ihre gestalterischen Begabungen, denn von seinen sechs Töchtern steht ihm diese offensichtlich am nächsten. Als Frida auf Grund eines Unfalls für lange Zeit qualvoll ans Bett gefesselt ist, potenziert sich ihre malerische Passion, zumal sich auch gleichzeitig ihre erste Liebe von ihr verabschiedet, um künftig im Ausland zu studieren. Bereits dauerhaft als Pflegefall eingestuft, gelingt es Frida allmählich doch wieder, auf die Beine zu kommen und ihre Malerei zu verfeinern, wobei besonders die zahlreichen Selbstporträts der jungen Frau über eine geradezu magische Ausdruckskraft verfügen.

Als Frida den bereits berühmten Maler Diego Rivera (Alfred Molina) anspricht und ihm einige ihrer Werke zeigt, entspinnt sich eine enge, extreme Verbindung zwischen den beiden Künstlerseelen, die sich auch nach ihrer Heirat anwachsend zu einer gewaltigen Amour fou auswächst. Es folgen aufregende, ereignisreiche Jahre, in denen Diego einige Liebschaften verfolgt und Frida den russischen Revolutionär Leo Trotzki (Geoffrey Rush) kennen und schätzen lernt, mit dem sie eine Affäre beginnt. Doch auch temporäre Trennungen von Frida und Diego beenden ihre Beziehung nicht endgültig, auch wenn sie derweil ganz eigene Wege gehen und Fridas Kunst vor allem in New York und Paris öffentliche Ausstellung und Anerkennung erfährt. Doch Fridas schwere körperliche Leiden und deren unablässige Nachwirkungen schwächen über die Jahre ihre Lebensenergie, wie bereits die Anfangssequenz von Frida andeutet, die am Ende aufgegriffen wird, und als ihre erste Einzelausstellung in Mexiko eröffnet wird, kann die charismatische Künstlerin gar nicht ihr Bett verlassen, was allerdings ihre prächtige Anwesenheit dort nicht verhindern kann …

Innerhalb der wunderschönen, farbenfrohen Ausstattung, der stimmungsvollen, mit einem Oscar prämierten Filmmusik von Elliot Goldenthal und des schwungvoll und authentisch aufspielenden Ensembles ereignet sich eine drastische, emotional aus dem Vollen schöpfende Version der Lebensgeschichte einer Künstlerin, die starke Akzente auf die kleinen großartigen Ausprägungen ihrer markanten Persönlichkeit, ihres erst posthum populären Werkes und ihrer bedeutsamen Beziehungen setzt. Die Liste der Nominierungen und Auszeichnungen für Frida aus dem Jahre 2002 ist lang, wobei ein nicht geringer Teil davon berechtigterweise an die Hauptdarstellerin adressiert ist. Wenn Selma Hayek im Film als Frida Kahlo, mit deren Figur sie im Schauspiel eine kuriose Symbiose erfährt, tapfer und für eine ganze illustre Party-Gesellschaft überraschend eine beachtliche Portion Schnaps in Konkurrenz zu zwei affektierten Herren vertilgt, um als Lohn dafür mit einer reizenden Dame einen ebensolchen Tanz aufzuführen, dann zeigt sich die Kraft eines verführerischen Feminismus, der selten derart prägnante Bilder findet. Ein Film wie ein Fest, mit gleichermaßen enthusiastischen bis zutiefst tragischen Elementen, von espritreicher Ambivalenz umlauert.

Frida

So authentisch und dynamisch wie dieser Film startet, sich entwickelt und schließlich grandios finalisiert, rückt seine ursprüngliche Mission als Biographie der mexikanischen Künstlerin Frida Kahlo (1907-1954) auf angenehme Art in den Hintergrund, so dass zuvorderst seine starke, packende und bewegende Geschichte floriert, jenseits des freizügigen Verzichts auf eine historisch präzise Dokumentation.
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