Expedition Happiness

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Nicht lehrreich, aber inspirierend

Die Suche nach dem Glück ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Heute aber nimmt Glück einen Stellenwert ein wie nie zuvor. Glück ist Gegenstand der Forschung, und es ist eine wahre Glücksindustrie entstanden, deren Produkte reißenden Absatz finden. Für Felix Starck und seine Freundin Selima Taibi sind vorgefertigte Lösungen jedoch nicht das Richtige. Die beiden reisen mit einem umgebauten Schulbus quer über den amerikanischen Kontinent und hoffen, auf diesem Weg dem Glück ein wenig näher zu kommen. Ob ihnen das gelungen ist, davon erzählt ihr selbstgedrehter Dokumentarfilm Expedition Happiness. Wie es dabei um das Glück des Zuschauers bestellt ist, schildert hingegen der folgende Text.
Mit seiner Fahrrad-Dokumentation Pedal The World ist er bekannt geworden, nun macht sich Felix Starck mit seiner Freundin, der Musikerin Selima Taibi, und dem Berner Sennenhund Rudi auf den Weg zu neuen Abenteuern. Sie lösen ihre Berliner Wohnung auf, erstehen in den USA günstig einen Schulbus, bauen ihn in drei Monaten zu einem recht komfortablen Wohnmobil um – und los geht die Glücksexpedition: Von North Carolina nach Kanada und Alaska, von da zurück durch die USA bis nach Mexiko und – wenn alles nach Plan gegangen wäre – noch weiter. Für den Zuschauer bedeutet dies: wunderschöne Aufnahmen von atemraubenden Landschaften, wilde und zahme Tiere, entspannte wie auch schwierige Momente (die Einreise in die USA war z.B. kniffelig und auch die Krankheit des tierischen Weggefährten gab dem Enthusiasmus der beiden Reisenden immer wieder einen Dämpfer). Starck und Taibi, die die Abneigung des „normalen Weges“ teilen und sich die maximale Flexibilität und Freiheit wünschen, genießen ihre Reise sichtlich. „Supermagischer Ort hier“, „krasser Moment“ und ähnliches hört man von Anfang an immer wieder „Wir sind ja auf der Suche nach dem Glück, und wenn man morgens aus der Bustür geht und dann so einen Fluss, so einen Wald und solche Berge vor sich hat, ist man schon ziemlich glücklich.“ Passend dazu ist die handgemachte Doku mit der elegischen, schwelgend döseligen Musik aus der Feder von Selima Taibi unterlegt. Klingt nett, aber ist das wirklich Glück?

Auf den ersten Blick beschränken sich die beiden darauf, die Natur über den grünen Klee zu loben und zu betonen, wie froh sie sind, nicht auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln. Doch bei näherem Hinsehen finden sich auch andere Ansichten und Stimmungen in dem Film. So unterschiedlich wie die durchquerte Landschaft oder die Gemütszustände sind, so sind es auch die Kommentare der beiden: sie reichen von Plattitüden („Es ist immer so schön Einheimische zu treffen, durch sie lernt man ein Land erst richtig kennen“) bis zu erhellenden Aussagen, zum Beispiel, ob Glück möglicherweise bedeutet, mit Unglück fertig werden zu können. Doch bereichernd ist der Film nicht, weil Starck und Taibi auf ihrer Reise eine sensationelle und vor allem verallgemeinerbare Entdeckung zum Thema Glück machen würden, sondern weil er auf andere Weise wirkt.

In Expedition Happiness sehen wir zwei Menschen, die einen Wunsch haben und dafür arbeiten, ihn zu verwirklichen. Sie sind ihres Glückes Schmied und im wahrsten Sinne bereit, den Hammer dafür in die Hand zu nehmen. Sie haben die Reise wie auch den Film darüber komplett selbst umgesetzt und sich auch von Fehlschlägen nicht entmutigen lassen. Und vielleicht liegt hier dann doch eine verallgemeinerbare Erkenntnis verborgen, nämlich das Glück (sowie auch Frieden und Freiheit) ein Zustand ist, den man (sich) erarbeiten muss. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es! Man kann sich nicht zum Ziel beamen lassen, man muss dafür – im übertragenen wie im ganz konkreten Sinne – einen Weg zurücklegen. Dazu muss man nicht unbedingt durch die Welt reisen oder Rekorde aufstellen, aber man muss etwas tun. Das tun Starck und Taibi ohne Wenn und Aber. Die beiden sind keine großen Philosophen und haben kaum Worte für das, was sie antreibt – trotzdem bietet ihr Film dem aufmerksamen Zuschauer einiges an. In Expedition Happiness geht es nicht um das Glück als solches (warum auch, schließlich weiß man mittlerweile recht gut, was Menschen glücklich macht). Er ist vielmehr ein kleines, feines, handgemachtes Dokument über zwei, die auszogen, um das ihre zu finden, und die bereit sind, dafür auch anzupacken. Ihnen dabei zuzusehen ist zwar nicht besonders lehrreich, aber trotzdem auf erfreuliche Weise inspirierend.

Expedition Happiness

Die Suche nach dem Glück ist wahrscheinlich so alt wie die Menschheit selbst. Heute aber nimmt Glück einen Stellenwert ein wie nie zuvor. Glück ist Gegenstand der Forschung, und es ist eine wahre Glücksindustrie entstanden, deren Produkte reißenden Absatz finden. Für Felix Starck und seine Freundin Selima Taibi sind vorgefertigte Lösungen jedoch nicht das Richtige.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen

Jannes · 03.05.2021

Habe mir was anderes vorgestellt. Ich denke das ich keine Doku mehr von Hr. S sehen werde.
Padel the World ging aber der 2 te ist nichts. Trotzdem alles gute weiterhin

An Joa-Lie · 19.04.2020

Hier wird das Medium Film für die Selbstinszenierung zweier InstaBubble-Wohlstand-Kids missbraucht. Eine Kommunikation mit dem Zuschauer findet nicht statt. Es gibt keine Informationen zu visuellen Inhalten - nicht mal ein wenig Querrecherche. Zwei Wohlstandkinder spielen "Aussteigerurlaub", das wars auch schon. Wir sehen emotionslose, unmotivierte Bilder, die manchmal recht hübsch sind (Lob an die Landschaft - nicht an die Bildschaffenden). Dazu etwas abgedroschenen Pathos auf "Liebes-Tagebuch"-Niveau aus dem Off. Kein einziger Moment wirkt authentisch oder frisch oder engagiert. Ich bin Kamerafrau, arbeite viel und gern mit jungen Menschen zusammen - und hatte irgendwie die Hoffnung auf eine Art '"Pedal the World 2.0"'. Traurig finde ich diese Entzauberung. Man spürt keine tiefe Liebe zur Magie des Geschichtenerzählens - oder zumindest ein ganz klein wenig Respekt vor den Zuschauern. Sie verwechseln Selbstdarstellung mit Unterhaltung, Instagram mit Film. Sie halten sich für Schlüsselfiguren. Diese Selbstüberschätzung zieht sich leider durch den ganzen Film, auf allen Ebenen.
Mei.... der Hund ist ganz nett ...

Benno Wegenreich · 22.02.2020

Keine Dokumentation über eine Reise sondern eine Selbsdarstellung von zwei Post-teenies

Jürgen · 27.06.2017

Mit einer Abenteuerreise von Alaska bis nach Argentinien zu werben, um dann in Mexiko abzubrechen, finde ich schon ziemlich daneben. Das hätte man anders beschreiben können, um keine falschen Hoffnungen zu wecken! Abgesehen davon sind ist uns von dem Film 2 Sachen in Erinnerung geblieben: ihr habt euch wochenlang geärgert, weil ihr zunächst kein Visum für die USA bekommen hat, und der Rudi (Hund) war gefühlte 100x beim Tierarzt, worüber fast genauso viel berichtet wurde, wie über die Natur. Aber kein Wunder, da der Film wegen dem fehlenden Südamerika-Teil gestreckt werden musste. Für uns umso enttäuschender, weil wir den Film hauptsächlich wegen Südamerika sehen wollten....